Story: Tae-suk (Jae Hee) fährt Werbeprospekte aus, um herauszufinden, welche Wohnungen leer stehen, weil deren
Bewohner gerade verreist sind oder aus anderen Gründen nicht zu Hause sind. Dann bricht er in jene Wohnungen ein und
verbringt dort ein paar Tage. Er versucht seine Taten dahingehend abzumildern, dass er in den Wohnungen allerlei Dinge
verrichtet. Er repariert kaputte Gegenstände, macht die Wäsche, räumt auf etc.
Eines Tages bricht er in ein Haus ein, in dem Sun-hwa (Lee Seung-yeon) mit ihrem Ehemann Min-gyu (Kwon Hyuk-ho), der sie
Tag für Tag misshandelt, lebt. Tae-suk bemerkt nicht, dass Sun-hwa zu Hause ist und geht seiner täglichen
Beschäftigung in der fremden Wohnung nach. Als er Sun-hwa sieht, verschwindet er, so schnell er kann. Er kehrt
aber kurz darauf wieder zurück, da er sie nicht mit ihrem Ehemann alleine lassen will. Nachdem er Min-gyu mit Hilfe eines
Golfschlägers gezeigt hat, wie es sich anfühlt, ein Opfer zu sein, geht er wieder. Jedoch nicht ohne Sun-hwa, die
ihre Chance sieht, diesem traurigen Leben zu entfliehen.
Zusammen mit Tae-suk bricht nun auch Sun-hwa in Wohnungen ein und verbringt so die folgenden Tage. Dabei wird das
unsichtbare Band, das die zwei miteinander verbindet, immer enger. Doch die Polizei reißt die beiden abrupt wieder
auseinander und Sun-hwa muss zu ihrem Ehemann zurückkehren...
Kritik: "3-Iron" ist der erste Film Kim Ki-duks, den ich gesehen habe, und selbst nach dem zweiten Mal
Anschauen hat er nichts von seiner Magie verloren. Dabei ist der Film wie für den Stil des Regisseurs typisch
minimalistisch, philosophisch und manchmal sogar meditativ. Im Gegensatz zu anderen Werken Kims bleibt der
Zuschauer aber immer mitten im Geschehen, ohne mit einem befremdlichen Gefühl wie durch eine unsichtbare surrealistische
Grenze von der Welt des Film getrennt zu werden. Das ist es auch, was Kims großer Fortschritt zu seinen früheren
Werken ist und "3-Iron" somit auch gleichzeitig so sehenswert für jedermann macht.
Der Film handelt von einem Mann, der sich in die Wohnungen anderer schleicht und dort immer nur eine kurze Zeit
verbringt. Es ist fast so, als wenn Tae-suk keine eigene Persönlichkeit hätte. Wie
ein Geist, der von den wenigsten wahrgenommen wird, versucht er durch andere zu leben. Dabei muss er sich in den
verschiedensten Wohnungen immer wieder mit einer Kamera fotografieren, um sich selbst zu beweisen, dass er existiert.
Zumindest so oder so ähnlich könnte man sein Verhalten interpretieren. Hier wird vieles der Interpretationsfähigkeit
des Zuschauers überlassen. Tae-suks Wunsch nach Transparenz, oder wenn man noch weiter geht nach dem Tod, ist jedoch
immer wieder klar ersichtlich. Tae-suk ist losgelöst von der uns bekannten Welt und so verwundert es auch nicht, dass
wir eigentlich nichts von ihm wissen. Das einzige, was wir erfahren, ist, dass er eine gute Ausbildung genossen hat,
handwerklich begabt ist, und was das Golf spielen anbelangt, ist er auch geübt.
Nicht mal Tae-suks Bekanntschaft mit Sun-hwa reißt ihn aus seinem täglichen Trott heraus. Uns wird mit der Zeit sogar
klar, dass Sun-hwa dieselbe Sehnsucht hat wie Tae-suk und so brechen die zwei nun zusammen in Wohnungen ein. Tae-suk
ist dabei kein schlechter Mensch, denn er versucht seine illegalen Handlungen dahingehend zu relativieren, dass er in
den Wohnungen allerlei Dinge repariert und in Ordnung bringt. Dabei ist er irgendwie ohnehin für den Zuschauer
losgelöst von dem Rechtssystem der realen Welt.
Interessant ist auch die Darstellung der Welt von Kim Ki-duk. Wenn man das Bild sieht, das der Regisseur zeichnet, kann man
fast schon verstehen, warum Tae-suk der Welt entfliehen will. Hier gibt es Ehemänner, die ihre Frauen schlagen und korrupte
Polizisten. Die einzigen wirklich "guten" Menschen scheinen unsere beiden Hauptprotagonisten zu sein, doch sind diese
fast schon nicht mehr dieser Welt zugehörig.
Es ist erstaunlich wie viele Emotionen Jae Hee und Lee Seung-yeon nur durch Blicke und Gesten rüberbringen können.
Denn wie für Kim fast schon typisch reden seine beiden "Helden" kein Wort - bis zur Schlussszene.
Dennoch schaffen die beiden es, dass man sich sofort mit ihnen identifizieren kann.
Die Liebesgeschichte zwischen den zwei ist äußerst unaufdringlich und glaubwürdig dargestellt. Obwohl es fast
unmöglich scheint, gelingt dem Film das Kunststück ausgearbeitete Charaktere zu bieten und das, wo wir doch eigentlich
gar nichts über sie wissen. Nur ihr Verhalten und ihre Blicke lassen uns Rückschlüsse darauf ziehen, wer diese zwei
Menschen sind.
Die Atmosphäre des Film ist ruhig und fast schon meditativ, dennoch stimmt das Tempo zu jeder Zeit. Wir sind gespannt,
wie sich die Liebesgeschichte zwischen Tae-suk und Sun-hwa entwickeln wird, denn wir wissen, dass ihr Leben so
eigentlich keine Zukunft haben kann. Doch "3-Iron" ist weitaus positiver, als man es erwarten könnte. Natürlich
gibt es kein typisches Happy End, dennoch schafft es Regisseur Kim, den ganzen Film über ein durchgehend warmes Geühl im
Zuschauer zu erzeugen.
Die Cinematografie ist simpel gehalten, kann aber gerade dadurch begeistern. Die Musik ist stimmig und gerade das
immer wieder eingesetzte "Gafsa" von Natacha Atlas entwickelt sich zu einem Ohrwurm, der perfekt die
melancholisch-verträumte Stimmung des Films einfängt.
Natürlich bedient sich auch diesmal Kim einiger Symbolik. Hier sei nur das Golfspiel oder das von Sun-hwa durcheinander
gepuzzlete Foto von sich erwähnt. Wer die Augen offen hält, wird hier viel Interpretierfähiges finden.
Man sollte sich dann aber auch nicht daran stören, dass der Schluss etwas offen ist. Dabei gleitet der Film gegen
Ende ein wenig ins Übernatürliche/Surreale ab, es bleibt aber dem Zuschauer überlassen, wie er die Vorgänge interpretiert.
Im Gegensatz zu manch anderem Werken Kims, ist dies hier aber kein bisschen frustrierend, sondern kommt dem
Zuschauer sehr entgegen.
"3-Iron" ist ein wunderschönes Drama, dessen Stärke die subtilen, aber starken Emotionen sind. Die Darsteller leisten
beeindruckende Arbeit und der Regisseur weiß, wie er seine außergewöhnliche Geschichte zu erzählen hat. So schafft
er es Surrealismus so zu verpacken, dass der Zuschauer gut damit zurecht kommen kann und gerne bereit ist zu
interpretieren. Trotz aller Losgelöstheit der beiden Charaktere von der Welt behält das Publikum zu ihnen ein
starkes Band.
Eines der besten subtilen, ruhigen Dramen aus Asien. "3-Iron" ist unwahrscheinlich bewegend, kraftvoll und
tiefsinnig. Kim Ki-duk ist hier ein kleines Meisterwerk geglückt.