Story: Der Anwalt Joo (Hwang Jeong-min) führt eine oberflächliche Ehe mit der ehemaligen Tänzerin Ho-jeong
(Moon Soo-ri). Die beiden haben einen adoptierten Sohn, ansonsten verbindet die beiden aber nicht viel miteinander.
Joo geht überdies mit Yeon (Baek Jeong-rim), einer Freundin, fremd, während sich Ho-jeong geschmeichelt fühlt, dass
sie von ihrem jungen Nachbarn Ji-woon (Bong Tae-gyu) beobachtet wird, dem sie sich dann ebenfalls annähert.
Die Verhältnisse in der Familie nähern sich immer mehr einer Krise an als Joos Vater droht an Leberversagen zu sterben
und der Anwalt bei einer Autofahrt mit seiner Freundin einen betrunkenen Motorradfahrer anfährt. Der Betrunkene
ist nicht versichert und seine Existenz ist ernsthaft bedroht, weshalb er sich an Joo auf eine Art rächt, welche die
ohnehin angeschlagene Familie komplett auseinanderfallen lässt...
Kritik: "A Good Lawyer's Wife" ist eine provokative und schockierende Charakterstudie der Mitglieder einer
kaputten Familie. Regisseur Im Sang-soo spart bei seinem Drama auch keineswegs an Sex und Gewalt, weshalb der Film
auch gleich den Missmut prüder koreanischer Kritiker auf sich zog. Das Interesse des Publikums war wohl aber auch durch
das relativ freizügige Poster angeheizt worden und dieses strömte dann ziemlich zahlreich in die Kinos. Dass
der Film recht erfolgreich lief, ist
vor allem deshalb so erstaunlich, als dass der Film eigentlich ein ernstes und subtiles Drama ist, welches mit
seinem feinen Sinn für schwarzen Humor nicht immer ganz leicht vom Zuschauer eingeschätzt werden kann. Der Film nimmt
sich durchaus ernst, dennoch gibt es eine Art von unangenehmer Unbeschwertheit im Film, die jedoch auch als solche
vom Regisseur intendiert war. Dementsprechend ist es aber auch recht schwierig den Film immer richtig einzuschätzen,
manchmal ist man sich nicht sicher, ob die einzelnen Teile auch wirklich zu einem kohärenten Ganzen passen, aber die
Faszination bleibt bei diesem außergewöhnlichen Werk bis zum Schluss vorhanden.
Der Originaltitel des Films beschreibt in etwa eine Familie, die wechselnde (sexuelle) Bekanntschaften hat. Das trifft
es dann auch viel eher als der englische Titel, denn Ho-jeong kann nur bedingt als eigentliche Protagonistin
überzeugen. Tatsächlich steht nämlich mehr oder weniger die ganze Familie im Fokus. Das gibt dem Film etwas mehr
Tiefe und lässt ihn nicht zu einem typischen Drama verkommen. Stattdessen gibt es hier aber durchaus Anleihen des
Art-House Kinos zu finden. Dankenswerterweise ist das Tempo des Films aber keineswegs unnötig gemächlich, sondern
es geschieht immer etwas, das uns tiefer in die Welt dieser einsamen Individuen abtauchen lässt. Ein durchaus ab und
an erkennbarer Fokus liegt aber dennoch auf Ho-jeong, eine Frau, die eigentlich in ihren besten Jahren ist, aber ihren
Teil eines durchschnittlichen Ehelebens spielt, bei dem unverkennbar etwas im Argen liegt.
Sex spielt in "A Good Lawyer's Wife" eine große Rolle, es wird darüber geredet und der Akt selbst wird manchmal oft auf
erstaunlich freizügige Weise gezeigt, womit Regisseur Im Sang-soo einer der Vorreiter seiner Generation ist, zumal er das
prüde Korea schon mit seinem Debutwerk "Girls' Night Out" schocken konnte. Sex scheint dabei für die Protagonisten ein
Mittel zu sein ihre Einsamkeit zu vertreiben, miteinander in Verbindung zu treten ohne dabei zu viel von sich Preis
zu geben. Eine Szene zwischen dem Anwalt und seiner Freundin, mit der er schon seit geraumer Weile fremd geht, stellt
dies besonders deutlich heraus. Wir erfahren, dass er mit dieser niemals über sich oder seine Probleme redet, genausowenig
wie mit seiner Frau. Joo ist ein verschlossener Mann, der gerne auch mal die Flucht im Alkohol sucht, genauso wie
sein Vater, der darunter leidet, dass er seine Geschwister während des Korea-Kriegs in Nordkorea zurückgelassen hat.
Im Sang-soo ist ein Mann, der in seinen Filmen gerne mal politisch wird und kein Blatt vor den Mund nimmt. Seine letzten
Werke "The President's Last Bang" und die Literaturadaption "The Old Garden" beweisen dies, hier hält er sich aber
eher zurück und bringt das Trauma, das der Koreakrieg bei den Hinterbliebenen hinterlassen hat auf sehr subtile Weise
mit ein. Überraschend ist aber der schwarze Humor, der eigentlich den ganzen Film durchzieht. Joos Vater liegt im
Sterben, doch die Familie vor allem Joos Mutter macht sich genauso wie der Vater selbst darüber lustig. Wirklich
traurig scheint man über den bevorstehenden Verlust auch nicht zu sein. Die Familie hat offensichtlich ein gestörtes
Verhältnis zueinander und das schon seit mehreren Generationen, was nahe legt, dass es in Korea in vielen Familien
so aussieht. Der schwarze Humor gibt "A Good Lawyer's Wife" jedenfalls eine besondere Note, besonders da man sich gegen
Ende, wenn der Film etwas düsterer und dramatischer wird mit starkem Schuldbewusstsein an sein Schmunzeln zurückerinnert.
An vielen Stellen ist Ims Werk nicht nur wegen der vielen nackten Haut überraschend, sondern auch wegen seiner
umfangreichen emotionalen Achterbahnfahrt, auf die er den Zuschauer mitnimmt. In Bezug auf den Sohn des Ehepaares
ergibt sich jedoch ein Twist, der irgendwie merkwürdig erscheint und beim Zuschauer ein ungutes Gefühl im Magen
hervorruft. Da hilft auch der schwarze Humor nicht mehr drüber hinweg. Damit bleibt der Film an manchen Stellen
etwas fragwürdig, zumal er uns, wenn man es genau nimmt, eine tatsächliche Aussage schuldig bleibt. Doch dieser
außergewöhnliche Blick, den uns Regisseur Im auf eine noch außergewöhnlichere (oder eben eigentlich ziemlich typische?!)
Familie Koreas gibt ist zu jedem Zeitpunkt lohnenswert. Besonders die Darsteller, allen voran Moon So-ri ("Oasis", "Sa-kwa")
geben eine beeindruckende Darstellung ab und Moon hat sich mit ihren vielen Nacktszenen glücklicherweise nicht in ein
Karrieretief manövriert, da sie einfach schauspielerische Expertise besitzt. Hwang Jeong-min ("Happiness", "You
are my Sunshine") leistet ebenfalls seinen Part, um Ims drittes Werk zu einem tiefgängigen und interessanten Film
zu machen, der aber nicht unbedingt jedermanns Geschmack treffen mag. Man sollte schon damit zurecht kommen können
am Schluss mit einem gewissen Schuldbewusstsein in den Abspann entlassen zu werden.