Story: Da-hae (Song Hye-kyo) verliert ihren Verlobten Sang-woo (Ki Tae-yeong). Er wurde von einem Teenager absichtlich überfahren.
Ihr katholischer Glauben lässt Da-hae dem Täter vergeben und sie unterzeichnet sogar eine Petition, mit der sie um verminderte Haftstrafe bittet.
Doch ihre Vergebung scheint hauptsächlich durch Druck von außen, vor allem ihrer Kirche, zu kommen und dem Umstand, dass sie glaubt, durch Vergebung
den Schmerz mindern zu können. Das Mädchen Ji-min (Nam Ji-hyeon) belehrt sie jedoch unweigerlich eines Besseren. Ji-min betrachtet Da-hae als ihre
große Schwester und kommt immer wieder zu ihr, wenn sie zuhause geschlagen wird. Ihre intelligenten Fragen lassen Da-hae an der Aufrichtigkeit
ihrer eigenen Vergebung zweifeln. Da-hae führt für ihre Kirche des Weiteren Interviews durch, in denen Verwandte von Opfern über ihre Vergebung berichten.
Auch durch diese zeigen sich plötzlich Lücken in Da-haes Abwehrmechanismen, mit denen sie versucht, dem Schmerz ihres Verlustes aus dem Weg zu gehen.
Kritik: Dieses durchwegs gut geschriebene Drama um Vergebung und Verlust kann mit seiner Ehrlichkeit und sehr guten Dialogen
punkten, verliert aber leider oft den Blick dafür, was am Ende der Geschichte stehen soll. Dementsprechend kann auch dieses nicht wirklich
überzeugen. Ein Film mit dieser Thematik darf aber, und darüber sind wir uns von Anfang an im Klaren, keine eindeutigen Antworten liefern.
Das wäre sogar vermessen, wenn man es genau nimmt. Tatsächlich kann dieses ruhige Drama zum Nachdenken anregen, allzu oft dreht man sich aber mit
der Geschichte im Kreis. "A Reason to Live" ist dennoch ein zu Unrecht verrissenes Drama. Das mag daran liegen, dass Regisseurin Lee Jeong-hyang
sich einen Vergleich mit ihrem vorigen Werk "The Way Home" gefallen lassen muss.
Nach neun Jahren Pause kann Lees neuestes Werk auch wirklich nicht auf dem gleichen Niveau spielen wie ihr Vorgängerwerk. Dabei geht die Regisseurin
aber zuweilen interessante Wege. Die Geschichte wird in regelmäßigen Zeitabständen durch Rückblenden erzählt, die sich in keinster Weise vorher ankündigen.
Darüber hinaus handelt es sich bei vielen der Szenen um Träume, Gedanken oder Vorstellungen von alternativen Realitäten. Es ist oft nicht leicht zu
erkennen, welchen Zweck die Regisseurin damit erfüllen will. Da immer wieder eine Traumwelt in den Film einbricht, weiß man häufig auch nicht, was man
von "A Reason to Live" halten soll, denn im Grunde genommen kann das Drama doch gerade mit seinen ansonsten ehrlichen Dialogen und glaubwürdigen
Charakteren überzeugen.
Song Hye-kyo, hauptsächlich bekannt durch Drama-Serien wie "Full House" oder den Historienstreifen "Hwang Jin-yi", spielt eine komplexe Person, die
sich augenscheinlich selbst belügt und versucht ein besserer Mensch zu sein, als sie sein kann. Religion spielt in ihrem Leben eine große Rolle, besonders
seit ihrem Verlust und so vertraut sie blind in einen verklärten Glauben der Vergebung, so wie Jesus seinen Peinigern vergeben konnte. Aber die
menschliche Psyche ist nicht dafür geschaffen, keinen Hass zu verspüren. Da-hae hat ihr Trauma des Verlusts nicht verarbeiten können, die Wunde konnte
nicht heilen, sie ist lediglich abgedeckt durch einen Verband. Dass dieser schließlich die Schmerzen der weiter nässenden Wunde nicht lindern kann,
dürfte auf der Hand liegen.
Vergebung und Religion hatten wir auch schon in Lee Chang-dongs "Secret Sunshine", aber in "A Reason to Live" wird die Thematik naturalistischer und
fast schon anekdotenhaft angegangen. Dafür sorgen die Interviews von Da-hae, aber auch die Gespräche zwischen ihr und Ji-min. In den Gesprächsduellen
der beiden bringt der Film immer wieder die verschiedensten Aspekte der Vergebungsthematik auf den Punkt und lässt keinen Raum für leichte Antworten.
Wäre Ji-min nicht ebenfalls eine interessante Persönlichkeit, die mit ihren eigenen Problemen, wie dem Missbrauch durch ihren Vater, zu kämpfen
hat, hätten die Gespräche zwischen den beiden schnell etwas Künstliches bekommen können. Wir blicken immer weiter hinter die Mauern der zwei sich genau
entgegengesetzten Persönlichkeiten, so sieht Ji-min es überhaupt nicht ein, ihrem Vater zu vergeben, und die beiden bereichern sich schließlich mit
ihren Gedanken gegenseitig.
Leider kann nicht geleugnet werden, dass "A Reason to Live" mit einem zu seichten Tempo zu kämpfen hat, sich ein paar Mal wiederholt und uns am Ende
irgendwie doch so etwas wie eine Antwort oder zumindest eine Struktur im Film schuldig bleibt. Überdies mögen die Diskussionen der beiden Mädchen für den
einen oder anderen Zuschauer irgendwann ermüdend werden. Wäre da nicht jene besagte Ehrlichkeit, die den ganzen Film durchzieht, hätte das
Drama leicht sein Ziel verfehlen können. Andererseits kann die Regisseurin ihr Ziel auch gar nicht verfehlen, da sie sich keines gesetzt hat. Diese
Verfehlung ist dann auch die größte Schwäche des Dramas und verhindert, dass die Regisseurin an die Klasse ihrer früheren Werke herankommt.