Story: Ho Kwok-fai (Louis Koo) ist Anführer einer intelligenten Verbrecherbande, die Auftragsmorde verübt. Allerdings
machen diese Killer sich im herkömmlichen Sinne niemals die Hände schmutzig, denn um unliebsame Untersuchungen durch die
Polizei zu vermeiden, lässt das Team um Ho seine Morde wie Unfälle aussehen. Dafür ist natürlich tagelange Planung erforderlich,
um selbst die kleinste Zufälligkeit mit einberechnen zu können, doch bisher verlief jeder Auftrag reibungslos. Das ändert sich
jedoch eines Tages. Bei einem Auftrag geht etwas schief und eines der Teammitglieder wird bei einem Unfall getötet. Auch
Ho hätte beinahe zu den Opfern gezählt. An einen Zufall kann er bei der ganzen Sache allerdings nicht glauben, vor allem nicht als dann
auch noch in seine Wohnung eingebrochen wird. Er vermutet Verrat in den eigenen Reihen und beschattet seinen letzten Klienten,
der ihn zum Versicherungsangestellten Chan Fong-chow (Richie Ren) führt. Chan scheint irgendetwas zu verheimlichen und so
kommt Ho langsam aber sicher der Wahrheit immer näher...
Kritik: "Accident" ist nicht unbedingt die Art Film, wie man sie von Cheang Pou-Soi erwarten würde, dem Regisseur, der
uns den äußerst interessanten "Dog Bite Dog" und sein enttäuschendes Folgewerk "Shamo" präsentiert hat. Vielmehr kehrt er vom
Stil her zu seinem wunderbaren "Love Battlefield" zurück und wird dabei noch etwas meditativer. Außerdem wird mit Sicherheit
Johnnie To, der hier als Produzent tätig war, ebenfalls seine Handschrift im Film hinterlassen haben. Das Endprodukt ist ein
zum Teil spannender, in jedem Fall nachdenklicher Film über Unfälle, Morde, Chaos und Karma. Ja, letzteres Thema ist nicht nur Tos
Mitarbeit zu verdanken, sondern auch den Schreibern vom Milkyway Creative Team, allen voran Szeto Kam-Yuen, der beinahe im
Alleingang für den anspruchsvollen Hong Kong-Drehbuch-Output verantwortlich zu sein scheint. Wegen seines sehr speziellen
Charakters kann der Film allerdings nicht jedem ohne Einschränkung empfohlen werden.
Wer "Accident" sieht, wird sich unweigerlich an "Final Destination" erinnert fühlen. Nur dass die merkwürdigen Freakunfälle
diesmal nicht von einer übergeordneten Allmacht wie dem Tod dirigiert werden, sondern von einer Gruppe von Auftragskillern.
Der Film nimmt sich die Zeit, um der Natur des Chaos und der Zufälle auf den Grund zu gehen. Es ist beinahe beängstigend
auf welche Weise hier Morde verübt werden, denn wenn das alles wirklich so funktionieren sollte wie hier dargestellt, gäbe
es unzählige Mordfälle, die wir niemals als solche betrachten würden. Glücklicherweise ist die Durchführung eines solchen
"Unfallmordes" jedoch so komplex sowie zeitaufwendig und von unkalkulierbaren Zufällen beeinflusst, dass man in der Realität
wohl kaum damit durchkommen würde. Da "Accident" versucht das Problem eben jener Zufälle und Unregelmäßigkeiten darzustellen,
verzeiht man es ihm gerne, dass er an anderer Stelle dann wieder keine Rücksicht mehr darauf nimmt, wenn das Karma mit ins
Spiel kommt.
Ho, dessen Frau bei einem Unfall ums Leben kam, glaubt nicht an Zufälle und schon gar nicht an Unfälle. Zu oft hatte er selbst
die Fäden bei einem "Unglück" in der Hand. Dementsprechend verwandelt sich der Film nach der ersten halben Stunde in einen
Thriller, der sich rund um Hos Paranoia dreht. Es ist Cheangs Expertise bei der Regie zu verdanken, dass tatsächlich alles auf
dem Bildschirm ziemlich verdächtig wirkt, auch wenn augenscheinlich gar nichts wirklich passiert. Die dichte Atmosphäre und der oftmals
fehlende Dialog, welcher durch subtile Charakterdarstellungen ersetzt wird, kreieren diesen Eindruck, der den eigentlichen Spannungseffekt
des Films ausmacht. Cheang weiß es überdies das urbane Leben auf spezielle abstoßende und faszinierende Art in seinen Film
einzubauen. Die Drehort wirken alle sehr intensiv auf den Zuschauer ein und die Sets sind einmalig, sodass sogleich eine
bestimmte Stimmung in uns erzeugt wird. Diese Atmosphäre spiegelt zugleich die vereinsamte und paranoide Psyche Hos wieder,
eine Atmospähre, die in etlichen Überwachungsszenen noch weiter intensiviert wird.
Gerade jene Überwachungsszenen können allerdings oftmals recht viel Geduld vom Zuschauer erfordern. Wer sich auf "Accident"
und die Stimmung, die der Film erzeugen will, einlassen kann, der wird damit keine Probleme haben. Alle anderen mögen sich
jedoch ab und an vom gemächlichen Tempo etwas gelangweilt fühlen.
Technisch ist "Accident" top und an ein paar Stellen fast schon ein kleines Kunstwerk. Nicht nur die bereits erwähnten Sets,
sondern auch die Beleuchtung, bei der man Johnnie Tos Einfluss deutlich erkennen kann, wissen zu begeistern. Aber auch von
seiner Thematik wirkt der Film ziemlich überlegt, bringt seine Überlegungen jedoch nur auf subtile Weise vor. Kein Wunder also, dass
"Accident" auch zu den Filmfestspielen von Venedig eingeladen wurde. Etwas Spezielles ist Cheangs Werk auf jeden Fall, auch wenn
man sich darüber streiten mag, ob der Film nun auch für das breitere Publikum tauglich ist.
Louis Koo gibt als Ho eine erstaunlich introvertierte Darstellung ab, doch sowohl bei ihm als auch bei den anderen Charakteren
haben wir das Problem, dass wir uns emotional nicht von ihnen involviert fühlen. Das liegt auch daran, dass wir kaum etwas vom
Privatleben der Personen erfahren. Natürlich trägt es auch nicht zum Sympathiegehalt der Hauptcharaktere bei, dass es sich bei diesen
um Auftragsmörder handelt. Des Weiteren bietet das Finale noch einmal ein bisschen zu viel kalkulierte Zufälligkeiten, um noch
wie vorher als wenigstens ansatzweise glaubwürdig zu wirken. Das Ende ist natürlich wieder typisch für Milkyway-Filme,
aber wer mag sich über diese Kleinigkeit schon beklagen? Es ist schön ab und zu ein originelles Werk aus Hong Kong zu sehen, auch wenn dabei
das Tempo trotz einer kompakten Laufzeit von 87 Minuten etwas auf der Strecke bleibt. "Accident" ist ein Film, der Fans intelligenter
sowie ruhiger Thriller ansprechen wird und der durch seine Bilder und Sets hervorsticht.