Story: 22 gerade verstorbene Personen kommen für eine Woche in eine Art Zwischenwelt, in der jeder von
ihnen einen Berater zur Seite gestellt bekommt. Die fünf Berater, die sich diese Aufgabe teilen, erklären den
Verstorbenen, dass sie drei Tage
Zeit haben ihre schönste oder bewegendste Erinnerung zu wählen. Diese nämlich werden sie bis in alle
Ewigkeit erleben, während sie alle anderen Erinnerungen ihres Lebens vergessen werden. Am Ende der Frist
wollen die Berater die Erinnerungen rekonstruieren und den Toten dabei helfen diese so realistisch wie möglich
nachzuerleben, damit sie wieder so präsent wie möglich in den Köpfen der Verstorbenen wird.
Jeder der Verstorbenen beginnt
ihren eigenen inneren Kampf, was denn genau die schönste Erinnerung ihres Lebens war. Manche von ihnen können
oder wollen sich auch gar nicht entscheiden.
Einer der Berater ist Kawashima (Susumu Terajima), der feststellen muss, dass einer der Verstorbenen durch eine Frau
mit seiner Vergangenheit verbunden ist. Dabei entsteht eine Art Liebesdreieck, denn auch die Beraterin Shiori
(Erika Oda) hegt Gefühle für Kawashima...
Kritik: Die Idee, die hinter "After Life" steckt, ist simpel und doch genial. Welche Erinnerung wären wir bereit
für die Ewigkeit mit uns zu nehmen, wenn wir wählen müssten? Unweigerlich wird sich der Zuschauer mehr als einmal diese
Frage stellen und das sogar schon während des Schauens. Nicht viele Filme können zum Selbst-Reflektieren anregen und schon
gar nicht dafür sorgen, dass man sein bisheriges Leben noch einmal in Erinnerung ruft. Denn darum geht es in "After
Life": Erinnerungen! Wie viele von ihnen haben wir im Laufe unseres Lebens angesammelt und dennoch nehmen wir uns so selten
die Zeit zurückzudenken und schöne Momente wieder zu durchleben...
Hirokazu Koreedas Vorstellung der Zwischenwelt ist einfach und dennoch faszinierend. Ein altes Gebäude, das an eine
Schule erinnert und in dem jeder der Verstorbenen für eine Woche einen Raum zugewiesen bekommt. Und gerade diese
Simplizität macht schon wieder den Reiz des Films aus, denn der Film selbst ist auch sehr simpel aufgenommen worden.
Mit den verwackelten Bildern der Handkamera, dem grobkörnigen Bild und den unsauberen Schnitten hat man oft das Gefühl
sich eine Dokumentation anstatt einen Film anzuschauen. Auch die Erzählweise trägt stark zu diesem Eindruck bei, z.B.
als die Verstorbenen über ihr Leben interviewt werden und dabei gerade am Anfang auch oftmals zwischen den
einzelnen Personen hin- und hergeswitcht wird. Manko dieser Erzählweise ist aber, dass man wie bei einer Doku üblich
eine gewisse emotionale Distanz zum Geschehen hat. Auch wenn die Schauspieler wirklich gut sind, so kann man sich
doch mit keinem von ihnen identifizieren und soll es wohl auch nicht.
Wenn wir gerade bei den Schauspielern sind: "After Life" bietet einige bekannte Gesichter, aber auch genau so viele
unbekannte. Dass es sich bei einigen von den Verstorbenen um Amateure handelt, ist nicht zu übersehen, stört aber
überhaupt nicht, sondern trägt im Gegensatz sogar zur Glaubwürdigkeit bei. Einige der Personen können einem mit ihrer
Lebensgeschichte trotz aller Distanziertheit sogar richtig ans Herz wachsen.
Obwohl "After Life" mit seinen diversen Protagonisten und deren Vergangenheit mehr als nur die Frage, welche
Erinnerung wir wohl in die Ewigkeit mitnehmen würden, stellt, gibt es einige Ungereimtheiten. Oder besser gesagt Fragen,
die offen bleiben. Wie gelangt man von einer Zwischenwelt in eine Stadt, wo man schließlich die Geräusche für eine
bestimmte Erinnerung aufnimmt? Handelt es sich bei den Beratern um Geister? Dass es sich um Tote handelt ist uns
klar, aber warum müssen diese die Luft anhalten, wenn sie unter Wasser gehen? Müssen Geister tatsächlich essen und
trinken? Und warum haben die Berater/Geister nur amateurhafte Möglichkeiten Erinnerungen zu rekonstruieren? Es mag
sich hierbei zwar nur um kleine Fragen handeln, dennoch stören sie das Gesamtbild.
Manchmal ist das Geschehen etwas zu
langsam erzählt und wenn man dann noch bedenkt, dass es eigentlich schön gewesen wäre noch etwas mehr von den
Erinnerungen der einzelnen Personen zu sehen, so fragt man sich warum man den Film nicht etwas dichter gepackt hat.
Schön ist allerdings, dass "After Life" jegliche Art von Abstraktheit fehlt, wie man es vielleicht von einer Welt
nach dem Tod erwarten würde. Auch schwierig zu verstehende metaphysische unterschwellige Botschaften wird man hier
vergebens suchen. Koreeda
hat den Film in jeglicher Hinsicht simpel gehalten und dabei trotzdem künstlerisch ansprechendes Kino geschaffen.
"After Life" ist ein ruhiger dokumentarischer Film über Erinnerungen, den Tod und das "Paradies". Die Idee sich
selbst aussuchen zu können welches Paradies man haben möchte und dabei nur von seinem bisher Erlebtem und den
Erinnerungen daran limitiert zu sein, ist genial und lässt einen beinahe sofort aufspringen um irgendetwas
Schönes/Erinnernswertes zu unternehmen!
Ein innovativer Film, auf den man sich aber einlassen können muss, und dessen Szenen einem noch lange Zeit im Kopf
herumspuken werden.