Story: Nozomi (Bae Doo-na) verlässt nie das Haus, es sei denn, ihr Freund Hideo (Itsuji Itao) bringt sie raus. Sie redet nie und
erledigt auch nichts im Haushalt. Nur abends muss sie ihrem Freund im Bett zur Verfügung stehen. Aber das ist auch völlig natürlich, denn Nozomi ist
eine Gummipuppe. Eines Tages beginnt sie jedoch sich zu bewegen und lernt die Welt kennen. Während ihr Freund, oder eher Besitzer, bei der Arbeit ist,
schleicht sie sich heimlich aus dem Haus und entdeckt jeden Tag etwas Neues. Schließlich fängt sie sogar an, in einem DVD-Shop zu arbeiten. Dort lernt
sie Junichi (Arata) kennen, für den sie bald Gefühle hegt. Nozomi hat zwar nun eine Seele, aber das scheint ihr nichts als Schmerzen zu bereiten. Wofür
hat sie dieses Herz und wie kann sie die innere Leere in sich vertreiben? Die lebendig gewordene Gummipuppe versteht langsam, dass sie nicht die einzige
ist, die jene Leere in sich fühlt. Dennoch gibt es viele andere Dinge, die sie von einem normalen Menschen unterscheiden. Vielleicht wird ihr die
Suche nach ihrem Hersteller Antworten liefern. Oder die Liebe zu Junichi.
Kritik: In einer Welt, in der die Menschen innere Leere mit sich herumtragen und sich oft fühlen, als würde die Luft aus ihnen
herausgelassen, fungiert Nozomi als Metapher für das Leid und die Einsamkeit der Menschen in der Stadt. Sie ist eine Gummipuppe, die eines Tages zum
Leben erwacht und damit eindeutig auf die bekannte Geschichte der Holzpuppe Pinocchio zurückweist. Sie besitzt, ohne eine logische Erklärung, eines
Tages eine Seele und versucht herauszufinden, was es bedeutet zu leben. Obwohl sie auch schöne Momente genießen darf, ist es doch vor allem Schmerz,
den sie spürt und so setzt sie gerade am Anfang den Besitz einer Seele oder eines Herzens mit Leid gleich. Auf ihre ganz eigene Weise macht sich die
Puppe nun auf die Suche nach dem Sinn des Lebens.
Regisseur Hirokazu Koreeda ("Still Walking", "After Life") schafft mit "Air Doll" einen ungewöhnlichen Film, der in seiner Verträumtheit an ein
Märchen erinnert. Mit ruhigen Bildern erzählt er eine Geschichte, die zum Teil auch gruselig oder zumindest bizarr ist. Anders kann man Hideo nicht
beschreiben, der zuhause seine Gummipuppe wie einen richtigen Menschen behandelt, sich mit ihr unterhält, sie im Park Spazieren schiebt und ihr
die Sterne zeigt. Mittlerweile gibt es in Japan sogar Silikon-Puppen, die noch echter wirken, also sollte es eigentlich nicht überraschen, dass sich
ein Regisseur diesem Thema annimmt. Welchen Zweck erfüllen diese Puppen jedoch? Sie dienen als Frauenersatz und Sexspielzeug. Dementsprechend durchzieht
"Air Doll" auch einen Hauch von Erotik.
Darstellerin Bae Doo-na ("Barking Dogs Never Bite") ist ihres Zeichens Koreanerin, hat aber dank ihrer Japanischkenntnisse bereits in dem
japanischen Musikband-Film "Linda Linda Linda" mitgespielt. Nach einer dreijährigen Leindwandpause kehrt sie nun zurück - und zeigt sich in vielen
Szenen oben ohne. Das Faszinierende ist allerdings, dass sie dies mit solch einer Natürlichkeit macht, manchmal liegt sie minutenlang einfach nur so da,
dass man ihr sofort abnimmt, eine Gummipuppe darzustellen. Auch ihre großen Augen, die sie zudem die ganze Zeit über weit aufhält, tragen zur Illusion
bei. Ihre roboterhaften Bewegungen legt sie mit der Zeit aber ab und bewegt sich schließlich etwas natürlicher, auch wenn an ihr immer etwas
Befremdliches bleibt.
Bae schafft es hervorragend den Film mit ihrem subtilen Schauspiel zu tragen und niemals ins Lächerliche abzugleiten, obwohl sie die erste Hälfte des
Films ein Dienstmädchen-Kostüm trägt. Etwas befremdlich ist "Air Doll" aber dennoch und das soll er auch sein. Die Stimmung des Films ist
melancholisch und zuweilen kann man eine gewisse Depression, die er hervorruft, nicht leugnen. Zum Glück wechselt sich dies aber mit ein paar
heiteren Szenen ab, z.B. als Nozomi das Shoppen für sich entdeckt. Im Grunde soll "Air Doll" aber gerade die Einsamkeit und Entfremdung in den
Mittelpunkt rücken. Sind wir alle nur Ersatz für jemand anderen? Wie so oft in Koreedas Filmen steht auch diesmal die Frage im Vordergrund, was der
Sinn des Lebens ist und wie wir unsere Seele mit der Erkenntnis einer Bedeutung im Leben vor dem nahenden Verfall retten können.
Die schöne Kinematographie von Mark Lee Ping-bin, der bereits zusammen mit Christopher Doyle für "In the Mood for Love" wunderschöne Bilder auf die
Leinwand gezaubert hat, sowie die gelungene Regie Koreedas und das Schauspiel Baes machen "Air Doll" zu einem gelungenen Drama. Der Regisseur versucht
auch anhand anderer Charaktere die Einsamkeit der Menschen zu porträtieren, leider bleiben diese Personen jedoch lediglich angeschnitten und manchmal
sogar weniger. Aber auch so hat Koreeda fast einmal zu viel auf den Punkt gebracht, dass die meisten von uns dieselbe Luft in sich tragen wie die
Gummipuppe Nozomi. Weniger wäre vielleicht mehr gewesen. Darüber hinaus kann auch das Ende nur bedingt zufriedenstellen. Dennoch bleibt ein Werk, das
einzigartig ist und zum Nachdenken anregen kann - wie eben so häufig bei Hirokazu Koreedas Filmen.