Story: Yun-ju (Lee Sung-jae) arbeitet unregelmäßig als Dozent, hat aber keine feste Anstellung. Seine Frau
ist dagegen schwanger und verdient nebenbei noch Geld. Sie lässt ihren Mann immer wieder spüren, dass sie
diejenige ist, die zu Hause das Sagen hat. Yun-ju versucht ohne Erfolg Geld zusammenzubekommen um den Dekan zu
bestechen, damit er endlich als Professor arbeiten kann. Er fühlt sich mies, und als ihn in dem Apartmentkomplex in
dem er wohnt,
dann auch noch das Kläffen eines Hundes nervt, brennt bei ihm eine Sicherung durch. Er schnappt sich den Hund und
sperrt ihn im Keller in einen Schrank ein. Kurz darauf muss er allerdings feststellen, dass der Hund nicht derjenige war,
der ihn in den Wahnsinn getrieben hat. Aber für eine Rettung ist es schon zu spät, da der Hausmeister ihn zu Hundesuppe
verarbeitet hat...
Hyeon-nam (Bae Du-na) arbeitet in der Verwaltung des Apartmentkomplex in dem Yun-ju wohnt und muss nun häufiger
Vermisstenanzeigen stempeln, da immer wieder Hunde verschwinden. Hyeon-Nam ist eine Träumerin und wünscht sich
nichts sehnlicher als sich eines Tages als Heldin beweisen zu können und ins Fernsehen zu kommen. Bald bekommt sie
auch die Gelegenheit dazu, denn sie beobachtet wie Yun-ju auf dem gegenüberliegenden Hochhaus einen Hund vom Dach
wirft...
Kritik: Eines ist sicher - Regisseure wie Bong Joon-ho gibt es nicht viele. In seinem ersten Spielfilm, vorher
hat er schon ein paar erfolgreiche Kurzfilme gedreht, beweist Bong sein unwahrscheinlich gutes Gespür für tiefgründige
sozialkritische Strukturen, die er gekonnt mit einer erfrischend eigenartigen Form von schwarzem Humor verfeinert.
Was dabei herauskommt ist ein Genremix, der nicht leicht zu definieren ist und zu einem eigentümlichen, aber faszinierenden
und ansprechenden Filmerlebnis wird. "Barking Dogs Never Bite" ist losgelöst von unnützen Restriktionen und hält sich
nicht an künstliche Filmregeln. Das mag zwar bedeuten, dass der Film ein wenig etwas von Art-House Cinema hat, doch dieser
Eindruck erweist sich schnell als falsch, da Bongs Werk keineswegs unnötig distanziert wirkt. In welche Richtung der
Film geht, bleibt aber immer völlig offen, denn hier ist alles möglich. Dank hervorragend ausgearbeiteten Charakteren
und zwei großartigen Schauspielern kann der Film beim Zuschauer aber immer das Interesse aufrecht erhalten und vermag
einem somit ein Filmerlebnis näher zu bringen, wie man es nur selten erlebt.
Wer sich die Storyzusammenfassung durchgelesen hat, wird sich wahrscheinlich gedacht haben, dass man hier eine bitterböse
Komödie präsentiert bekommt. Doch so böse ist der Film dann doch eigentlich gar nicht. Ungewöhnlich und schwarz ist der
Humor allerdings trotzdem. Außerdem mag sich der eine oder andere daran stören wie hier die Hunde behandelt werden.
Am Anfang des Films wird zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keines der Tiere zu Schaden gekommen ist, und dass
ein Trainer anwesend war, aber das ändert nichts daran, dass die Brutalität an den Vierbeinern doch ziemlich echt
aussieht. Das mag für manche ziemlich irritierend sein, doch gerade in der eigentlich brutalsten Szene, nämlich als
ein Hund mit einem Seil aufgehängt wird, sieht man, dass diesem eigentlich gar nichts passiert. Wer also dem Film
schlechten Geschmack vorwirft, weil er Hunde quält etc., der hat wohl irgendwas nicht mitbekommen, und am Schlimmsten:
Das eigentlich Wichtige des Films vollkommen verpasst.
Es geht nämlich überhaupt nicht um Hunde. Mit dem englischen Titel ist nämlich mehr oder weniger Yun-ju gemeint. Er ist
zwar nicht wirklich laut und bellt auch nicht, aber wir bekommen doch den Eindruck, dass er ein gemeiner, bellender
(eben "barking") Hund ist. Für den Zuschauer ist es zuerst unmöglich uns mit ihm zu identifizieren, aber mit der
Zeit verstehen wir sein Handeln und finden heraus, dass er wirklich kein schlechter Mensch ist.
Vielleicht wird hier aber auch zu viel in den Titel hineininterpretiert, denn der Originaltitel heißt übersetzt "A
Dog of Flanders", genauso wie der tragisch-traurige Roman von Ouida aus dem Jahre 1872, um einen armen Jungen und seinen
geliebten Hund. Ein Roman, der in Asien viel bekannter ist als bei uns... Hier zeigt sich dann also schon im Filmtitel
versteckt der schwarze Humor, der den gesamten Film hindurch zu erkennen ist.
Lee Sung-jae ("Attack the Gas Station", "Holiday", "Daisy") ist ein gefragter Schauspieler in Korea geworden und zeigt
schon hier mit seiner vielschichtigen Porträtierung des einsamen Mannes, der eigentlich nur nach Erfolg strebt, dass
er einer der ganz großen Darsteller ist.
Mindestens ebenso grandios ist Bae Du-na ("Sympathy for Mr. Vengeance", "The Host", "Linda, Linda, Linda") die hier
ihren großen Durchbruch schaffte. Mit ihrer äußerst charismatischen Darstellung des Mädchens, das nach Größerem strebt,
aber schlussendlich nur eine Träumerin zu sein scheint, ist sie alles andere als das typische Abziehbild der koreanischen
Frau. Ihre Art ist zudem noch sehr eigensinnig, und gerade in den humoristischen Szenen kann sie mit ihrem ausdruckslosen
Schauspiel, der zum Kontrast zu ihrer ansonsten leicht extrovertierten Art steht, punkten.
Der Humor in "Barking Dogs Never Bite" ist keineswegs immer zum laut Auflachen, und manchmal eben weniger offensichtlich
als an anderen Stellen, aber er scheint immer wieder durch, und kann einen wirklich zum Lachen bringen. Von dem
subtilen und sehr gelungenen Humor einmal abgesehen ist der Film aber auch ein Drama. Das fällt auch bzgl. des Tempos
auf, das doch recht langsam gehalten ist. Regisseur Bong lässt sich Zeit mit dem was er zu erzählen hat, und wenn
das eben gerade mal eine Horrorstory ist, die sich zwei Wartungsangestellte im Keller über den berüchtigten "Boiler
Kim" erzählen, dann ist das eben so. Für den Zuschauer ist das ungewohnt, aber auch erfrischend und lustig.
Bong Joon-ho, der sein großartiges Können später in Filmen wie "Memories of Murder" oder "The Host" wieder unter Beweis
stellen sollte, kreiert einige sehr schöne Bilder und Kamerafahrten, auch wenn er hier offensichtlich nicht
viel Geld zu seiner Verfügung hatte. Gerade die Art wie der Apartmentkomplex und die
diversen Balkons aus der Entfernung gefilmt wurden ist aber sehr schön. Daneben bringt Bong dann auch gerne mal
einige von Hyeon-nam imaginierte Menschenmassen mit ein, die dieser zujubeln. Doch diese netten Tricks sind es nicht, die
dem Film eine solch große Magie verleihen. Bongs feinfühlige und subtile Regie, zusammen mit der Art wie er dem Zuschauer
seine Charaktere und die Geschichte näherbringt sind es, die den Film so außergewöhnlich machen. Und natürlich der
schwarze Humor.
"Barking Dogs Never Bite" ist des Weiteren unerwartet tiefgründig. Man kann hier einiges interpretieren,
oder sich auch einfach nur unterhalten lassen. Interessanterweise merkt der Zuschauer gar nicht wie sehr er schon in die
Welt dieses Films abgetaucht ist, bis es schließlich gegen Ende zu einer simplen, aber unwahrscheinlich effektiven
Szene kommt, die einem vor Emotionalität einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Ein Kunststück, das Bong
häufiger vollbringt.
"Barking Dogs Never Bite" ist ein außergewöhnlicher Film mit schönem Humor und Tiefe. Als Charakter-Drama funktioniert
er ebenfalls hervorragend. Wegen seiner Einzigartigkeit hätte der Film fast schon einen Extrapunkt verdient, den ich ihm aber
wegen leichter Unfokussiertheit verwehren muss. Nichtsdestotrotz ein toller Film, der dazu beigetragen hat, dass das
koreanische Kino den guten Ruf hat, den es heutzutage genießt.