Story: Eine namenlose Profikillerin (Wu Chien Lien) hat kaum Kontakt zur Außenwelt. Sie verbleibt höchstens
drei Monate an einem Ort, hat keine Freunde, und weiß weder etwas über ihre Familie noch über ihre Herkunft im
Allgemeinen. Ihre einzige Kontaktperson ist eine "Tante" (Shirley Wong), die ihr die Aufträge verschafft.
Eines Tages sieht sie gegenüber ihres Apartments den Nudelstand Long Sheks (Lau Ching Wan). Sie beschließt fortan
nach jedem ausgeführten Auftrag etwas bei ihm essen zu gehen. Shek ist von der geheimnisvollen Schönheit
fasziniert und versucht anfangs erfolglos ein paar vorsichtige Annäherungsversuche. Doch schließlich öffnet sich die
namenlose Killerin etwas mehr gegenüber Shek und ihr kommt der Gedanke, ihr Dasein als Profikillerin zu beenden.
Zu genau jenem Zeitpunkt kommt Yichin (Han Sang-woo), der Bodyguard eines getöteten koreanischen Triadenboss, nach
Hong Kong um den Tod seines Bosses zu rächen. Über die "Tante" der Killerin versucht er an die Namenlose heranzukommen.
Die Killerin muss herausfinden, dass es unmöglich für sie scheint, ihrer Bestimmung zu entkommen und in ein normales
Leben mit Shek zu entfliehen. Ein blutiger Showdown scheint unvermeidbar...
Kritik: "Beyond Hypothermia" erschien in einem Jahr, in dem der Zenit des erfolgreichen Heroic-Blodshed Genres längst
überschritten war. Patrick Leung, seines Zeichens Protegé von John Woo, liefert tatsächlich einen hervorragenden
Vertreter des tot geglaubten Genres ab, das aus welchen Gründen auch immer all die Jahre mein Radar unterflogen hat.
Wahrscheinlich lag das daran, dass der Film unverständlicherweise an den Kinokassen nicht so erfolgreich war.
Dabei verzichtet Leung darauf, allzu viel von seinem großen Lehrer Woo zu kopieren, sondern schafft es, einen
eigenständigen Film mit mehr charaktererforschendem Aspekt zu kreieren. Ein tiefschürfendes Drama darf man aber dennoch
nicht erwarten. Dafür gibt es dann aber einige schöne Actionsequenzen.
Eher etwas negativ zu bewerten ist die Story. Zu vertraut ist die Geschichte um einen Killerin, die plötzlich
Gewissensbisse bekommt und sich nach einem normalen Leben sehnt. Doch immerhin handelt es sich bei unserem Killer
um eine Dame, was dem ganzen etwas mehr Frische verleiht. Auch wenn es natürlich schon erfolgreiche Filme mit einer
weiblichen Profikillerin gab, man denke da nur an Luc Bessons "Nikita".
Interessant ist allerdings, dass unsere Protagonistin eigentlich gar keine Gewissensbisse hat. Unwahrscheinlich
kaltblütig und zielgerichtet erledigt sie ihre Jobs. Da werden selbst kleine Kinder nicht verschont. Wie schockierend
das auch sein mag, gibt man uns so aber als Zuschauer das Gefühl, ehrlich behandelt zu werden. Gefühle scheinen der
geheimnisvollen Fremden, die keinen Namen und keine Familie hat, fremd zu sein. Dass ihre Körpertemperatur 5 Grad unter
der eines normalen Menschen liegt, ist da eine passende Allegorie. Ein simpler Nudelstand-Besitzer scheint jedoch die
Frau langsam von innen heraus auftauen zu können.
Lau Ching Wan ist eben jener Nudelstand-Besitzer, der auf simple und fast schon kindliche Art versucht das Herz dieser
in sich zurückgezogenen Frau zu erobern. Seinem Charakter sieht man sofort an, dass er vom Drehbuch aufs Schlimmste
vernachlässigt wurde, doch Lau kann das zum Glück mit seinem Charisma und seiner Integrität wieder wettmachen. Einzig
schade ist, dass es so wenige Szenen mit ihm und Wu Chien Lien gibt, denn so wird die Liebesgeschichte oftmals auf
Eis gelegt.
Wu dagegen gibt eine tolle Leistung als Profikillerin ab. Ihre Darstellung ist die meiste Zeit eher
subtil, doch können wir die Kälte ihres Herzens und ihre Einsamkeit förmlich spüren. Selbst wenn der Funken zwischen
ihr und Lau Ching Wan nicht vollständig überspringt, denn das soll er nebenbei bemerkt gar nicht, so kaufen wir ihr
dennoch ab, dass es Shek ist, der sie langsam etwas menschlicher werden lässt.
Düster und lebensfeindlich ist die Welt, die der Regisseur zeichnet. Nur die Szenen zwischen der Killerin und dem
Nudelstand-Besitzer können das Ganze auf ein erträgliches Maß aufwerten. Allerdings kommt es, wie es kommen muss,
die Killerin kann ihrer Berufung nicht entkommen. Als der Bodyguard Yichin, solide dargestellt von Han Sang-woo,
nach Hong Kong kommt um an der Killerin Rache zu nehmen, geht das Blutvergießen erst richtig los. Tatsächlich wird
hier auch nicht an Gewalt gespart. Die Szenen sind alle recht blutig und brutal.
Patrick Leung schafft es einige sehr schöne Shoot-Outs in seinem Film unterzubringen. Dabei bedient er sich seines
ganz eigenen Stils, und schafft es dennoch seinem Lehrer John Woo in nichts nachzustehen. Einige Zoom-Ins, schnelle
Schnitte und spannungsfördernde Kamerafahrten sorgen für die richtige Atmosphäre. Die Actionszenen sind dabei recht
gut über den Film verteilt und gerade die Endszene weiß noch einmal richtig gut zu gefallen. Kaum zu glauben, dass
Leung heutzutage für Filme wie "Good Times Bed Times" oder den grauenhaften
"The Twins Effect 2" verantwortlich ist...
Schön ist auch, dass der Film dadurch, dass er eine Weile in Korea spielt, noch einen leicht internationalen Touch
bekommt. Hier hätte man zwar etwas mehr rausholen können, und in der Tat gibt es hier auch den einzigen kleinen
Hänger im Film, aber die Verfolgungsjagden in Korea sind dennoch schön anzusehen. Nur bleibt die Frage, warum
koreanische Gangster wie vollkommene Idioten dargestellt werden, die in den Gegenverkehr reinlaufen und sich dann
wundern, dass sie reihenweise umgefahren werden...
"Beyond Hypothermia" ist zweifellos nicht perfekt. Denn für einen typischen Heroic-Blodshed Film ist das Tempo zu niedrig und
es gibt zu wenige Schießereien. Gerade das macht den Film aber meiner Meinung nach so besonders. Es wird mehr
Wert auf das Innenleben der Killerin und ihre Beziehung zu Shek gelegt. Das Drama, das sich daraus entwickelt, funktioniert
aber auf subtile Weise erstaunlich gut. Natürlich ist es von Anfang an undenkbar, dass es ein richtiges
Happy End geben kann, und so geht einem der Schluss noch einmal richtig nahe. Auch wenn nicht viele Gefühle gezeigt
werden, schafft es "Beyond Hypothermia" diese dennoch beim Zuschauer auszulösen.
Ein paar coole und stylishe Schießereien, sowie ein ungewöhnlich guter Soundtrack runden das Gesamtwerk dann noch zusätzlich ab.
Wer kein Problem mit einem Hong Kong Actionstreifen mit Hang zu leisen Tönen hat, ist hier genau
richtig. Großartiges, düsteres Gefühlskino, wie es nur die ehemalige britische Kronkolonie zustande bringen kann und
sehr gute Schießereien machen den Film zu einer klaren Empfehlung.
"Beyond Hypothermia" hat mich im positiven Sinne vollkommen überrascht und mir einmal mehr gezeigt, für welches
Genre mein Herz schlägt. Dafür bekommt der Film dann auch einen rein subjektiven Extra-Punkt. Für alle anderen gilt aber
so oder so: Ansehen!