Story: Nguyen Vu (Huynh Dong) wird als kleiner Junge in einen Tempel gebracht. Seine gesamte Familie wurde hingerichtet und auch er sollte
nicht am Leben sein. Als er erwachsen ist, kommen einige Soldaten in den Tempel, in dem er lebt, und er erkennt den Beamten wieder, welcher der Exekution seiner
Eltern beigewohnt hat. Nguyens Meister erzählt ihm daraufhin, dass er der letzte eines mächtigen Familiengeschlechts ist und dass die Königin Thai Hau (Van
Trang) den Befehl zur Hinrichtung seiner Familie gegeben hat. Nguyen verlässt den Tempel, um Rache für seine Familie zu nehmen, doch als er ins Königshaus
eindringt, belauscht er ein Gespräch über einen Blutbrief, der ein Geheimnis beherbergt, das der Königin gefährlich werden könnte. Plötzlich wird der königliche
Hof jedoch von der Kämpferin Hoa Xuan (Midu) gestürmt. Nguyen kann sie retten und mit ihr fliehen. Es stellt sich heraus, dass ihre Eltern ebenfalls durch
das Wort der Königin umgekommen sind. Nguyen hat einige Mühe, aber er kann Hoa schließlich überreden, nicht in einer weiteren Selbstmordaktion den Palast
zu stürmen, sondern mit ihm den rätselhaften Blutbrief zu suchen.
Kritik: Wenn "Blood Letter" eines schafft, dann ist es, zu zeigen, dass Vietnam neuerdings in der Lage ist, einen Wuxia-Film zu drehen, der
es qualitativ durchaus mit Südkorea oder gar dem Ursprungsland China aufnehmen kann. Besonders hervorgehoben werden müssen die atemberaubenden Sets, die vor
lebendigen Naturaufnahmen nur so strotzen und ansonsten auch mit prächtig ausgestatteten Tempeln und Palästen verzaubern können. Eine große Stärke des Films
sind außerdem die Kämpfe, die das Herz jedes Martial Arts-Fans höher schlagen lassen. Da verschmerzt man es auch gerne, dass die Geschichte nicht wirklich
originell ist und die Charaktere mehr Tiefe verdient hätten. Dennoch spannt der Film einen Bogen, der ihm durchaus einen gewissen epischen Charakter verleiht
und die Geschichte damit um einiges aufwertet.
Die Geschichte, die auf dem gleichnamigen Roman von Bui Anh Tan beruht, ist eine traditionelle Wuxia-Geschichte. Hier gibt es so viele Elemente, die
Wiedererkennungswert haben, dass man daraus auch ein lustiges Trinkspiel machen könnte. Da wäre der Waisenjunge, der eigentlich ein Adliger ist und in einem
Tempel großgezogen wird, das über allem stehende Motiv der Rache, das der Rehabilitierung der Familie dienen soll, eine heißblütige Schwertkämpferin und
der obligatorische Verrat. Ach ja, selbstverständlich ist der Held der Geschichte anfangs auch unwahrscheinlich naiv und weltfremd. Schnell ist klar, dass man
hier keine Innovation erwarten sollte und auch der Umstand, dass ab der Mitte des Films Ziellosigkeit die Überhand gewinnt, ist fast schon etwas, womit wir
bereits gerechnet haben.
Leider ist das Schauspiel auch nicht zu jeder Zeit perfekt - aber keinesfalls amateurhaft. Zudem fällt das eigentlich nie wirklich auf, da Regisseur Victor
Vu weiß, wie er mit den richtigen Bildern die Schwächen des Films ausmerzen kann. Und optisch ist der Film einfach eine Augenweide. Man könnte "Blood Letter"
fast schon als heimliche Tourismuswerbung missverstehen, so bezaubernd sind die Außenaufnahmen. Augenscheinlich stand hier mal genügend Geld zur Verfügung, wie
sich auch an den pompösen Palästen und den vielen Komparsen sowie den tollen Kostümen erkennen lässt. Nur für die Spezialeffekte war dann wohl kein Geld
mehr übrig. Da muss wieder einmal die Frage erlaubt sein, warum man die grundlegend auf dem Papier nett aussehende Idee der Fantasy-Elemente nicht verworfen
hat, wenn man sie nicht überzeugend visualisieren kann. Braucht Nguyen wirklich seine Abwandlung der Hadoken-Spezialattacke?
Die Grenzen zwischen Fantasy und Wuxia sind aber bekanntermaßen verschwommen, und darüber hinaus ist der Showdown diesbezüglich immerhin ganz annehmbar umgesetzt.
Was aber zu jeder Zeit völlig überzeugt, ist die Action. Johnny Nguyen ("The Rebel", "Tom Yum Goong") ist für die Choreographie verantwortlich und jeder, der
sich ein wenig mit Martial-Arts-Streifen auskennt, weiß, dass hier ein echter Profi am Werk ist. Die Kämpfe sind stellenweise sehr komplex und immer innovativ,
sodass auch das Wire-Fu Spaß macht. Leider hat der Regisseur häufig das Tempo künstlich erhöht oder ein paar Slow-Motions eingebaut. Ob der Grund dafür ist, dass
mangelnde Fähigkeiten einiger Darsteller dies notwendig gemacht haben, ist nicht klar, aber auch das stört nicht wirklich. Zumindest Hauptdarsteller
Huynh Dong ist überzeugend, obwohl seinen Kämpfen etwas mehr Dynamik nicht geschadet hätte.
Überraschend ist außerdem, dass "Blood Letter" zwischen Nguyen und Hoa ein paar ziemlich amüsante Szenen bereithält, sodass der Film durchgängig nicht zu ernst wird, aber auch nicht unnötigen Slapstick liefert. Ein actiongeladener Soundtrack von Christopher Wong beschreitet Hollywood-Pfade und bleibt immer stimmungsvoll. So ist es im Endeffekt lediglich das Drehbuch, das etwas besser ausgearbeitet hätte werden müssen. Des Weiteren ist die Botschaft des Films gegen Ende in Bezug auf Despoten doch etwas fragwürdig. Nichtsdestotrotz ist "Blood Letter" ein gelungener erster Wuxia-Eintrag für Vietnam, der zugegeben auch eine Portion Nachsicht mit seinen Schwächen genießt, da man aus Vietnam ohnehin nicht so viel Qualität erwartet hätte. Außerdem können die fantastischen Bilder und die tolle Action für sich sprechen.