Story: Jae-sup (Kim Tae-woo) ist 32 Jahre und Lehrer. Mit Erwachsenen kommt er nicht gut zurecht und so ist die
einzige Person, mit der er sich über sein Leben unterhalten kann eine Prostituierte. Seine innere Isolation wird noch
schlimmer als er auf die Hochzeit seiner Jugendliebe geht. Irgendwie hat nichts in seinem Leben wirklich funktioniert.
Doch vielleicht ändert sich das alles bald mit der Bekanntschaft der 17-jährigen So-hee (Kim Min-jeong), die sich von
einem älteren Mann finanziell aushalten lässt. So-hee ist die
neue Schülerin in Jae-sups Klasse und fasziniert ihn mit ihrer großen Lebenserfahrung und Zurückgezogenheit.
Die beiden laufen sich an einer Haltestelle privat über den Weg. Sie lernen sich langsam besser kennen, doch trotz
ihrer Faszination füreinander, stehen ihre Wunden, die das Leben in sie gerissen hat und ihre Isolation,
einer Beziehung im Wege...
Kritik: "Bus Stop" ist ein ruhiger und tiefsinniger Film über die Isolation, den Sinn des Lebens und zwei
Individuen, die es nicht schaffen, ihre Trauer, Enttäuschung und ihren Missmut abzulegen. Vielleicht schaffen sie es aber
sich gegenseitig das zu geben, was ihnen alleine fehlt, um endlich aus ihrer Starre zu erwachen?
In vieler Hinsicht ist "Bus Stop" mit keiner der typischen koreanischen Liebesfilme zu vergleichen. Hier setzt das
Drama nicht deplatziert wirkend erst am Ende ein, sondern durchzieht den gesamten Film. Ja, es handelt sich sogar
vielmehr um ein Drama, als um einen Liebesfilm.
Jae-sup ist ein interessanter Charakter und der Film nimmt sich die Zeit, diesen uns auch ausführlich vorzustellen.
Zu seinen Lehrerkollegen hält er Abstand, gemeinsamen Unternehmungen mit ihnen geht er aus dem Weg. Auch zu Bekannten
aus alten Tagen hat er kaum noch Kontakt. Vielmehr scheint er mit seinen Schülern zurechtzukommen. Denen gegenüber ist
er zwar auch noch etwas verschlossen, kann aber viel mehr aus sich herausgehen. Sein trockener Humor hat ihn sogar bei
einigen Mädchen seiner Klasse ziemlich beliebt gemacht. Dennoch verzichtet er darauf, privat mit ihnen etwas zu
unternehmen. Wenn wir dann auch noch erfahren, dass Jae-sup sich nebenbei als Schriftsteller versucht, wissen wir, dass
es wohl einiges gibt, dass er sich von der Seele schreiben möchte. Wir erfahren allerdings nie genau was das ist.
Die einzigen tiefsinnigeren Gespräche führt er mit einer Prostituierten und es wird klar, dass Jae-sup einfach nicht
weiß, was er vom Leben zu erwarten hat. Eine innere Leere erfüllt ihn und niemand in seiner Umgebung scheint in der
Lage zu sein ihn aus diesem Zustand zu befreien.
Auf der anderen Seite haben wir So-hee. In ihrem bisherigen kurzen Leben scheint auch einiges schief gelaufen zu sein.
Sie "prostituiert" sich für einen älteren Herren, merkt aber bald, dass ihr Leben so auch nicht besser wird. Was mit
ihren Eltern ist wissen wir nicht, man muss aber annehmen, dass So-Hee von zu Hause fortgelaufen ist. Vielleicht hat
es mit ihnen zu tun, dass sich So-hee in sich selbst zurückgezogen hat und von anderen Menschen nur in Ruhe gelassen
werden möchte.
Diese zwei von der Welt entfremdeten Personen begegnen sich und es wird ihnen klar, dass sie im Grunde das gleiche
Leid plagt. Doch können sich die beiden wirklich Vertrauen entgegenbringen? Schließlich ist es genau das, was sie
verloren zu haben scheinen - Vertrauen in Menschen.
Ihre gegenseitige Annäherung vollzieht sich dementsprechend sehr
zögerlich. Immer wieder kommen sie sich näher, nur um dann wieder Abstand voneinander zu gewinnen. Dieses Spiel
des unsicheren Abtastens wiederholt sich etliche Male und wenn der Zuschauer nicht bereit ist in die
Gefühlswelt dieser beiden Personen abzutauchen wird es ihm merkwürdig vorkommen, dass sich die beiden gegenseitig des
öfteren sitzen lassen. Warum macht einer nicht den ersten Schritt? Weil sie spüren, wann der nächste Zeit für sich
alleine braucht um die Kraft zu sammeln, die "Beziehung" weiterzubringen.
Genau hierin liegt die Stärke des
Films. Er vermittelt uns die Gefühle und Gedanken der Protagonisten, ohne dass diese ausgesprochen werden müssen.
Vieles muss zwischen den Zeilen gelesen werden, doch ist dies ein Leichtes. Dennoch wird nicht mit Worten gespart, wie
es vielleicht in einem Kim Ki-duk Film der Fall wäre. Nein, an einer Stelle deutet So-hee in Beisein der anderen
Lehrer sogar ziemlich deutlich an, welche Geühle sie für Jae-sup hegt.
Die beiden Hauptdarsteller geben eine großartige Darstellung ab und der Film wird durch sie erst richtig zum Leben
erweckt. Kim Tae-woo verkörpert den einsamen Lehrer, der so simpel es sein mag auf seine eigene Weise nach des Lebens
Sinn sucht. Genauso hervorragend spielt Kim Min-jeong die junge Schülerin, die schon zu viel Schmerzen in ihrem kurzen
Leben hatte. Kein Zweifel, Kim Min-jeong sieht einfach toll aus, doch wird ihr Aussehen gar nicht bis sehr
gering zum Einsatz gebracht, was dem Film noch mehr Glaubwürdigkeit verleiht.
In ruhigen, etwas steril wirkenden Bildern stellt Regisseurin Lee Mi-yeon die innere Isolation der beiden Protagonisten
auch nach außen dar. Dabei schafft Lee es aber in in ihrem Debut "Bus Stop" auch keine zu distanziert wirkende
Atmosphäre aufkommen zu lassen. Besonders die Szenen an der Bushaltestelle vermitteln einem ein warmes Gefühl, wenn
wir merken, dass sich Jae-sup und So-hee langsam anfangen zu akzeptieren. Interessant ist auch, dass der Film
durchgängig nachts spielt, falls ich mich nicht irre. Das unterstreicht die Einsamkeit der beiden Individuen, genauso
wie der häufige Regen die Trauer der beiden widerspiegelt.
"Bus Stop" ist ein schönes Drama über zwei interessante Personen, die sich langsam näher kommen und dem Zuschauer die
Hoffnung geben, dass sie es gemeinsam schaffen ihrem tristen Dasein zu entfliehen. Bei all dem Drama ist es aber gerade
die unterschwellige Liebesbeziehung, die dem Film das gewisse Etwas gibt.
Ein schöner nachdenklicher Film, der nie langweilig wird und vom Zuschauer sogar noch verlangt, dass dieser die beiden
Hauptcharaktere interpretiert und analysiert. Empfehlenswert!