Story: Kim Yong-soo (Kim In-pyo) ist ein ehemaliger Fußballspieler Nordkoreas, der in einer Kohlemine arbeitet. Irgendwie schafft er es, in dem
totalitären Regime seine Familie gerade so zu ernähren, doch seine Frau erkrankt als Folge eines Vitaminmangels schließlich an Tuberkulose.
Da sie überdies auch schwanger ist, ist es schwierig, eine passende Medizin zu finden und Yong-soo beschließt, nach China zu gehen, um dort Geld zu
verdienen und das Medikament zu besorgen. Das Flüchtlingsleben dort ist allerdings sehr schwer, sodass er schließlich nach Südkorea geht. Als er
seine Familie zu sich holen will, ist es jedoch schon zu spät für seine Frau. Sie ist gestorben und nur der gemeinsame Sohn Joon (Shin Myeong-cheol)
ist zurückgeblieben, der nun versucht, seinem Vater nach China zu folgen, wo er ihn noch vermutet. Die Flucht ist für ein kleines Kind aber keineswegs
einfacher als für einen Erwachsenen und so wird Joon gefangen genommen und in ein Umerziehungslager gebracht. Yong-soo erreicht die Nachricht von den
Geschehnissen in seiner Heimat und er setzt nun alles daran, seinen Sohn nach Südkorea zu holen.
Kritik: "Crossing" wurde als Südkoreas Beitrag zu den Oscars 2008 vorgeschlagen, wurde aber letzten Endes nicht nominiert. Und das ist auch nur
fair, denn trotz vieler Kritiker, die sich von der Thematik blenden lassen und ganz begeistert von diesem Drama sind, bleibt der Film doch schlichtweg
ein Taschentuchdrama, das oft nur allzu manipulativ dabei vorgeht, die Verzweiflung eines nordkoreanischen Flüchtlings zu zeichnen. Dabei ist das
Grundgerüst des Films äußerst faszinierend und ansprechend. Es muss "Crossing" auch zu Gute gehalten werden, dass er nicht davor zurückschreckt, einige
äußerst harte Wahrheiten zu zeigen, die einen direkten Schlag in die Magengrube darstellen. Besonders der Umgang mit den Kindern in den Umerziehungslagern
ist nichts für Zartbesaitete. Allerdings fällt hier auch ganz klar eine problematische Gut-Böse-Zeichnung ins Auge, die nur allzu kontrastreich gestaltet
ist und damit fast schon Propaganda-Charakter bekommt, wenn man es streng nimmt.
Der Film gibt uns zu Anfang ein Bild über die Lebensumstände von Yong-soos Familie und wir bekommen das Leben in einem totalitären Staat zu sehen, in
dem man gerade einmal das Nötigste hat und technisch noch fast auf dem gleichen Stand ist wie zur Teilung des Landes. Ein Fernseher ist absoluter Luxus
und welche Programme man damit empfängt, sollte genau überlegt sein, denn ein Blick in das Programm der südlichen Nachbarn und schon stehen Regierungsbeamte
vor der Tür und schleppen einen in ein Umerziehungslager. Selbst wenn man die Regierung besticht, wo es nur geht, hat man nicht seinen Frieden und muss in
stetiger Angst davor leben, als Spion aus dem Süden verdächtigt zu werden.
Die heruntergekommenen Häuser, die trockene Erde und das fast tot wirkende Land im Allgemeinen geben eine gute Vorstellung von dem Leben dort, das einfach
bemitleidenswert ist. "Crossing" verpasst es auch nicht, Kinder zu zeigen, wie sie als Waisen auf dem spärlich eingerichteten Markt herumlungern, um
Abfall, der auf die Erde fällt zum Essen aufzupicken.
Yong-soo bleibt als Figur relativ flach, wir verstehen jedoch sofort, warum er das Land verlässt, um seiner Frau die nötige Medizin zu verschaffen und
können deshalb mit ihm sympathisieren, auch wenn er damit riskiert, als Verräter gebrandmarkt zu werden, was letztendlich auch auf seine Familie
zurückfallen kann. In Südkorea lebt er dann sehr asketisch, da er ein schlechtes Gewissen hat, seine Familie in Armut zurückgelassen zu haben und
selbst ein gutes Leben zu führen. Es wird auch gezeigt, wie schwierig bis unmöglich es ihm die Politik bzw. Bürokratie macht, Kontakt mit seiner
Familie aufzunehmen bzw. selbst wieder in seine Heimat zu gehen. In Nordkorea dagegen entwickelt sich eine sehr gelungene Nebenhandlung um Joon,
der das gleichaltrige Mädchen Mi-seon, die Tochter seiner früheren Nachbarn, in einem Umerziehungscamp wiedertrifft. Dort werden die Kinder grausam
behandelt und sollten sie nicht durchhalten, werden ihre Leichen einfach irgendwo in einem kleinen Lager untergebracht und die Ratten kümmern sich um
den Rest.
Es ist besonders die Nebenhandlung, die einen schwer schlucken lässt und den Film zuweilen von einem simplen Taschentuchdrama abhebt. Doch genau das
wird wieder revidiert, wenn der streicherlastige Soundtrack einsetzt und Vater und Sohn am Telefon sich gegenseitig anschluchzen. Auch die emotionalen
Szenen gegen Ende können nicht funktionieren. Das ist zum Einen, weil der Film einen nur allzu direkten Weg wählt, den Zuschauer zu bewegen, zum Anderen
aber weil weder Kim In-pyo ("Hanbando") noch Kleindarsteller Shin Myeong-cheol überzeugend Tränen vergießen können. Ihr gezwungenes Schluchzen, das
wohl besonders viel Verzweiflung vermitteln soll, reißt einen nur allzu sehr aus dem Film und lässt uns keineswegs an dem Schmerz der beiden teilhaben.
Darüber hinaus ist auch nur schwer verständlich, was die Bibel in dem Film zu suchen hat, die wohl ein weiteres Motiv bieten sollte, das niemals
angemessen ausgearbeitet wird. Störend sind auch die Rückblenden, in Slow-Motion und mit lachenden Gesichtern, die als Kontrast zum Drama eingeblendet
werden, um an gute Zeiten zu erinnern. Das ist dann einfach zu viel Kitsch.
"Crossing" hat manchmal fast schon epischen Charakter, der jedoch nicht ausgeschöpft wird. Vor allem in den Szenen, in denen Yong-soo oder sein Sohn
nach China oder in die Mongolei flüchten, um von dort aus nach Südkorea zu kommen. Hier gibt es auch ein paar schöne Aufnahmen und alles in allem kann
man dem Film ohnehin nur ein ansprechend poliertes Äußeres attestieren. Regisseur Kim Tae-gyun ("Volcano High, "A Millionaire's First Love") vermag
es aber nicht, ein Drama zu schaffen, das sich jenseits des offensichtlichen Herz-Schmerzes bewegt, und das obwohl die Prämisse des Films eine
ernste und ehrlich dramatische Beschäftigung mit der Nord-Süd-Teilung hätte bieten können. Besonders der Umstand, dass "Crossing" etwas mutiger
ist in seiner Darstellung der Grausamkeiten des Lebens, verdient ein paar Worte des Lobs. Dass dies nur dafür verwendet wird, dem Zuschauer
ein paar Tränen abzuringen, hinterlässt aber einen sehr faden Beigeschmack.