Story: Pang (Edison Chen) hat seit seiner Kindheit in Kambodscha, wo er gezwungen wurde an illegalen Kämpfen
teilzunehmen, nur das Töten kennengelernt. Nun wird er nach Hong Kong geschickt um dort eine Frau umzubringen. Die
ermittelnden Beamten Wai (Sam Lee) und sein Vorgesetzter (Eddie Cheung Siu-Fai) kommen dem Täter sehr bald auf die
Spur, doch nachdem Wai mitansehen muss wie einer seiner Partner mit unglaublicher Kaltblütigkeit von Pang umgebracht
wird, setzt er sich von den anderen Beamten ab. Pang ist zwar erneut den Fängen der Polizei entkommen, aber Wai hat
seine eigenen Ermittlungsmethoden. Nachdem er aus seinen Informanten rausgeprügelt hat, wo sich Pang versteckt hält
will er ihn stellen.
Mittlerweile hat Pang Unterschlupf bei einer illegal eingewanderten Chinesin (Pei Weiying) gefunden, dessen Vater sie
missbraucht hat. Dafür, dass Pang ihren Vater getötet hat, ist die Festlandchinesin Pang sehr dankbar und hilft ihm
fortan mit aufopferungsvoller Hingabe. Pang entwickelt tatsächlich Gefühle für das Mädchen und willigt auf ihr Bitten
ein sie mit nach Kambodscha zu nehmen. Jedoch ist ihm Wai immer noch auf den Fersen und dieser hat überdies fast
völlig die schmale Linie überschritten, die ihn von Pang unterschieden hat. Wai wird genauso wenig Gnade walten lassen
wie Pang, wenn sie sich das nächste Mal über den Weg laufen...
Kritik: Hong Kong ist bekannt dafür, dass es gerade in den Neunzigern einige äußerst düster-nihilistische
Werke zustande gebracht hat. "Dog Bite Dog" ist die Rückkehr zu diesen Zeiten und setzt sogar noch einen drauf.
Unbarmherzig und kompromisslos wird hier eine solch düstere und gewalttätige Welt dargestellt, dass es für den
Zuschauer manchmal schon unerträglich wird. Abstoßend und schmutzig sind nicht nur die Schauplätze, sondern auch
die Charaktere, denn "gute" Menschen wird man hier vergebens suchen. Der Film ist so intensiv und konsequent in
seiner Unbarmherzigkeit, dass man allerdings gar nicht anders kann als gebannt vor dem Bildschirm zu sitzen und
dieses wahrlich außergewöhnliche Werk zu bewundern.
Schon die Farbgebung des Films bereitet uns darauf vor was uns erwartet. In grau und dunklen Gelb-Tönen gehalten
wirkt das hier gezeigte Hong Kong wie eine einzige Müllhalde. In der Wahl der Schauplätze spiegelt sich das ebenfalls
wieder. Alles ist hier irgendwie schmutzig, kaputt, chaotisch und schummerig erleuchtet. Gerade die vielen dunklen
Bilder und der Umstand, dass sich der Film hauptsächlich nachts abspielt tragen enorm zu diesem beinahe schon
Endzeitsszenario zu nennenden Setting bei.
Die Soundeffekte sind überdies ebenfalls sehr gut gelungen. Wenn sich Wai und Pang gegenseitig anspringen und sich die
Kehle rausbeißen wollen, dann bildet man sich nicht nur ein das Knurren von aggressiven Hunden zu hören.
Der Soundtrack passt sich dazu mit dem Summen einiger dumpfer Männerchore perfekt in das Bild.
Was wirklich beeindruckend ist, ist jedoch die Brutalität und die Schonungslosigkeit mit der diese gezeigt wird.
Es gibt Filme die blutiger sind als "Dog Bite Dog", aber nur sehr wenige die brutaler sind. Die Kaltblütigkeit mit
der Pang langsam ein Messer in den Hals seines Opfers stößt lässt einen vor Entsetzen fast schon erstarren. Es ist
besonders die Sinnlosigkeit dieser Taten, die einen nur verzweifelnd mit dem Kopf schütteln lassen.
Doch auch den anfänglichen "Sympathieträger" Wai verlieren wir schnell an diese grausame Welt. Er verprügelt mit
seinen Partnern Informanten nur um danach erst die richtigen Fragen zu stellen! Die moralischen Bedenken waren bei
Wai ohnehin sehr gering, verschwinden aber schließlich völlig. Dafür gibt es zwar auch eine Erklärung in seiner
Hintergrundgeschichte, aber das macht es nicht besser. Zumal keiner der Nebencharaktere nicht ebenfalls starke moralische
Defizite aufweisen würde.
Am Ende findet man sich in der ungewohnten Lage wieder sich den Tod aller im Film Beteiligten zu wünschen. Aber
mitansehen müssen will man es trotzdem nicht. Pang ist ein Tier, ein Hund, der darauf abgerichtet wurde ohne Grund
und Sinn alles in seinem Weg abzuschlachten, wenn es seinem eigenen Überleben auch nur im Geringsten dienlich ist. Mit
eingestreuten Dokumentarfilmausschnitten wird uns gezeigt unter welchen Bedingungen Pang aufgewachsen ist, aber immer
wenn wir anfangen mit ihm Mitleid zu haben tötet er jemanden so grausam brutal, dass er dieses auch schnell wieder
verliert. Das trifft ebenso auf die "Liebesgeschichte" mit der illegalen Einwanderin zu. Hier wirkt er manchmal fast
schon menschlich, aber letztendlich bleibt er was er ist: ein Tier.
Gegen Ende scheint es dann jedoch fast schon so als wenn Pang gelernt hätte ein Mensch zu sein. Mit seiner Freundin kann
er sich zwar kaum verständigen, aber er war sowieso nie ein Mann vieler Worte, und so wirkt diese Beziehung ziemlich
glaubwürdig. Doch diese fast schon positiven Bilder mögen irgendwie nicht in den Film passen und so wird uns schnell
klar, dass diese Bilder lediglich dazu dienen die folgende Katastrophe noch gewichtiger erscheinen zu lassen. Und dem ist
dann auch so. Eine gewisse Ironie spiegelt sich beim letzten Showdown dann nicht nur darin wieder, wie Wai schließlich
Pang gefunden hat, sondern auch in dem Song "You are my Sunshine", das in starkem Kontrast zu dem steht was wir
tatsächlich zu sehen bekommen. Ein Song wie dieser passt einfach nicht in einen solch düsteren Film, aber das macht
sich Regisseur Cheang Pou-Soi zu Nutze und macht daraus einen interessanten Kunstgriff. Und es ist zum Glück nicht
der einzigste.
Die Regie von Cheang Pou-Soi ("Love Battlefield", "Home Sweet Home") ist grandios und erschafft eine Welt, bei der es
einem schon physische Schmerzen bereitet nur einen Blick auf sie werfen zu müssen, so düster-nihilistisch und brutal
ist sie.
Edison Chen ("The Twins Effect", "Initial D") nutzt diesen Film um sein gutaussehender-Junge Image abzustreifen und das
gelingt ihm recht gut. Er liefert keine schauspielerische Meisterleistung ab, aber seine Kaltblütigkeit kommt sehr
gut rüber. Wahrscheinlich seine bisher beste Rolle.
Sein Gegenspieler in Form von Sam Lee, der bisher eigentlich immer eher für die Comedy-Rollen verantwortlich war, spielt
hier eindeutig alle anderen an die Wand. Sein Charakter befand sich ohnehin schon in einem amoralischen Sumpf aus Gewalt, doch
er versinkt immer tiefer darin und Sam Lee gibt dabei eine sehr glaubwürdige Darstellung ab.
Einzig schade ist, dass das Ende ein wenig zu viel des Guten ist und eben auch ein wenig zu forciert wirkt. Davon
abgesehen ist "Dog Bite Dog" jedoch ungemein packend, wenn auch gleichzeitig abstoßend. Viele werden mit dem Film
wegen seiner Unbarmherzigkeit und Düsternis nichts anfangen können. Es ist auch wirklich schwer sich darauf einzulassen,
aber die Faszination für dieses außergewöhnliche Werk bleibt zum Glück bis zum Schluss erhalten. Alles andere als ein
Familienfilm, wird dieses ungemein düstere und lebensverneinende Werk mit Sicherheit (und zurecht) seine Fans finden.
Eins erreicht "Dog Bite Dog" allerdings allemal: Das experimentelle und nihilistische Hong Kong Kino erlebt hier seine
Wiedergeburt.