Story: Im Jahre 1942 gehen im Ahn Seng Krankenhaus merkwürdige Dinge vor sich. Die Leiche eines japanischen
Soldaten wird gefunden, und schon bald findet der leitende Ermittler heraus, dass es sich bei dem Täter um einen Serienkiller
handelt.
Jung-nam (Jin Ku), ein Student der Medizin, hat aber ganz andere Probleme. Die Leiterin des Krankenhaus, die
für ihn wie eine Mutter ist, möchte ihn mit ihrer Tochter verheiraten, obwohl er diese noch kein einziges Mal gesehen
hat. Als dann die Leiche eines jungen Mädchens in die Autopsie kommt, geschieht etwas Merkwürdiges. Jung-nam verliebt
sich in die Tote...
Der Arzt Soo-in (Lee Dong-gyoo) kümmert sich währenddessen um das Mädchen Asako (Ko Joo-yeon), die von schrecklichen
Albträumen geplagt wird, nachdem sie die einzige Überlebende eines Autounfalls ist, bei dem ihre Eltern ums Leben
gekommen sind.
Doch auch die Ermittlungen um den Serienkiller gehen voran, denn der Neurologe Dong-won (Kim Tae-woo)
verdächtigt seine Frau In-young (Kim Bo-kyung). Manchmal findet er diese des Nachts nicht in ihrem Bett vor, und
was noch viel beunruhigender ist: Sie hat keinen Schatten...
Kritik: Es ist lange her, dass sich ein asiatischer Horrorfilm auf unbekanntes Terrain gewagt hat, um seine
Zuschauer zu schocken. Bisher ging es immer um Geister mit langen schwarzen Haaren, die uns mit einem ansteigenden
Musikpegel kurz erschrecken sollten, um uns dann mit der eigentlich immer gleichen Story um die Rache eines tragisch
gestorbenen Mädchens zu langweilen. "Epitaph" fühlt sich deshalb fast schon wie eine Erlösung an. Die Story wird zwar etwas
kompliziert und manchmal beinahe zu wirr erzählt, aber dahinter verbirgt sich eine intelligente, tiefgründige Geschichte
um den Tod, Liebe und Schuld. Eigentlich handelt es sich um drei Geschichten, die sich alle in einem Krankenhaus
abspielen, das mit den großartigen Sets ein nostalgisches, nicht näher beschreibbares Gefühl aufkommen lässt, und
uns tatsächlich in die 40er Jahre Koreas entführen kann.
Besonders beeindruckend ist nämlich die wunderschöne Cinematographie und die vielen Feinheiten, auf die hier geachtet
wurden. "Epitaph" beweist sich damit als in vieler Hinsicht lohnenswerter Film, der uns tatsächlich all das bieten kann,
was wir uns von einem Horrorfilm wünschen.
Es ist nicht zu leugnen, dass "Epitaph" einen an "A Tale of Two Sisters" erinnern muss. Doch das ehrt den Film, denn
auch wenn er nicht ganz an die Klasse dieses Meisterwerks herankommt, so begeistert er eben durch eine ähnlich
bezaubernde Bildkomposition. Die Bilder wirken alle überraschend romantisch und gar verträumt. Was auch kein Wunder ist,
da der Film selbst auch eine Mischung aus Horrorfilm und Liebesdrama ist. Natürlich überwiegt der Horroranteil, aber
gerade das Motiv der Liebe wird in seinen verschiedenen Formen sehr gekonnt in den Film eingearbeitet, und steht sogar
in jeder der Geschichten im Vordergrund.
Die traumhaften Bilder stechen mit Szenen einer schneebedeckten Kleinstadt der 40er Jahre, und vor allem dem Set des kleinen
Krankenhaus, das mit seinen schweren Holzdielen und den reich verzierten Möbelstücken fast schon ein sehr warmes, aber
eben auch ein bedrückendes Gefühl auslösen kann, hervor. "Epitaph" wird deshalb auch oft, und keineswegs unpassend, als
Gothik-Horrorfilm beschrieben. Darüber hinaus gibt es auch einige Traumsequenzen, die durch viel
Einfallsreichtum in Erinnerung bleiben können.
Eine Szene, in der das Leben eines Paares in Umrissen umschrieben wird, spielt z.B. in einem japanischen Zimmer in dem
sich hinter den Protagonisten die Shoji-Türen öffnen, um uns dahinter einen Einblick in ihr späteres Leben zu geben,
woraufhin sich die Türen dahinter auch wiederum öffnen um einen erneuten Zeitsprung zu machen.
Technisch ist der Film also wirklich top! Gerade der wunderbar komponierte klassische Soundtrack, der viele
verträumte Stücke beinhaltet, trägt sehr zur außergewöhnlichen Magie des Films bei. Denn wie gesagt beweist sich
"Epitaph" oft als ein Film über die Sehnsucht der Charaktere nach Liebe. Eine Liebe, die so stark ist, dass sie einen in
diesem Fall sogar in einen Albtraum hinabreißen kann.
Horrorfans werden demnach ebenfalls völlig auf ihre Kosten kommen. Es ist lange her, dass mir ein Film eine dermaßen
starke Gänsehaut verpassen konnte. Dabei sind es oftmals die subtilen Szenen, die besonders intensiv geworden sind,
und weniger die Schreckmomente, in denen uns Geister in den verschiedensten Formen anspringen. Aber auch letztere
Szenen erweisen sich als ungemein effektiv, und manchmal sogar originell.
Eine Szene, die in Erinnerung bleibt, ist als Dong-won bemerkt, dass seine Frau keinen Schatten hat. Besonders wegen
der filmischen Expertise, die hier angewandt wurde, erweist sich die Szene als unwahrscheinlich gruselig. Dong-won
bewegt eine Lampe durch das Zimmer, und die Schatten, die fast schon wie lebende Wesen durch das Zimmer kriechen, geben
dieser Szene eine tolle Dynamik, die in starkem Kontrast zur bewegungslosen In-young steht, die eben keinen Schatten wirft.
Auch die weiteren Szenen mit ihr werden durch schöne Special Effects begleitet, die sie tatsächlich niemals mit einem
Schatten auftreten lassen.
Die Geschichte um Asako ist mit Sicherheit die horrorlastigste, was gerade an der schönen darstellerischen Leistung von
Ko Joo-yeon liegt, die den Horror und die Albträume des kleinen Mädchens einfach hervorragend glaubwürdig erscheinen
lässt. Ihr Blick, als sie von der Dunkelheit verschluckt wird und panisch zur letzten Lichtquelle flieht, ist einer den
man nicht so schnell vergisst. Davon abgesehen kann "Epitaph" aber auch sehr blutig sein. Er deckt eigentlich jedes
Gebiet des Horrors ab. Und so gibt es auch ein paar kleinere eklige Szenen mit abgetrennten Köpfen etc. zu sehen.
Ein großes Problem hat "Epitaph" allerdings. Die manchmal recht konfus erzählte Story. Man hat es nicht immer leicht ihr
zu folgen, was auch daran liegt, dass der Film oftmals durch mehrere Zeitebenen springt, oder auch einfach mal unangekündigt
eine Traumsequenz beinhaltet. Außerdem sehen wir viele Bilder immer nur aus der Sichtweise eines bestimmten Betrachters,
so dass wir uns nie wirklich sicher sein können, was wir gerade eigentlich warum zu sehen bekommen. Des Weiteren dauert
es eine Weile bis uns bewusst wird, dass hier nicht eine Geschichte erzählt wird, sondern mehrere, die lose durch das
gleiche Motiv, dasselbe Krankenhaus und ein paar Charaktere miteinander verbunden bleiben. Das wird uns erst relativ spät
wirklich klar, und dann stört es auch, dass es keinen Charakter gibt, der uns als Identifikationsfigur dienen kann. Aber
alles in allem kann der Film als Ganzes doch zusammenhalten. Das war keine leichte Aufgabe, doch es ist den Regisseuren,
die sich selbst "Jung Brothers" nennen, gelungen.
Die sehr unstrukturiert wirkende Geschichte macht erst am Schluss wirklich Sinn, und man muss den gesamten Film vor
seinem inneren Auge noch einmal abspielen lassen um bestimmte Aspekte erst richtig verstehen zu können. Am besten ist es
man schaut den Film gleich noch ein zweites Mal, denn erst dann treten gewisse Wahrheiten erst richtig zu Tage.
"Epitaph" spielt gekonnt mit den Erwartungen des Zuschauers und kann uns deshalb auch mit einigen Enthüllungen positiv
überraschen. Die Story ist komplex und intelligent, so dass man die Ganze Zeit damit zu tun hat ihr aufmerksam zu folgen.
Langeweile kommt also nicht auf, besonders nicht da einen die Schockmomente immer wieder aufschrecken lassen.
Das Erstlingswerk der Brüder Jung kann wirklich begeistern, gerade da einen viele der albtraumhaften, eigensinnigen, aber
immer schönen, und manchmal sogar romantischen Bilder beindrucken können.
Die Geschichten um Liebe zwischen Leben und Tod sind abwechslungsreich und passen trotzdem zusammen. Die verstörenden
Bilder sind künstlerisch sehr ausgefeilt und können auch jeden Horrorfan überzeugen. "Epitaph" verbindet somit gekonnt
Horror mit Drama, und wunderschöne Cinematographie mit toller Musik, so dass man am Ende einfach nur positiv überascht sein
kann. Trotz etwas wirr erzählter Story bleibt deshalb ein Werk, das wahrlich etwas Besonderes darstellt. Seit "A Tale
of Two Sisters" der wahrscheinlich intelligenteste und schönste Asien-Horrorfilm den ich gesehen habe. Da bin ich auch
gerne bereit mal etwas großzügiger Punkte zu vergeben.