Story: Kang-jae (Choi Min-shik) ist Mitglied einer Gangsterorganisation, die von seinem besten Freund
angeführt wird. Obwohl Kang-jae und sein Boss zusammen die Organisation aufgebaut haben, fristet Kang-jae ein Leben
als low-life-Gangster. Das liegt daran, dass er sich gegen andere nicht durchsetzen kann, da er im Herzen ein
zu gutmütiger Mensch ist. So führt Kang-Jae ein bemitleidenswertes Leben und ist sogar bereit für seinen Freund und
Boss die Schuld an einem Mord auf sich zu nehmen.
Währenddessen reist die junge Failan (Cecilia Cheung) nach dem Tod ihrer Eltern nach Korea. Die Tante, bei der sie
unterkommen wollte wohnt dort aber schon längst nicht mehr, sondern ist nach Kanada gezogen. Auf sich alleine gestellt
möchte Failan in Korea Arbeit finden, doch dazu benötigt sie erstmal eine längere Aufenthaltsgenehmigung.
Kang-jae,
der sich etwas Geld dazuverdienen möchte, geht daraufhin eine Scheinehe mit Failan ein, ohne sie jemals gesehen zu haben.
Einige Zeit später steht die Polizei vor Kang-jaes Tür und teilt ihm mit, dass seine Frau gestorben ist. Während
Kang-jae die Formalitäten erledigt, fallen ihm einige Briefe von Failan in die Hände. Darin dankt sie ihrem "Mann"
für alles, was er für sie getan hat. Kang-jae, der seine "Frau" niemals zu Gesicht bekommen hat, fängt nach ihrem
Tod an tatsächlich Gefühle für sie zu entwickeln...
Kritik: "Failan" schafft, was auf den ersten Blick unmöglich anmutet. Es wird eine Liebesgeschichte frei von
Klischees und übertriebener Melodramatik erzählt, die auf zwei verschiedenen Zeitebenen stattfindet und deren Liebende
sich nie wirklich begegnen!
Die Geschichte, die auf einem Roman Jiro Asadas beruht, wurde 1995 bereits erfolgreich mit dem Titel "Love Letter"
von Shunji Iwai verfilmt. Die koreanische Version kann jedoch für sich alleine stehen, braucht sich keineswegs
vor seinem japanischen Vorbild zu verstecken und ist in einigen Belangen sogar besser.
Herzzerreißend und bittersüß wird uns eine Geschichte rund um Einsamkeit, Sehnsucht und Hoffnung erzählt. Dabei fängt
"Failan" eigentlich relativ simpel an. Wir werden in das Leben Kang-jaes eingeführt, lernen die Gangster kennen, mit
denen er zu tun hat und erfahren auch sonst viel über seine Lebensumstände.
In Kang-jaes Leben scheint so gut wie
alles was nur schiefgehen kann auch schiefgegangen zu sein. In der Tat nimmt sich der Film so viel Zeit mit Kang-jae,
dass es gut 37 Minuten braucht, bis der Name "Failan" auch nur fällt! Etwas ungewöhnlich, aber nicht weiter störend,
denn ab hier werden wir mit der Nachricht von Failans Tod, in deren Leben eingesogen. An dieser Stelle gibt es immer
wieder Flashbacks zu Failans und Kang-jaes Vergangenheit. Anfangs mag das alles ein wenig verwirrend sein,
da wir im Falle Kang-jaes immer ein paar Sekunden brauchen, bis wir wissen, ob wir uns nun in seiner Vergangenheit oder
Gegenwart befinden, aber mit der Zeit werden diese Sprünge immer eindeutiger.
Genau das ist es auch, was den Film so besonders macht. Die Story ist für ein Liebesdrama recht komplex und die
Erzählstruktur trägt auch nicht gerade dazu bei, dass alles leicht verständlich ist. Aber Regisseur
Song Hae-sung geht mit so viel Feingefühl an die Materie heran, dass es für den Zuschauer schlussendlich ein Leichtes
ist, der verstrickten Geschichte zu folgen. Dabei wird auf viele Details geachtet, wie z.B. der Schal, den Failan
von ihrem Mann bekommt oder ein einziges Foto, das sie von ihm hat und sich einrahmt. Es sind die unbedeutenden
Dinge, die nicht nur das Liebesdrama zwischen den beiden Hauptakteuren, sondern auch die Bilder des Films selbst
mit einer inneren Schönheit erfüllen,
trotz aller Feindseligkeit und Trauer, die in dieser Welt stellenweise herrschen.
Song Hae-sung fängt in simplen, aber dennoch bedeutungsvollen Bildern das Geschehen ein und greift dabei nur selten auf
kleinere Kunstgriffe zurück. So sind z.B. selten einige Szenen kurz in Schwarz-weiß. Ansonsten muss man dem Regisseur
noch ein Lob für die gekonnten und ineinander übergreifenden Übergänge von Vergangenheit und Gegenwart aussprechen.
Mit der passenden Musik bekommt der Film dank all dieser Feinheiten eine äußerst dichte Atmosphäre, die einen trotz
des eher langsamen Erzähltempos nicht aus dem Bann lässt und zu keinem Zeitpunkt unnötige Längen aufweist.
Doch all die Glaubwürdigkeit, die mit der Geschichte und Erzählstruktur versucht wird aufzubauen, hätte nicht
funktioniert, wenn die beiden Hauptdarsteller nicht so hervorragend gewählt worden wären. Ihnen ist es zu verdanken,
dass die Liebesgeschichte jenseits von Raum und Zeit steht und dennoch glaubhaft wirkt. Die einzige Verbindung, die
zwischen den beiden herrscht sind ein paar Briefe, Fotos und ein gemeinsamer "Freund". Und trotzdem kommen sich die
beiden immer näher, obwohl einer von den beiden schon tot ist!
Zuerst muss natürlich Choi Min-shik erwähnt werden, der so etwas wie den Robert de Niro oder Al Pacino Koreas
darstellt, auch wenn der Vergleich stark hinkt. Mit "Oldboy" sollte er dann schließlich seinen absoluten Durchbruch
erlangen. Doch schon in "Failan" zeigt er all sein schauspielerisches Talent. Als bemitleidenswerter Kleinkrimineller
sehen wir mit der Zeit immer mehr von seiner weichen Seite. Die immer stärker werdenden Gefühle für seine tote
Frau werden von ihm in bedeutenden Szenen, als er die Tote identifizieren muss, als Einziger an ihrer Trauerfeier
teilnimmt oder den letzten Brief von ihr zu lesen bekommt, beeindruckend dargestellt. Choi ist ein Meister der Emotionen
und das zeigt sich aufs Deutlichste.
Etwas verwundert war ich schon, dass Cecilia Cheung in einem koreanischen Film mitspielt. Immerhin handelt es sich aber
auch um eine koreanisch-chinesische Co-Produktion. Aber wie sollte die Sprachbarriere überwunden werden? Schließlich
spricht sie kein Wort Koreanisch. Ganz einfach, Cecilia spielt eine Einwanderin, die erst mit der Zeit und ganz
gebrochen ein paar Worte koreanisch spricht. Ansonsten drückt sie sich einfach mit Hilfe ihres schauspielerischen
Talents aus.
Hat sie dieses denn, fragt ihr? Und wie!
Auch ich kannte sie vorher nur aus Filmen wie "Tokyo Raiders" oder
"Wu Yen". In späteren Filmen wie "Running on Karma" oder "The White Dragon" hat sie ja ebenfalls nicht unbedingt mit
schauspielerischer Grandiosität geglänzt. Das ist aber nicht ihre Schuld, sondern die der Produzenten, die
anscheinend immer nur
anspruchslose Rollen mit ihr besetzen. Ihre Leistung in "Failan" hat mich nämlich
vom Hocker gehauen.
Die Intensität, mit der Cheung diese junge schüchterne Frau darstellt, die Dankbarkeit, die sie
Kang-jae entgegenbringt, die kleinen Gesten und Mimiken, mit denen sie unendlich viele Gefühle zum Ausdruck
bringen kann, ist einfach überwältigend. Die Hoffnung, die sie mit ihrem Charakter verkörpert und die Worte, die sie
in simpelsten, sich wiederholendem und gebrochenem Koreanisch in Briefen an ihren Geliebten richtet, sind einfach
bewegend. Ich hoffe, dass Cecilia Cheung in Zukunft wieder in ähnlich anspruchsvollen Rollen zu sehen sein wird, denn
dass sie das Können besitzt, zeigt sie hier auf beeindruckende Weise. Für ihre Darstellung von Failan hätte sie eine
Auszeichnung verdient!
"Failan" ist ein ausgefallenes und intensives Liebesdrama, das das Leben zweier Menschen beleuchtet, die keine Zukunft
haben und dennoch in ihrer Liebe zueinander die Zeit überwinden können. Es ist nicht nur ein Film über verpasste
Gelegenheiten, sondern auch über Sehnsucht und Hoffnung. Da schon relativ früh klar ist, dass
Failan tot ist, kann man natürlich kein Happy End erwarten und dennoch kann man aus dem herzzerreißenden Schmerz etwas
Wundervolles mitnehmen.
Eine tolle Story und zwei wunderbare Darsteller verleihen dem Film eine unterschwellige Magie und machen ihn somit
zu einem Must-See!