Story: Sozaburo Kano (Ryuhei Matsuda) und Hyozo Tashiro (Tadanobu Asano) werden in die Shinsengumi aufgenommen. Eine Miliz, die
Ende des 19. Jahrhunderts für das Shogunat Recht und Ordnung schützt. Commander Kondo (Yoichi Sai) und Captain Hijikata (Takeshi Kitano) stellen die
beiden persönlich ein. Doch Kanos weibliche Züge und Unnahbarkeit lassen schon bald Gerüchte in Umlauf geraten. Man erzählt sich, dass sich
Kano für Männer interessiert und einige Männer innerhalb der Shinsengumi interessieren sich ebenfalls für den hübschen Knaben. An allererster Stelle
steht Tashiro, doch auch hochrangige Mitglieder haben ein Auge auf ihn geworfen. Kano scheint Tashiro zurückzuweisen, doch es spricht sich dennoch
herum, dass die beiden ein Liebespaar sind. Gleichzeitig hat Kano eine Affäre mit jemandem, der eines Tages tot aufgefunden wird. Hijikata
will den Mörder ausfindig machen und wundert sich gleichzeitig darüber, wie nachsichtig selbst sein Vorgesetzter Kondo mit Kano ist. Es scheint
kaum jemanden zu geben, der nicht dem Charme des jungen Mannes erliegt.
Kritik: In vielerlei Hinsicht waren die Erwartungen an Nagisa Oshimas Film "Gohatto" sehr hoch. Der Regisseur, der uns das
berühmt-berüchtigte "In the Realm of the Senses" beschert hat, kehrt hier nach 13 Jahren Drehpause und einem Schlaganfall hinter die Kamera
zurück. Das Endergebnis ist, um es schlicht zu sagen, ernüchternd. Es können noch so viele Kritiker darauf hinweisen, wie tiefgründig der Film ist,
Fakt bleibt, dass "Gohatto" uns zum Großteil schlichtweg Antworten schuldig bleibt und uns mit dem, was er zeigt, keineswegs dazu bewegen kann, die
Geschehnisse auf dem Bildschirm zu interpretieren. Auch wenn Oshimas Werk ohne Zweifel seine Stärken hat, liegen diese nicht wirklich in der zu
minimalistisch geratenen Geschichte.
Wer hier einen Chambara-Film erwartet, wird ohnehin enttäuscht werden. Schwertkämpfe gibt es wenige und meistens in einem Dojo. Um diese geht es
hier auch gar nicht, es muss allerdings angemerkt werden, dass diese als Extra durchaus begeistern können, da sie in langen Aufnahmen und ohne einen
einzigen Schnitt aufgenommen wurden. Dass der Film in der Edo-Periode spielt, ist jedoch nicht weiter von Belang. Oshima verlagert seine Geschichten
gerne in die Vergangenheit, um moderne Probleme zu behandeln. Was jetzt aber genau die Essenz seines Filmes ist, bleibt schwierig zu beantworten.
Dass Liebe eine destruktive Kraft innewohnt? Dass sie mit Untreue, Verrat und Neid einhergeht? Das ist nicht wirklich etwas Neues und zeigt einmal
mehr, wie sehr Oshima hier fehlgeht zu glauben, etwas Außergewöhnliches zu kreieren.
Genau genommen wird die Thematik recht oberflächlich behandelt und keinesfalls so intelligent, wie man uns glauben machen will. Die Beziehungen der
einzelnen Personen sind nicht angemessen ausgestaltet. Das fällt lediglich nicht auf, weil "Gohatto" voller großartiger Darsteller ist. Den
Charakteren haftet immer etwas Undurchschaubares an, das ebenfalls einen Spiegel der Tiefgründigkeit darstellen soll. Mit den eingeblendeten
Texttafeln und diversen Zeitsprüngen wird uns außerdem vermittelt, dass wir hier eine Geschichte präsentiert bekommen, an deren Ende uns eine neue
Erkenntnis erwartet, die wir mit uns nehmen können. Aber Oshima lässt uns über vieles im Dunkeln und erwartet von uns Interpretationen, die im
Endeffekt wesentlich unspektakulärer ausfallen, als zuerst angenommen.
Diese Enttäuschung erwartet uns gerade gegen Ende. Selbst nach einem zweiten Mal sehen, erwarten einen keine großen Antworten und dennoch gibt einem
"Gohatto" immer das Gefühl, dass man irgendetwas verpasst, irgendetwas nicht verstanden hat. Aber es ist klar, warum Soji am Ende zurückgeht. An anderer
Stelle ist es nicht wichtig, wie wir interpretieren, und so lässt uns das Ende mit einer herben Enttäuschung zurück. Merkwürdig ist auch die historische
Ungenauigkeit. In militärisch aufgebauten Apparaten gab es schon immer homosexuelle Liebe. In Japan galt es zudem als normal, wenn ein Krieger einen
Jüngling unter seine Fittiche nahm und diese sich Bruderschaft und Treue schworen. Er lehrte ihn alles, was er wusste, und die beiden hatten ebenso ein
sexuelles Verhältnis, das normalerweise mit der Volljährigkeit des Jungen endete. Dieses "shudo"-Verhältnis war weit verbreitet und so muss man sich
fragen, warum es in "Gohatto" zwar nicht als Tabu, aber doch als leicht abwegig betrachtet wird.
Trotz allem liegt in "Gohatto" eine stille Schönheit, die einen fesseln kann. Die wunderschönen Sets und Aufnahmen stellen die wahre Stärke des
Films dar und in den Bildern liegt eine Macht, die man nicht leugnen kann. Die großartigen Darsteller tragen ebenfalls zur Klasse des Films bei.
Dieses Besondere, das einem die Bilder, aber auch die Geschichte versprechen, bleibt jedoch aus und das ist es, was unweigerlich frustrieren muss.
"Gohatto" ist keineswegs ein schlechter Film und bietet genügend Gründe, gesehen zu werden, aber im Endeffekt versagt er doch gerade bei seiner zu
oberflächlich geratenen Geschichte.