Story: Oh Seung-min (Eom Tae-woong) ist ein Talentmanager und scheint mit seiner neuesten Entdeckung endlich großen Erfolg feiern zu
dürfen. Allerdings bekommt er bald ein Video auf sein Handy geschickt, das seine Klientin, eine aufstrebende Schauspielerin, in für ihre Karriere
ungünstigen Positionen zeigt. Seung-min wird erpresst, doch er kann die Originale des Videos schließlich durch Gewalt in seine Hände bringen.
Kurz darauf verliert er jedoch sein Handy, auf dem immer noch das Video gespeichert ist. Da außerdem alle seine Termine in dem Handy vermerkt sind,
schlittert der Manager in eine ernste Krise, bis sich ein unbekannter Mann, Lee-gyu (Park Yong-woo), bei ihm als Finder des Handys meldet. Obwohl
der Mann immer wieder beteuert, dass er das Handy zurückgeben will, spannt er Seung-min weiter auf die Folter, bis er schließlich einige
Bedingungen an die Rückgabe knüpft. Der unzufriedene Angestellte einer Kaufhauskette benutzt Seung-min, um sich an einigen seiner Kunden zu rächen und
scheint außerdem ein Interesse an Seung-mins Frau (Park Sol-mi) zu haben. Mit der Zeit wird das Spiel, das die beiden spielen, immer tödlicher.
Kritik: "Handphone" ist ein rasanter Thriller, von dem man sich gute, aber seichte Abendunterhaltung verspricht. Doch mit der Zeit wird man
sich als Zuschauer bewusst, dass etwas mehr hinter dem Film steckt. Eine Aussage über die (koreanische) Gesellschaft, die sich nicht nur auf das
Handy als technisches Mittel, dem wir zu viele Aspekte unseres Lebens anvertrauen, beschränkt, denn obwohl das bei dem Titel des Films zu erwarten
wäre, könnte der Regisseur doch nicht wirklich etwas Neues auf diese Weise schaffen. Stattdessen nimmt er die beiden Protagonisten seines Films
als Abziehbilder der Gesellschaft und stellt sie uns auf zynische, bitterböse Weise entgegen, in der Erwartung, dass wir uns verpflichtet fühlen,
uns mit ihnen zu identifizieren. Tatsächlich tun wir ihm sogar den Gefallen, müssen dann aber feststellen, dass es in "Handphone" keine klare
Unterscheidung zwischen Bösewicht und Helden gibt. Eine der größten Stärken des Films, die den Thriller mit voranschreitender Minute immer spannender
und vielschichtiger werden lässt.
Eigentlich macht der Film von Anfang an keinen Hehl daraus, dass Seung-min ein schmieriger Typ ist, dem nur daran gelegen ist, Karriere zu machen,
ob das nun heißt, sich bei anderen einzuschleimen, oder mit drastischen Mitteln bei Schwächeren das zu erzwingen, was er benötigt. Darüberhinaus
vernachlässigt er seine Frau, sodass diese sogar eine Affäre mit jemand anderem eingeht, und die diversen Warnsignale, die sie ihm schickt, ignoriert
er geflissentlich. Trotzdem fiebern wir mit ihm, als er sein Handy verliert, und als sich der Unbekannte bei ihm meldet, ist für uns ganz klar, dass
es sich bei diesem um einen durchgeknallten Verrückten handelt, der wahrscheinlich ein Serienkiller ist, vor dem Seung-min seine Frau retten muss,
wobei er dann am Ende als geläuterter Mann aus der Geschichte herauskommt. Das ist der Moment, in dem man als Zuschauer etwas das Interesse an dem
Film verliert, aber das ist gar nicht gerechtfertigt, denn "Handphone" entwickelt sich in eine ganz andere Richtung.
Gut ist böse und böse ist gut, jedenfalls haben beide Protagonisten Motive für ihr Handeln, auch wenn diese nicht direkt sofort ersichtlich sind.
Was mit dem simplen Verlust eines Handys beginnt, schaukelt sich immer weiter hoch, Seung-min befreit sich aus der Rolle der Opfers und wird
zum Täter, und das, obwohl das gar nicht nötig wäre, da Lee-gyu ohnehin selbst ein Opfer der Gesellschaft ist. Die Szenen, in denen er sich von seinen
Kunden erniedrigen lassen muss, weil eben der Kunde König ist, bringen ihm unser ganzes Mitleid ein und das Benehmen der Kunden entspricht dabei leider
in absoluter Weise dem der meisten Koreaner, sodass man hier eine Antipathie gegenüber der ganzen Gesellschaft bekommen muss. Einige weitere kleine
Aspekte kommen mit der Zeit dazu und zeichnen ein Bild von Lee-gyu, das wir anfangs so nicht von ihm gehabt haben. Das Handy, das er gefunden hat,
ist für ihn lediglich eine Möglichkeit, einmal selbst derjenige zu sein, der das Sagen hat. Dass wir seine Motivation verstehen können, macht seine
Taten nicht besser, aber glaubwürdiger.
Der Thriller entwickelt sich in einem rasanten Tempo, obwohl man als Zuschauer anfangs etwas genervt darüber ist, dass Lee-gyu nicht einfach das
Handy zurückgibt und dass Seung-min sich so einfach an der Nase herumführen lässt. Aber das ändert sich schließlich und die Dinge erweisen sich
glücklicherweise als komplexer als zuerst angenommen. Interessant ist, dass es in dem Film einige Entwicklungen gibt, die man so nicht vorhersehen
kann. Darunter zählen auch einige Fehler, die die Protagonisten machen. Lee-gyu erwähnt z.B. dass die letzten Ziffern der Telefonnummer Seung-mins
seinem Nummernschild entsprechen, aber der Talentmanager geht dieser Spur nicht nach, da er es anscheinend einfach überhört oder vergessen hat.
Außerdem gibt es eine kleine eingeschobene Szene beim Arzt, die uns später auf eine falsche Fährte locken kann, aber um überhaupt auf diese falsche
Fährte zu gelangen, muss man einer augenscheinlich unwichtigen Szene Beachtung schenken. Gerade der aufmerksame Zuschauer wird damit in "Handphone"
seinen Spaß haben können.
Regisseur Kim Han-min hat mit "Paradise Murdered" nur einen soliden Thriller abliefern können, in "Handphone" überzeugt aber vor allem ein
gut durchdachtes Drehbuch und eine Welt, in der es lediglich Grautöne gibt. Dazwischen kingt immer noch etwas Gesellschaftskritik mit an. Getragen
wird der Film von zwei hervorragenden Darstellern. Park Yong-woo ("Blood Rain", "My Scary Girl") kann dabei sogar oft seinen Schauspielkollegen
Eom Tae-woong ("Chaw", "Forever the Moment") übertrumpfen, da sich die Verteilung gut und böse am Ende doch noch etwas entwickelt. Allerdings muss
angemerkt werden, dass das Ende mit einem unnötig langen Epilog aufwartet. Die Entwicklungen und Wendungen im Finale sind sehr willkommen und bringen
auch noch einiges an Drama in den Film, aber "Handphone" geht mit dem unnötig langen Epilog langsam der Akku zur Neige, wenn man es so ausdrücken
will. Davon abgesehen erweist sich Kim Han-mins Film allerdings als Überraschung, die mit dreidimensionalen Charakteren und bitteren Entwicklungen
aufwarten kann, welche man so sonst wohl nur in einem Hong Kong Film zu sehen bekommt. Ein gelungener Thriller.