Story: Im Jahre 1630 setzt in Japan eine Periode des Friedens ein. Zum Leidwesen der Samurai, denn diese haben nun nicht mehr viel zu
tun. Die besonders unglücklichen unter ihnen dienen auch keinem Herren mehr und müssen sich mit ihrer verlorenen Ehre durch das Leben schlagen. Deshalb
kommt es immer häufiger vor, dass sich Ronin, herrenlose Samurai, bei einem wohlhabenden Herrscher vorstellen und um Erlaubnis bitten, bei ihm Seppuku, die
rituelle Selbsttötung, zu begehen. In vielen Fällen wollen sich die Herrscherhäuser nicht um so etwas kümmern müssen, können die Bitte aber nicht einfach
abschlagen, da sie sonst ihr Gesicht verlieren würden. Also werden die Ronin mit einer Anstellung oder ein paar Münzen davon überzeugt, es sich noch einmal
anders zu überlegen. Das hat jedoch zur Folge, dass vermehrt Ronin auftauchen, die auf diese Weise um Geld betteln. Der junge Samurai Motome (Eita) ist einer
von ihnen, aber der stellvertretende Herrscher des Hauses (Kôji Yakusho), bei dem er vorstellig wird, will dieser Form des Bettelns einen Riegel vorschieben
und ein Exempel statuieren. Er gewährt Motome die Bitte. Kurze Zeit später taucht der Samurai Hanshiro (Ebizô Ichikawa) mit der gleichen Bitte auf. Es
stellt sich jedoch heraus, dass er und Motome eine gemeinsame Vergangenheit haben.
Kritik: Aus irgendeinem Grund hat es sich Regisseur Takashi Miike in letzter Zeit zur Aufgabe gemacht, kommerziellere oder zumindest nicht mehr
ganz so radikale Filme wie "Ichi - The Killer" oder "Visitor Q" zu drehen. Sein letzter Film "13 Assassins" drehte sich ebenfalls um die Samurai, doch diesmal
geht der Ausnahmeregisseur wesentlich ruhiger und subtiler an seine Thematik heran. Er präsentiert ein Remake des Dramas "Harakiri" aus dem
Jahre 1962, das sich mit der Scheinheiligkeit des Ehrenkodex der Samurai auseinandersetzt. Die Tragödie im Film wird in ruhigen Bildern präsentiert und ist
frei von jeglichen kontroversen Ideen, die Miike normalerweise in seine Filme verbaut. Damit erweist sich das Drama auch als recht ambitioniert und
mit genug technischer Finesse gedreht, um auch einem breiten Publikum zugänglich zu sein.
Die Geschichte des Films basiert auf einem Roman von Yasuhiko Takiguchi und demnach ist sie auch recht intelligent gestrickt. Erzählt wird die Geschichte
hauptsächlich in Rückblenden, in denen uns in ruhigen Bildern das ganze Ausmaß der Tragik um Motomes Selbstmord klar wird. Während der Samurai für uns
anfangs nur ein Bettler ist, der sich mit seinem Trick etwas verkalkuliert zu haben scheint, lernen wir die Gründe kennen, die ihn zu dieser verzweifelten
Tat getrieben haben. Ohne zu viel zu verraten, sei angemerkt, dass für Motome so ziemlich alles schief läuft, was schief laufen kann. Er ist ein Mann,
der in bitterster Armut lebt, obwohl er gebildet ist und kleinen Kindern Unterricht im Lesen und Schreiben erteilt. Er kann seine Frau und sein Kind nicht
versorgen und als diese krank werden, nimmt das Unglück seinen Lauf.
Der Originaltitel des Films lautet eigentlich übersetzt "Ein Leben" und genau um dieses geht es hier auch. Motomes Leben wird durch den Ehrenkodex der Samurai
zerstört und auch wenn die Szenen in der Mitte des Films manchmal fast schon zu sentimental wirken mögen, nimmt das Schicksal um Motomes Familie äußerst
stark mit. Dafür sorgen auch die guten Darsteller wie Eita ("Memories of Matsuko", "Nodame Cantabile") oder der ehemalige Kabuki-Schauspieler
Ebizô Ichikawa, der starke Leinwandpräsenz beweist. Das Drama wird dabei an den richtigen Stellen von einem passenden Soundtrack aus der Feder von
Ryûichi Sakamoto ("Appleseed") begleitet, allerdings ist auch nicht zu leugnen, dass "Hara-Kiri" immer mal wieder etwas an Tempo verliert und auf der
Stelle tritt. Dass es sich hierbei um keinen Actionfilm handelt, ist von Anfang an klar, aber die Laufzeit von 126 Minuten scheint doch etwas
zu gutmütig bemessen.
Die für Miike typisch gewalttätigen Szenen gibt es diesmal nicht zu sehen, mit einer Ausnahme. Als Motome Seppuku begehen soll, muss er dies mit seinem
eigenen Wakizashi machen. Allerdings hat Motome seine Schwerter für Geld verkaufen müssen und so besitzt er nur Holzklingen. Dennoch wird darauf bestanden,
dass Motome mit dieser "Klinge" Seppuku begeht. Auch wenn wir eigentlich nicht viel sehen, so ist es doch gerade die Imagination und die guten Soundeffekte,
die diese Szene bis in eine unerträgliche Länge ausdehnen. Am Ende gibt es tatsächlich doch noch einen Schwertkampf, allerdings ist dieser recht
unspektakulär. Regisseur Miike interessiert sich diesmal nicht für Effekthascherei, sondern stellt wirklich ein ehrlich gemeintes und gelungenes
Drama auf die Beine.
Besonders gut gelungen sind die Bilder. Kinematograph Nobuyasu Kita ("Shinjuku Incident", "13 Assassins") liefert ganze Arbeit ab und lässt die Bilder
ein gewisses Gewicht bekommen. Warum der Film allerdings in 3-D gedreht wurde, entzieht sich meinem Verständnis. Dennoch bleibt "Hara-Kiri" ein visuell
wunderbares Drama, das mit der Zeit an Tiefe gewinnt und mit seiner tragischen Geschichte um Ehre, Rache und einem verstaubten Moralkodex bewegen kann.
Takashi Miike hat sich schon immer an allen möglichen Genres versucht, aber "Hara-Kiri" ist sein bislang vielleicht konventionellster und ruhigster Film.
Das steht ihm keinesfalls schlecht und lässt auf weitere Filme dieser Art hoffen.