Story: Ho-jun (Kim Jae-rok) ist ein arbeitsloser Filmprofessor, der sich von seiner Frau getrennt hat. Er lebt zurückgezogen in einem
kleinen Appartement und hat schon eine Weile lang nicht mehr sein Kind gesehen. Im Moment möchte er aber nur alleine gelassen werden. Eines Tages
sperrt er sich jedoch versehentlich in sein Badezimmer ein und scheint dort seine letzten Stunden verbringen zu müssen. Glücklicherweise kommt Gye-sang (Kang Ji-Hwan),
einer der Zeugen Jehovas, die er vor kurzem von seiner Tür abgewimmelt hat, genau zu jenem Zeitpunkt vorbei und rettet ihn. Ho-jun ist ihm dankbar
für das, was er getan hat, aber deswegen ist er noch lange nicht bereit, sich zu irgendeinem Glauben überreden zu lassen. Dennoch zeigt der von der
Gesellschaft ausgestoßene Ho-jun seine Dankbarkeit, indem er den jungen Mann Teil seines Lebens werden lässt und mit ihm einige Dinge unternimmt.
Auch Gye-sang wird von der Gesellschaft nicht akzeptiert. Bei ihm ist der Glaube daran schuld. So suchen die beiden bei sich gegenseitig etwas,
das sie in dieser Welt schon lange nicht mehr erfahren haben: Verständnis.
Kritik: Regisseur Shin Dong-ils Debutfilm ist ein etwas überambitioniertes Drama über zwei Individuen, die sich in Zeiten der Rezession
auf der Verliererseite wiederfinden. Das größte Problem des Films ist, dass Shin in zu viele Richtungen gleichzeitig arbeitet. Er verarbeitet Themen
wie Religion, Politik und Filme in seinem Werk und lässt dabei zu sehr offen, welche Absichten er damit verfolgt. Am Ende weiß man nicht, wie das
Ganze zusammenpassen soll. Vielleicht wollte der Regisseur auch einfach nur einen Film über eine wachsende Freundschaft zweier komplett gegensätzlicher
Charaktere drehen und dabei einige seiner Gedanken auf Celluloid bringen. Dass sich das Endprodukt dabei inkohärent anfühlt, sollte dann nicht
verwundern. Natürlich bedeutet das nicht, dass die Probleme, die Shin in seinem Film anspricht, uninteressant wären, aber sie stehen nicht im
Kontext eines größeren Ganzen, was dem Film viel von seiner Kraft nimmt.
Ho-jun ist ein verbitterter Mann, dessen Tag schon damit anfängt, dass er von verschiedenen Seiten belästigt wird. In seinem Briefkasten findet er
ständig die Tageszeitung seines Vormieters, auf sein Handy rufen irgendwelche Sexlines an und vor der Tür stehen die Zeugen Jehovas. Also ein ganz
normaler Tag eines Durchschnittsbürgers. Nur ist Ho-jun gerade in einer Phase, in der er nicht sehr leicht mit solchen Belästigungen umgehen kann.
Durch einen unglücklichen Zufall, der allerdings selbst im Rahmen eines Films etwas zu zufällig wirkt, schließt sich Ho-jun im Bad ein und wird von dem
Mann, den er zuvor gerade von seiner Tür verscheucht hat, weil er "eine gute Nachricht" für ihn hatte, gerettet. Danach entfaltet sich aber keine
religiöse Umkehrung Ho-juns, weil Gott Gnade mit ihm hatte, auch wenn Gye-sang das vielleicht gerne so gehabt hätte, sondern wir werden Zeuge, wie
sich die beiden Männer langsam einander annähern. So verschieden wie die beiden auch sein mögen, sie teilen den gleichen Schmerz und erhoffen sich
voneinander Kraft zu finden, weiterzuleben.
Ho-jun ist wirklich kein einfacher Geselle. Er kann sehr aufbrausend sein und so gibt es auch einige Ausbrüche, in
denen er sich z.B. über die Politik diverser Kinopaläste aufregt oder in einer äußerst lustigen Szene in
einem Taxi mit einem Mitfahrer eine Prügelei beginnt, weil sich der ältere Herr neben ihm überschwenglich positiv
über die Politik von George W. Bush äußert. Überhaupt scheint Shin Spaß daran zu haben, bei jeder Gelegenheit
über Bush herzuziehen und es sei ihm natürlich absolut gegönnt, doch bleibt es fraglich, inwieweit das in den Kontext
des Films passt. Immerhin gibt Ho-jun auch einige spitze Bemerkungen zum Thema Nord- und Südkorea, doch das alles
vermischt sich mit Dialogen über Religion und eine Gesellschaft, in der Ungleichberechtigung an der Tagesordnung
ist. Es sind in der Tat interessante Dialoge, aber sie wirken oft etwas zu aufgesetzt. Das alles geht auch soweit,
dass wir am Ende gar nicht genau wissen, was uns Regisseur Shin jetzt eigentlich mit all dem sagen wollte.
Oder gibt es letztlich gar keine Aussage?
Es ist leicht, sich mit Ho-jun zu identifizieren, da er sich kaum vom Durchschnittsbürger unterscheidet. Vielleicht
doch darin, dass er im Leben an einem Punkt angekommen ist, an dem er seinem Frust endlich Luft verschaffen muss. Das passiert
nicht immer bei passenden Gelegenheiten und retrospektiv ist ihm dies auch durchaus bewusst, aber für seine aufbrausende
Art können wir ihn dennoch nicht verurteilen. Das Leben behandelt ihn nicht fair, doch dass er damit nicht alleine
dasteht, muss er auch erst erfahren. Er zergeht zu oft in Selbstmitleid, worauf ihn sein neuer Freund auch an einer
Stelle besonders effektiv hinweist. Leute wie er reden viel, lassen aber wenige Taten folgen. Doch Gye-sang lässt ihn
die Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten, auch wenn es ein paar Themen gibt, bei denen sie überhaupt nicht
überein kommen können, wie z.B. Religion. Kang Ji-hwan ("Rough Cut") schafft es als schüchterner junger Mann, der etwas
verdreht von seiner Religion scheint (obwohl dies nicht ausschließlich bei Religionen anzutreffen ist, sondern bei allem,
was in irgendeiner Form fanatisch betrieben wird), immer wieder zu beweisen, dass er sein Herz am rechten Platz
hat, womit wir uns auch mit ihm identifizieren können.
Bei all der Zeit, die sich der Film nimmt, um die beiden Charaktere vorzustellen und sie in diversen Dialogen über
dieses und jenes diskutieren zu lassen, wundert es doch, dass "Host and Guest" am Ende plötzlich das Tempo extrem
anzieht und eine Wende nach der anderen einarbeitet. Dabei stellte der Film mit seinen ungefähr 90 Minuten doch
noch genügend Spielraum zur Verfügung, um das Ende etwas besser abzurunden. Vielleicht war das aber auch gar nicht machbar.
Da uns nicht klar wird, was genau der Regisseur hier am Ende eigentlich mit auf den Weg geben will, scheint
es, dass er es selbst nicht so wirklich wusste. Das ist schade, denn so ergeben sich am Ende unnötige lose Fäden und
Frust beim Zuschauer, da er nicht weiß, worauf der Film abzielte.
"Host and Guest" mag anfangs als ruhiges und recht gelungenes Drama über eine sich entfaltende Freundschaft
zwischen zwei gegensätzlichen Individuen punkten, verliert sich aber am Ende in Bedeutungslosigkeit, da hier plötzlich
gewaltsam zu viel Bedeutung forciert werden sollte, die nur zwecklos in der Luft verpufft.