Story: Miki (Yuki Amami) lebt in einem abgelegenen Dorf auf der Insel Shikoku. Dort arbeitet sie in einer
alten Mühle, wo sie auf traditionelle Weise mit Pflanzen Papier herstellt. Als eines Tages Akira (Atsuro Watabe)
in das Dorf kommt, weil er dort als neuer Lehrer arbeiten soll, verliebt er sich in Miki, die doch um einige Jahre
älter ist als er. Ihre Familie leidet jedoch unter einem Fluch. Die weiblichen Mitglieder des Familienclans
Bonomiya haben schon seit Generationen die Aufgabe auf eine Urne aufzupassen, in der ruhelose Hunde-Geister, die
Inugami, hausen. Nun ist es Mikis Aufgabe diese Waldgeister zu besänftigen, allerdings verliert sie sich zu sehr
in ihrer neuen Beziehung mit Akira. Miki wird von Tag zu Tag jünger, während die Dorfbewohner plötzlich von Alpträumen
heimgesucht werden und es zu einigen "Unfällen" kommt.
Die Dorfbewohner machen Miki und ihren Fluch dafür verantwortlich, dass es in dem Dorf immer mehr Opfer der Geister
des Waldes gibt. Akira steht seiner Freundin zur Seite und gerät dabei immer wieder an Takanao (Kazuhiro Yamaji), der
der frühere Freund von Miki war. Während die Stimmung in dem Dorf zu kippen droht, muss Akira noch einige andere
erschütternde Dinge über Miki erfahren...
Kritik: "Inugami" ist ein interessanter Versuch, neuen Wind in das japanische Horror-Genre zu bringen. So reitet
man hier nicht auf der Welle der damals noch frischen "The Ring"-Welle, sondern kommt gänzlich ohne das schreckliche
Mädchen mit den schwarzen langen Haaren aus. Vielmehr stehen hier Shinto-Rituale, Religion, Naturgeister, Sekten und
Inzest im Vordergrund. Dabei erweist sich der Film zwar nur als halb so gruselig als man sich vielleicht erhofft
hätte, dafür wird hier aber ein schönes, düsteres und mystisches Horror-Drama um Liebe und traditionelle
Geistergeschichten präsentiert. Am Ende verliert sich der Film zwar in einem unnötig verstrickten und zuweilen
unstrukturiertem Drehbuch, an anderer Stelle wird man aber mit wunderbar verträumten Naturaufnahmen entschädigt.
Ein wenig sollte man sich schon für den Mystizismus der traditionellen Geistergeschichten interessieren um an diesem
Film seine Freude haben zu können. Ich für meinen Teil war schon nach kurzer Zeit gefangen in der hier geschaffenen
Welt der Religion, Spiritualität und Naturgeister. Teilweise mag sich die Story um Hundegeister, die in
einer Urne gefangen gehalten werden und immer wieder besänftigt werden müssen, etwas lächerlich anhören, aber der
Film schafft es mit seiner dichten Atmosphäre eine gewisse Glaubwürdigkeit aufrecht zu erhalten. Die Natur wird hier
als etwas Lebendiges dargestellt, das Geister ausschickt um sich an den Menschen zu rächen. Und fanatische Religiöse
finden sich in dem kleinen Dorf zusammen um gemeinsam gegen diese mit generationen-alten Shinto-Ritualen anzukämpfen.
Aberglaube und die Isolation der Protagonisten stehen hier im Vordergrund des Geschehens und nicht etwa rachehungrige
Geister. Das stellt eine willkommene Abwechslung dar.
Überdies, weiß der Film, der auf einem Roman von Masako Bando basiert, durch einige gut ausgearbeitete Nebencharaktere
zu überzeugen, wie z.B. dem Jäger oder Takanao und Rika.
Unglücklicherweise bekommt der Zuschauer aber selbst auch viel von der angesprochenen Isolation zu spüren. Das extrem langsame Tempo
wird irgendwann gegen Mitte ermüdend und als die Ereignisse dann etwas schneller über den Bildschirm huschen,
verliert man leider etwas den Überblick. Das liegt auch an der irritierenden Erzählweise und dem Umstand, dass wir
uns einfach nicht mit den Charakteren identifizieren können oder sollen. Dabei kann man sich eigentlich gar nicht
über die schauspielerischen Leistungen der Darsteller beschweren. Yuki Amami und Atsuro Watabe geben eine schöne
Darstellung ab und auch die Nebencharaktere sind gut besetzt worden. Es ist nur so, dass man niemals mit ihnen
leiden oder fiebern kann.
Gegen Ende bekommt die Story einige dramatische Twists, von denen allerdings ein paar recht gut vorauszusehen sind,
da Andeutungen nicht gerade spärlich gesäht sind. Überdies geht es auch um ein paar schockierende Themen wie
Inzest und Opferungen, doch geht das alles erstaunlich unbeeindruckend an uns vorbei. Im herkömmlichen Sinne gibt
es hier auch nichts ernsthaft Gruseliges anzutreffen. Es ist nur die Mystik der Bilder, die oftmals für ein ungutes
Gefühl im Magen sorgt.
Daneben gibt es aber erstaunlich viel Erotik in "Inugami", auch wenn man hier nichts Außergewöhnliches vorfinden wird.
Schön ist auch, dass es ein paar etwas lustigere Momente gibt, die dennoch nicht in Kontrast zu der beklemmenden
Atmosphäre stehen. Trotzdem erweist sich das extrem gemächliche Tempo als größte Schwäche des Films und so sollte
man schon ein bisschen Geduld mitbringen, wenn man Freude an den wirklich sehr schönen Bildern haben will.
Was die Szenerie angeht, so hat Regisseur Masato Harada ("Kamikaze Taxi") wirklich ein großartiges Auge für die
richtigen Drehorte bewiesen. Die Natur, der Wald, die Holzhütten, das alles scheint erfüllt von einem geisterhaften
Leben und dennoch erzeugen diese Dinge beim Zuschauer meistens kein ungutes Gefühl, sondern entführen uns in eine
melancholische und trotzdem friedliche Welt. Leider schienen dem Regisseur die wunderbaren Bilder aber wichtiger zu
sein als die Story und so verläuft sich hier vieles im Sand oder wird einfach unzusammenhängend abgehakt. Wir haben
hier eine versteckte Ödipus-Geschichte, Inzest wird thematisiert und dennoch wird hier nichts tabuisiert. Provokativ
und interessant, aber leider bleibt Harada hier nicht am Ball, sondern konzentriert sich mehr darauf, schöne
Spielereien, wie die schwarz-weiß Szenen als es zum Massaker bei einem Ritual kommt, und tolle Bildern einzubauen.
Das macht "Inugami" mit seiner viel zu lang wirkenden Laufzeit zu einem unnötig frustrierendem Filmerlebnis.
Wem die Visualität wichtig ist, der ist hier genau richtig, denn selbst die unwichtigen Szenen, wie die in der
Miki Papier fertigt, sind mit erstaunlicher Intensität eingefangen. Der Kontrast zwischen Natur und Technik wird hier
in einigen Szenen, in denen Computer zu sehen sind besonders klar herausgearbeitet, da diese hier einfach unwahrscheinlich
deplatziert wirken. Harada schafft beeindruckende Bilder, nutzt sie aber nur selten dazu seinen Film als Ganzes
außergewöhnlich zu machen. Die Story, sowie einige Anspielungen und Symbole sind sehr schön und gerade der Mystizismus
weiß zu gefallen. Leider kann man aber gegen Ende einfach nicht mehr in den Film finden. Die Story ist zu
wirr erzählt und das Werk wirkt als Ganzes einfach zu sehr in die Länge gezogen.
Geduldige Zuschauer werden aber trotzdem ein ordentliches Horror-Drama vorfinden, das als gelungene Abwechslung zum
japanischen Horror-Alltag bestehen kann. Das Potenzial von "Inugami" wurde aber leider bei weitem nicht ausgeschöpft.