Story: Sayo Kashima (Miyoko Akaza) kommt mit ihrer Familie in ein Dorf. Dort versuchen vier Schwindler die
Veränderungen im Land für sich zu nutzen und die Dorfbevölkerung um ihr Geld zu bringen. Die Schwindler halten
Sayo und ihre Familie für Regierungsangehörige und töten sie auf brutale Weise. Nur Sayo wird am Leben gelassen,
vergewaltigt und von einem der Männer als Frau genommen. Nachdem Sayo ihren Peiniger töten konnte, kommt sie ins
Gefängnis. Dort verführt sie alle Männer um schließlich schwanger zu werden. Ihre Tochter, das sie das Kind der
Unterwelt, Yuki (Meiko Kaji), tauft, soll ihren Rachefeldzug zu Ende bringen. Sayo stirbt nachdem sie Yuki zur Welt
gebracht hat, und Yuki wird daraufhin von einem Priester aufgenommen, der sie zur Assassine ausbildet.
Jahre vergehen und Yuki konnte endlich hilfreiche Informationen über den Verbleib der restlichen drei Peiniger
ihrer Mutter ausmachen. Sie bekommt außerdem indirekte Hilfe von dem Reporter Ryurei Ashio (Toshio Kurosawa), der
ihre Geschichte veröffentlicht und damit Sayos Peiniger aus ihren Verstecken hervorlockt. Und so nimmt Yukis blutiger
Rachefeldzug seinen Lauf...
Kritik: "Lady Snowblood" ist ein Klassiker seiner Zeit und ist heutzutage dank Quentin Tarantinos "Kill Bill"
auch ins Blickfeld vieler Nicht-Asienfilmfans gerückt. Die Story erweist sich als typische Rachegeschichte, war
aber gerade damals mit seinem Augenmerk auf schönen Stil Vorreiter für viele weitere Filme dieser Art. Gerade der
explorative und überzeichnete Gebrauch von Gewalt und Blut, welches in Fontänen über den Bildschirm spritzt, waren
richtungsgebend und bezeichnend für die japanische Filmindustrie der 70er.
Natürlich ist eine gut erzählte Rachegeschichte immer sehr ansprechend, gerade wenn eine weibliche Heldin im Vordergrund
steht, doch leider ist der Film nicht ohne Fehler. Was dem Werk nämlich fehlt ist eine ordentliche Charakterentwicklung.
Yuki bleibt ein Kind der Unterwelt, das nach Rache sinnt, aber niemals in Zweifel über das gerät was sie eigentlich
macht. Sie wirkt immer kühl und tödlich, was schade ist, da der Film auch kurz darauf eingeht, wie Yuki wohl
weiterleben wird, wenn sie ihre Rache endlich vollendet hat. Doch das Thema bleibt nur kurz angerissen und weicht
einer im Kerne simplen Story über Rache, die allerdings durch einige schöne Twists und Erzähltricks aufgewertet wird.
"Lady Snowblood" basiert, wie könnte es auch anders sein, auf einem Manga von Kazuo Koike, der auch für die
"Lone Wolf And Cub" Serie verantwortlich ist. Dementsprechend stylish und originell sind auch viele der Ideen und
Charakterkonzepte. Yuki läuft immer in einem weißen Kimono herum, auf dem sich im Laufe des Films immer mehr Blut
ansammelt. Sie mag also zuerst wie ein reines Wesen aussehen, belehrt den Zuschauer und ihre Opfer aber schnell eines
Besseren. Die Poesie, die in dieser immer wieder auftauchenden Metapher steckt ist nicht zu leugnen. Es drängt sich immer
wieder das Bild von Schnee auf, der von Blut befleckt wird. Was uns auch zu einem weiteren Plus des Films bringt: Die
Bilder. Wir bekommen schöne schneebedeckte Straßen zu sehen oder herbstliche Naturaufnahmen. Auch bei den
Kamerawinkeln hat man sich einiges einfallen lassen und der Blick Sayos auf ihre vier Peiniger über ihr ist so fast
1:1 in "Kill Bill" wiederzufinden. Leider stört aber eine manchmal etwas wackelnde Kamera das Gesamtbild.
Aufgeteilt wird der Film in verschiedene Kapitel, die mitsamt Überschrift und Erläuterungen daherkommen. Interessant
ist auch die Art der Erzählweise. Ein Erzähler gibt uns immer wieder einen Überblick über die politischen Geschehnisse
in Japan Ende des 19. Jahrhunderts, und klärt uns dabei ebenso über die Hintergrundgeschichte Yukis auf. Veranschaulicht
wird das mit Standbildern und Zeichnungen. Das alles macht die Story interessanter und gibt dem Film außerdem einen
fast schon epischen Charakter. Des Weiteren gibt es ein paar schöne Enthüllungen und Twists, die den Film gerade
gegen Ende noch spannender machen. Das ist erfrischend, da der Film sich gerade am Anfang viel Zeit nimmt die
Charaktere vorzustellen.
Es gibt natürlich auch einige Kämpfe in "Lady Snowblood", doch fallen die meisten davon sehr kurz aus. Großartige
Choreographien gibt es nicht, aber dafür besitzen die Fights eine gewisse Eleganz, die im schönen Gegensatz zu der
überzeichneten Gewalt steht. Das Blut sieht hier besonders rot aus, spritzt in Fontänen und ist alles andere
als realistisch dargestellt. Hier zeigt sich dann eben auch, dass "Lady Snowblood" ein stylisher Unterhaltungsfilm
ist und auch nicht mehr sein will. Einen guten Magen sollte man aber schon haben, denn hier werden oftmals auch
Gliedmaßen vom Körper getrennt.
Allzu oft steht die Gewalt jedoch zu stark im Vordergrund. Die Bösewichte wirken viel zu platt und gerade beim Reporter
fällt auf, dass man sich hier bei der Charakterausarbeitung nicht viel Mühe gegeben hat. Nur Meiko Kaji kann ihrem
Charakter mit ihrem Schauspiel oft eine subtile Tiefe verleihen. Sie ist zwar eine Killerin, aber sie versucht sich
dennoch ihr Menschsein zu bewahren. Nur leider ist dieser schmale Pfad, den sie dort bewandert nicht weiter ausgearbeitet
worden.
"Lady Snowblood" hat viele gute Ideen und stylishe Aufnahmen, von denen Quentin Tarantino dann später die Rosinen
rausgepickt hat. Im Gegensatz zu so vielen anderen Regisseuren, die im Remake-Wahn heutzutage Hollywood mit Werken
überschütten, deren Originale in den meisten Fällen eh viel besser sind, macht Tarantino keinen Hehl daraus wo er
sich seine Inspiration herholt, und versucht mit seinen Filmen sogar die alten Klassiker mitzupromoten. Das ist
ihm hier gelungen und das ist auch gut so, denn "Lady Snowblood" liefert eine gute Rachestory, viel Blut, Style und ein
schönes Ende, das beweist, das Rache ein nicht enden wollender Kreislauf der Gewalt ist.
Wahrscheinlich werden viele hier nicht das beeindruckende Meisterwerk vorfinden, das sie erhofft hatten, dennoch
verdient "Lady Snowblood" auf jeden Fall den Titel des "Klassikers".