Story: Kenji (Tadanobu Asano) arbeitet in Bangkok in einer japanischen Bibliothek. Sein Leben besteht aus
Büchern. Dementsprechend still und zurückgezogen ist er. Etliche seiner Selbstmordversuche scheitern, da er einfach
nicht den Mut aufbringen kann sich selbst zu töten, oder immer wieder dabei gestört wird. Der einzige, der ihm öfters
mal Gesellschaft leistet ist sein Bruder, doch hilft dieser ihm keineswegs aus seiner Krise herauszukommen. Eines
Tages bringt Kenjis Bruder einen Freund mit, der sich jedoch als Auftragskiller entpuppt. Das Endresultat ist, dass
Kenji nun zwei Tote in seiner Wohnung hat.
Wieder bei einem Selbstmordversuch, diesmal auf einer Brücke, sieht Kenji Noi (Sinitta Boonyasak) und ihre
Schwester Nid (Laila Boonyasak), die in gerade diesem Augenblick von einem Auto überfahren wird. Noi sucht Trost und
Kenji kann nicht in seine Wohnung zurück, da er dort zwei Leichen liegen hat. Also fragt er Noi, ob er eine Weile
bei ihr wohnen kann. Diese hat nicht wirklich etwas dagegen und es zeigt sich sogar, dass sich die beiden trotz
anfänglicher Verständigungsprobleme sehr gut ergänzen.
Diese zwei einsamen Menschen erkennen langsam, dass sie etwas verbindet und Kenji sieht plötzlich einen Sinn im
Leben. Doch Noi geht in ein paar Tagen nach Japan und Kenji kann nicht mit ihr gehen...
Kritik: Seit "3-Iron" konnte mich kein ruhiges Art-House-Kino mehr so bewegen, wie die Geschichte von Kenji
und Noi. Das thailändische (und von Japan co-produzierte) Werk beweist, dass Thailand nicht nur Tony-Jaa-Fans mit
Meisterwerken versorgen kann. Regisseur Pen-Ek Ratanaruang zeigt hier, dass er ein Vorreiter des anspruchsvollen
Kinos aus Thailand ist, der hoffentlich einige Nachahmer finden wird.
"Last Life in the Universe" ist ein fast schon meditativer und verträumter Film, über den Sinn des Lebens, die
Einsamkeit und die Liebe. Die Liebesgeschichte ist glücklicherweise alles andere als kitschig und begeistert durch
das subtile, sowie anspruchsvolle Schauspiel der beiden Darsteller. Damit schafft der Film das was vielen anderen
Werken verwehrt bleibt, nämlich bewegend und zugleich ehrlich zu sein.
Tadanobu Asano stellt das bekannte Gesicht in dem Film dar, das auch noch von einigen anderen bekannten Darstellern
ergänzt wird. Hier sei vor allem auch auf Takashi Miikes Gastauftritt als Yakuza gegen Ende hingewiesen!
Asano spielt Kenji, einen exzentrischen jungen Mann, der einen Ordnungswahn hat, einen riesigen Berg an Büchern
in seinem Haus angesammelt hat und dessen Nebenbeschäftigung es ist sich umzubringen. Natürlich schafft er das nie.
Hier zeigt sich aber eine der Stärken des Films: der Humor. Denn auch wenn dieser subtil und mit Bedacht eingesetzt
ist, so ist dieser doch immer passend und hält einige großartige Szenen bereit, z.B. die in der Noi unter/hinter ihrem
Auto Kenji vorfindet und ihn fragt, was er da mache. Natürlich hatte er wieder vor sich umzubringen...
Doch warum sein Wunsch nach dem Tod? Ganz einfach; er sieht keinen Sinn mehr im Leben. Hier spielt die Parabel über
eine Eidechse in Form eines Kinderbuchs oder der Titel des Films selbst eine große Rolle. Kenji ist einsam.
Der aufmerksame Zuschauer wird aus dem Film viele Informationen herausholen können, die nur zwischen den Zeilen zu
lesen sind. So scheint es z.B. das Kenji mit seinem Bruder nach Bangkok geflohen ist, weil er den Triaden entkommen
wollte. Wahrscheinlich war er früher sogar selber einer von ihnen, man achte nämlich nur mal auf das Tattoo auf seinem
Rücken.
Nicht zu verachten ist außerdem die Darstellung von Sinitta Boonyasak, die Asano ein hervorragender Partner in der
Einsamkeit ist. Sie hat wohl wie ihre Schwester ebenfalls einen Job bei einem Begleitservice, möchte ihrem Leben aber
entfliehen, was durch ihre Liebe für das Hasch-Rauchen angedeutet wird.
Die Szenen zwischen ihr und Kenji sind fast schon magisch, dabei wird aber auf ausführliche Dialoge
verzichtet, was das zwischen-den-Zeilen-lesen umso wichtiger und reizvoller macht. Man braucht aber trotz der
ruhigen Natur des Films nicht zu befürchten, dass hier im Sinne eines Kim Ki-duk fast nur Stille zwischen den
beiden Hauptdarstellern herrscht. Nein, im Gegenteil ist Noi jemand, der sich sogar gerne unterhält. Dies muss sie dann
eben meistens in gebrochenem Englisch machen, genauso wie Kenji, denn sie spricht nur ein paar wenige Worte
Japanisch und er fast gar kein Thai. Trotzdem herrscht zwischen den beiden eine wundervolle Chemie.
Ratanaruang lässt gerne die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Es ist nicht immer klar, ob eine Szene
gerade nur der Einbildung Kenjis entspringt, wie z.B. die in der Noi in der Schuluniform ihrer Schwester neben ihm
sitzt, oder ob es sich eben um die Realität handelt. Selbst wenn die beiden dann schließlich die Nacht verbringen, dann
ist das auch nur durch Nois Satz "Du richst. Nimm ein Bad.", während sie in Unterwäsche neben ihm sitzt, angedeutet.
Der Zuschauer hat also sehr viel zu interpretieren, gerade nochmal was das Ende angeht. Doch ist das keinesfalls
frustrierend. Irgendwie macht alles schließlich Sinn, der Film hat mehrere Ebenen, die es zu interpretieren gilt und man
bekommt auch die nötige Zeit dazu.
"Last Life in the Universe" ist wie es sich für einen Film dieser Art gehört sehr ruhig und verträumt. Einige mag das
etwas langsame Tempo stören, aber eigentlich trägt das nur zur wunderbaren Atmosphäre des Films bei. Es gibt aber
eben auch großartig unaufdringlichen Humor, zum einen bzgl. Kenjis etlichen Fehlversuchen des Selbstmords, dann aber auch
z.B. in Form einer gekonnt eingebrachten Anspielung, bei der in einem Cut in der Bücherei ein Poster von "Ichi The
Killer" gezeigt wird. Ein Film, in dem eben auch Tadanobu Asano die Hauptrolle gespielt hat!
Der Film strotzt nur so vor wunderschönen Aufnahmen, die wie gesagt fast schon meditativen Charakter haben. Der
Regisseur weiß wie er seinem Film die nötige Glaubwürdigkeit verleiht und Christopher Doyle ("Hero") sorgt
hinter der Kamera für die richtigen Bilder. Ich kann immer noch nicht genau beschreiben was es ist,
das Doyles Bilder so magisch macht, aber vielleicht ist das ja eben auch ein Teil seiner Magie.
Ebenfalls sehr passend ist die verträumte Musik von Hualongpong Riddim, die einen in eine Welt von Einsamkeit und
Hoffnung entführt.
"Last Life in the Universe" bietet eine melancholisch-hoffnungsvolle dichte Atmosphäre und zwei Darsteller, die ihren
komplexen Charakteren immer die passenden Emotionen verleihen können. Pen-Ek Ratanaruang schafft ein Highlight des
romantischen Dramas, das auf jegliche Klischees verzichtet und einen sofort in seine Welt einsaugt. Der mitdenkende
Zuschauer wird an dem Film seinen doppelten Spaß haben und gerade das offene Ende kann begeistern, bringt es doch
die gesamte Atmosphäre des Films auf einen Punkt: bitter-süß und voller Hoffnung.
Wer sich nicht an einem etwas langsamen Tempo und einer minimalistischen Story stört, der wird von diesem
charaktererforschendem, nachdenklichen und vielschichtigem Meisterwerk begeistert sein.