Story: Ku (Kim Tae-woo) ist ein Regisseur, der Independent-Filme dreht. Diese gewinnen zwar im Ausland Preise und bringen ihm Ansehen bei
Filmkritikern ein, doch der große Publikumserfolg bleibt aus. Schließlich wird er als Richter in eine Jury berufen, um in Jecheon auf einem Filmfestival
Filme zu bewerten. Doch irgendwie schafft es der Regisseur, sich keine neuen Freunde zu machen. Die Leiterin des Festivals, Kong (Uhm Ji-won),
enttäuscht er schließlich aufs Schwerste, weshalb ihre Freundschaft zerbricht. Die meiste Zeit trinkt Ku mit Leuten, die er nur flüchtig kennt und
sieht sich Filme auf dem Festival an. Doch nachdem er die Freundschaft zu Kong und einem weiteren Freund, den er nach Jahren zufällig wiedertrifft,
zerstört, zieht sich der Regisseur zurück und geht nach Jeju. Dort soll er vor ein paar Studenten einen Vortrag halten. Danach gehen die Studenten
mit ihm und dem Professor etwas trinken und Ku trifft dabei den Maler No (Moon Chang-gil), der sein früherer Lehrer war. No lädt ihn am
nächsten Tag zum Essen ein, sodass Ku seine Frau kennenlernt. Bei dieser handelt es sich aber um Ko-soon (Ko Hyun-jung), die er vor einigen Jahren
selbst heiraten wollte. Sie hatte ihn abblitzen lassen, doch seine Gefühle für sie sind immer noch da und es sieht so aus, als wenn er einen
folgenschweren Fehler machen würde.
Kritik: Hong Sang-soo ist einer jener Filmemacher, die eigentlich immer dasselbe zu erzählen haben. Zumindest könnte man es so formulieren,
wenn man nicht viel von seinen Filmen hält. Tatsächlich scheint es so, als wenn es sich bei Hongs Filmen um ein einziges Werk handeln würde, das
sich durch verschiedene Episoden auszeichnet. Das bedeutet keineswegs, dass ein Film auf dem anderen aufbaut, es ist vielmehr so, dass sie alle
das gleiche Thema aufgreifen und geringfügig variieren oder es tatsächlich von einer leicht anderen Seite zeigen. Außerdem zeichnet die Filme
des Regisseurs eine gemeinsame Grundstimmung aus. Hong erforscht die Komplexität der menschlichen Gefühle, die manchmal ins Absurde abgleiten
können, aber genau das macht seine Filme so real. Wer versteht schon einen anderen Menschen wirklich? Die Momente, in denen man als Zuschauer nicht
weiß, ob man wirklich nachvollziehen kann, wie sich ein Charakter verhält, sind die, in denen man sich gleichzeitig denkt: "Ja, das ist das wahre
Leben, das sind wahre Emotionen."
Hong Sang-soos Filme ergeben keinen Sinn, sie wollen eigentlich gar nichts aussagen und nur eine Handvoll von Zuschauern sieht sie sich überhaupt
an. Wenn überhaupt, dann sind es die Filmkritiker und Festivalbesucher im Ausland, die seine Filme zu schätzen wissen. Dieses Bild zeichnet Regisseur
Hong auf oftmals erfrischend selbstironische Weise in dem Hauptprotagonisten Ku von sich selbst. Er sagt, dass er einzelne Dinge, die er
erforschen und
genauer beleuchten will, nimmt und sie zu einem Film zusammenbringt. Tatsächlich hilft "Like You Know It All" sehr, die Gedanken- und Gefühlswelt
des Regisseurs besser zu verstehen, denn er geht sehr ehrlich und auch selbstkritisch mit dem Thema des Filmemachens um. Und so wird klar, dass man
in jedem von Hongs Filmen eigentlich den Regisseur selbst zu sehen bekommmt. Hong Sang-soo erzählt jedes Mal seine eigene Lebensgeschichte. Wer
schon länger Hongs Filme sieht, muss sich zwar irgendwann fragen, ob der Regisseur nicht vielleicht seit geraumer Zeit auf der Stelle tritt, aber
in "Like You Know It All" gibt es genügend neue Aspekte, die das Bild des Regisseurs als Mensch und Künstler weiter komplementieren.
Nachdem uns Ku in einem Seminar und im weiteren Verlauf des Films ein wenig mehr von sich und seiner Motivation hinter dem Filmdrehen erzählt hat,
ist uns als Zuschauer auch ganz klar, dass wir von Hong Sang-soo keine Antworten zu erwarten brauchen. Er stellt die Fragen, beleuchtet Menschen in
ihrem natürlichen Umfeld und stellt die komplexen Beziehungen, die diese aneinander bindet, in den Fokus. Danach bleibt es dem Zuschauer überlassen,
etwas daraus zu machen. Das Angenehme an Hongs Filmen ist aber, dass seine Charaktere den Zuschauer emotional für sich beanspruchen.
Es gibt keine Mauer der emotionalen Kälte, die einem vom Film entfremdet, nein, stattdessen wirken die Charaktere sogar sehr sympatisch und das
obwohl sie sich durch allerlei Mängel und Charakterschwächen auszeichnen. Das lässt sie aber gerade so real wirken und der Zuschauer ist darum
bemüht, herauszufinden, warum diese Personen so sind, wie sie sind. Solange man keine klaren Antworten erwartet, kann man damit großen Spaß haben.
Wer sich wundert, warum in dem Film andauernd getrunken wird und sich fragt, ob so das Leben eines Regisseurs aussieht, dem muss gesagt sein, dass
so das Leben eines Koreaners aussieht! In der Tat, scheint Hong Sang-soo aber auch das Leben eines Künstlers genauer betrachten zu wollen. Ku
schafft es, seine Mitmenschen immer zum falschen Zeitpunkt vor den Kopf zu stoßen und alles falsch zu machen, was man falsch machen kann. Dabei
ruiniert er einige Freundschaften, doch man fragt sich oft, was er denn so falsch gemacht hat. Vielleicht verliert er an ein paar Stellen einfach
zu viele wahre Worte und verletzt damit die Leute um sich herum. Jedenfalls wird er andauernd beschuldigt, ein schlechter Mensch zu sein und einige
Leute wollen ihn sogar nie mehr wiedersehen. Für Ku kommt das immer sehr unvorbereitet und er versucht oft vergebens die Wogen noch einmal zu glätten.
Schließlich führt das dazu, dass er an sich selbst zweifeln muss und das, wo er doch anscheinend ohnehin auf einer Art Selbstsuche ist.
Hong Sang-soo sucht in der Figur Ku nach Liebe und vielleicht auch nach dem Seelenverwandten, bzw. nach der Bedeutung dieses Wortes. Die Frauen in
dem Film sind ebenfalls sehr interessant, da ein paar von ihnen erstaunlich stark sind und sich gerade was ihr Sexleben betrifft wie Männer verhalten.
Warum sollten sie auch nicht das dürfen, was auch Männer machen? In "Like You Know It All" gibt es außerdem keine Szenen, die vorhersehbar sind. Ein
Seitensprung
hat hier nicht die Folgen wie in einem typischen Drama, dafür sind die Charaktere zu interessant und die Beziehungen zu komplex und real. Auch wenn die
für Hong fast schon typische Zweiteilung des Films nach wie vor ein kleines Problem darstellt, sind wir immer gespannt, was denn als nächstes passieren
mag, denn wissen kann man das unmöglich. Besonders angenehm ist dabei der Humor, mit dem Hong oft sich selbst und die Filmindustrie auf die Schippe
nimmt. Ku ist auch einfach eine interessante Persönlichkeit.
Durch die eigentlich schon formlose Präsentation des Films entwickelt er eine ganz
eigene sehr angenehme Dynamik. Die guten Darsteller, bei denen der Regisseur keine Experimente eingeht und ihm bekannte Gesichter nimmt, können die
Beziehungen ebenfalls sehr glaubwürdig tragen. Damit liefert Hong erneut ein sehr interessantes Werk über das komplizierte Leben und die Beziehungen,
die man darin eingeht, ab.