Story: Inspector Ho (Andy On) kommt bei seinem Fall nicht weiter. Vor 18 Monaten verschwand Cop Wong bei einem
Routineeinsatz, und seitdem hat man keine Spur mehr von ihm gefunden. Allerdings wurden mit der Dienstwaffe von Wong
in letzter Zeit einige Verbrechen verübt. In seiner Verzweiflung wendet sich Ho an den in den Ruhestand geschickten
Inspector Bun (Lau Ching-Wan), den Ho als sein Idol ansieht. Ho muss allerdings mit der Zeit herausfinden, dass Bun
nicht nur einen sehr exzentrischen Charakter hat, sondern dass er auch verrückt zu sein scheint. Nicht nur, dass er
glaubt seine Frau May (Kelly Lin) sei immer noch an seiner Seite, sondern er sieht auch die verschiedenen inneren
Persönlichkeiten eines Individuums. Ho ist hin- und hergerissen zwischen dem Genie und Wahnsinn, der sich in Inspector Bun
vereint.
Bun hat schon bald eine Spur. Er verdächtigt Cop Chi-wai (Gordon Lam Ka-Tung), der damals mit Wong zusammen war als
dieser verschwand. Bun entdeckt, dass Chi-wai einen extrem komplexen Charakter hat, da er ganze 7 verschiedene
Persönlichkeiten in ihm sieht. Bun und Ho jagen den Beweisen hinterher, doch irgendwann ist sich Ho gar nicht mehr so
sicher, ob er überhaupt auf Buns Zurechnungsfähigkeit vertrauen darf...
Kritik: Wenn man an Johnnie To und Wai Ka-Fai denkt, dann muss man unweigerlich an ihre Produktionsschmiede
Milkyway Image denken. Viele kleine Meisterwerke wie "The Longest Nite" oder "Expect the Unexpected" haben sie uns mit
ihrer Produktionsfirma beschert, und für viele reicht es schon, ihr Logo am Anfang eines HK-Streifens zu sehen, damit das
Herz Freudensprünge macht. Wer natürlich bis vor einiger Zeit immer zu To und Wai dazugehört hat, ist ihr
augenscheinlicher Lieblingsdarsteller Lau Ching-Wan. In "Mad Detective" spielt Lau nach langer Zeit wieder einmal in
einem Milkyway Film mit, und beeindruckt dabei erneut mit seiner großartigen Schauspielkunst.
Alles in allem bietet Johnnie Tos und Wai Ka-Fais Werk, die hier auch als Regisseure fungieren, den Fans all das,
was sie sich wünschen, auch wenn sich jene, die nicht so vertraut sind mit der Art, wie To und Wai ihre Filme
drehen, sich vielleicht an der merkwürdig ironischen Art des Humors und abgedreht mystischen Elementen stören mögen.
Der Grundplot des Films ist eigentlich recht simpel. Ein Anfänger holt einen alten Hasen in den Polizeidienst zurück,
damit dieser ihm helfen kann einen Fall zu lösen. Originell ist das nicht, aber zum Glück geht es gar nicht um diesen
Plot im Film. "Mad Detective" dreht sich vollkommen um Inspector Bun und seine merkwürdigen Ermittlungsmethoden, oder
besser gesagt um seine "Fähigkeiten". Diese mögen übernatürlich anmuten, aber vielleicht sind die verschiedenen
inneren Persönlichkeiten, die Bun bei einem Individuum sehen kann auch nur Visualisierungen von Charaktereigenschaften,
die der Polizist durch Beobachtung und Deduktion ausfindig machen kann. Wir erfahren jedenfalls schon sehr früh, dass
Bun richtiggehend ein Rad abhat. Sich in einem Koffer ein Treppenhaus runterwerfen zu lassen, um sich besser in das
Opfer hineinfühlen zu können, ist ja noch irgendwie nachvollziehbar, aber sich für den Polizeichef als Geschenk für dessen
Ruhestand ein Ohr abzuschneiden, geht nun wirklich zu weit...
"Mad Detective" versucht dann eben auch mit dem Fakt, dass Bun nicht ganz zurechnungsfähig ist, zu spielen. Da wäre z.B.
seine Frau, die in Wirklichkeit gar nicht mehr an seiner Seite ist und er sich einbildet. Bun kann nicht mehr
zwischen Realität und Wunschdenken unterscheiden, doch scheint es ihm gerade dieser Wahnsinn zu erlauben, in die Köpfe
anderer Leute zu schauen. Hier wird es dann interessant, denn in dem Verdächtigen Chi-wai erkennt er gar einige
Persönlichkeiten. Man sollte sich auch nicht wundern, wenn man anstatt von Chi-wai sieben verschiedene Personen die
Straße runterlaufen sieht, denn oftmals zeigt uns der Film die Dinge aus der Sicht von Bun. Besonders lustig sieht
das natürlich aus, wenn man die sieben plötzlich in einen einzigen Wagen hineingequetscht zu sehen bekommt. Leider
hält der Film sich aber an anderer Stelle erstaunlich zurück in Bezug auf das Zeichnen von inneren Persönlichkeiten.
Hier hat man eindeutig Potential verschenkt, gerade in Bezug auf Inspector
Ho, dessen innere Persönlichkeit sich erst viel zu spät herauskristallisiert.
Der Rest des Films dreht sich dann natürlich darum, ob Bun nun tatsächlich Recht hat und Chi-Wai tatsächlich der
Täter ist oder ob er einfach komplett wahnsinnig geworden ist. Gerade ab der Mitte versuchen uns die Regisseure immer
mal wieder in diese Richtung zu lenken, z.B. durch das tatsächliche Auftauchen der ehemaligen Frau von Bun, aber
irgendwie mag es doch nie wirklich gelingen, dass wir Buns Genie in Bezug auf den Fall in Frage stellen. Vielleicht
liegt das auch an Lau Ching-Wans großartiger darstellerischer Leistung, die einen diesen am Rande des Wahnsinns
wandelnden Detective einfach vollkommen sympathisch erscheinen lässt. Lau spielt seinen Charakter schön abgedreht und
mit genügend Eigenheiten, dass wir ihn einfach liebgewinnen müssen. Dagegen wirkt Andy On ("New Police Story",
"Black Mask 2"), der Detective Ho spielt, leider sehr durchsichtig. Mit ihm können wir einfach nichts anfangen und
er bleibt ein platter Nebencharakter, der lediglich die Spannung durch sein Verhalten erhöhen soll. Denn schlussendlich
geht es nicht darum, ob der Zuschauer glaubt, dass Bun auf der richtigen Spur ist, sondern Ho. Dieser scheint aber
eben immer sicherer zu sein, dass Bun eine tickende Zeitbombe ist.
Als Bösewicht darf Gordon Lam zur Tat schreiten und macht dabei einen so guten Job als korrupter Polizist, dass für uns
eben nie ein Zweifel bleibt, dass er der tatsächliche Täter ist. Komplementiert wird die Schauspielriege durch
Milkyway-Gesichter Lam Suet, Eddie Cheung oder auch Kelly Lin.
Schlussendlich wirkt "Mad Detective" zwar etwas wirr, was bei Buns Innenleben kein Wunder ist, aber die Story bleibt immer recht
nachvollziehbar. Es ist bloß, dass wir gegen Ende immer weniger den Überblick darüber behalten sollen, ob Bun jetzt
nun Recht hat oder wahnsinnig ist. Das funktioniert leider nicht, da Lau Ching-Wan einfach zu charismatisch ist und
wir kaum Abneigung ihm gegenüber entwickeln können. Erst recht nicht, da die einzige Alternative der ungeschliffene
Sidekick von Bun, Inspector Ho, ist. Zum Glück bleibt der Film aber dennoch recht spannend und die Story erweist sich
als genauso abgedreht wie fesselnd. Gewürzt wird das Ganze noch von trockenem, schwarzem Humor und fertig
ist ein Film, der zwar nicht für jedermann sein mag, der aber durch seine Grundidee, eine gewisse Abstraktheit und
Milkyway Flair eine gute Portion Wohlwollen verdient hat und somit jedem HK-Filmfan mit einer Schwäche für das
Ungewöhnliche ans Herz gelegt sein soll.