Story: Ein terroristischer Anschlag auf die Baram-Brücke hält die Medien im Jahr 1994 in Atem. Schnell gibt es Gerüchte, dass
nordkoreanische Spione für den Anschlag verantwortlich sind und der Reporter Lee Bang-woo (Hwang Jeong-min) untersucht den Fall etwas genauer.
Zufälligerweise meldet sich genau dann ein alter Freund, Yoon Hyeok (Jin Goo), bei ihm und erzählt, dass er der Regierung geheime Dokumente
gestohlen habe und nun auf der Flucht sei. Die Dokumente sind auf Disketten, welche verschlüsselt sind, und so bleibt Bang-woo erst einmal nichts
anderes übrig, als auf anderem Weg an mehr Informationen zu kommen. Zusammen mit seinem Team bestehend aus dem immer höflichen Son Jin-gi (Kim Sang-ho)
und der aufgeweckten Seong Hyo-gwan (Kim Min-hee) beginnt der Reporter eine Verschwörung aufzudecken, die eine Schattenregierung hinter den offiziellen
Machthabern vermuten lässt. Bang-woo kommt auch der Entschlüsselung der Disketten immer näher, doch er begibt sich auf gefährliches Terrain bei seiner
Recherche. Nicht nur dass sein Telefon angezapft wird, er wird auch immer wieder von einer Bande von Schlägern aufgesucht. Schließlich muss er sogar
um sein Leben fürchten.
Kritik: Der Titel dieses Thrillers mag irritieren, denn tatsächlich hat "Moby Dick" von ein paar wenigen Anspielungen abgesehen kaum
etwas mit dem Klassiker von Herman Melville zu tun. Es handelt sich vielmehr um einen investigativen Thriller, in dem eine Schattenregierung genug
Stoff für Verschwörungsgeschichten liefert, um über 112 Minuten solide unterhalten zu können. Leider schafft es der Film nicht über dieses "solide"
hinaus zu kommen, denn dafür fehlt ihm einfach emotionaler Tiefgang und zum Teil auch der nötige Spannungsgehalt. Was "Moby Dick" aber durchaus faszinierend
macht, ist, dass er in den 90ern angesiedelt ist, und damit etwas Pseudo-Historisches in eine ansonsten vielleicht mittlerweile etwas zu abgedroschene
Geschichte einbringt. Es ist interessant zu sehen, wie man vor fast 20 Jahren noch nach einer guten Story recherchieren musste. Damals war noch
viel mehr Laufarbeit angesagt als heute und das sorgt auch für einige recht spannende Momente.
Das besondere Flair des Films zeigt sich in Szenen, in denen eine Computerdiskette lediglich durch ein vierstelliges Passwort gesichert ist und man
uns anscheinend keine hanebüchene Erklärung für irgendeinen Algorithmus auftischen kann, der das Passwort sofort knackt. Hier wird stupide durch Eingabe
ausprobiert, die Drucker lassen ebenfalls Nostalgie-Gefühle aufkommen und am Bahnhof gibt es ewig lange Schlangen vor den Münzapparaten! Mobiltelefone
gibt es eben noch gar nicht so lange. Anscheinend aber hippe Frisuren, die sich aus welchen Gründen auch immer aus der Neuzeit in die Vergangenheit
gerettet haben. Wie dem auch sei, dieser Rahmen gibt dem Film etwas Spezielles, ohne den man "Moby Dick" wahrscheinlich auch schnell wieder vergessen
würde. Denn davon abgesehen, fehlt es der Geschichte irgendwie an Originalität und auch die Charaktere lassen etwas Farbe vermissen.
Hwang Jeong-min ("Blades of Blood") übernimmt die Hauptrolle und kommt recht sympathisch daher. Irgendwie fehlt es ihm aber doch an grundlegenden
Eigenschaften, auch an einem Privatleben. Die Versuche immer mal wieder Parallelen zu dem literarischen Vorbild aufzubauen, scheitern
größtenteils. Bang-woo jagt nach den Männern hinter der Regierung, aber der blinde Hass eines Kapitän Ahab ist nicht zu erkennen und auch nicht
die nötige Verbissenheit. Eine persönliche Motivation fehlt ihm und mit der Zeit sorgt einfach das Drehbuch durch einige kleine Kunstgriffe dafür,
dass man sich darüber keine Gedanken mehr macht. Ab einem bestimmten Punkt kann der Reporter auch gar nicht mehr anders, als bis zum Ende den
Fall zu verfolgen, koste es, was es wolle. Leider geht er dabei aber manchmal recht inneffektiv und unüberlegt vor.
Überraschen kann der Film dagegen mit seinen Nebenrollen. Kim Sang-ho, der den höflichen Reporter Jin-gi mimt, kann wegen seines nicht wirklich
idealem Äußeren sonst immer nur die zweite Geige spielen, diesmal bekommt er aber eine ziemlich charismatische Rolle und er macht das Beste daraus.
Auch die weibliche Reporterin in dem Team kann uns schließlich für sich gewinnen. Jin Goo ("Mother") muss allerdings die Rolle einer der Charaktere
übernehmen, bei denen die Schwächen des Films ganz deutlich zum Vorschein kommen. Er hat ein paar emotionale Momente, doch können diese in keinster
Weise überzeugen, da ihnen das Fundament fehlt. Die dramatischen Einschübe in "Moby Dick" können daher niemanden wirklich begeistern. Wäre die Geschichte
des Films etwas enger um die einzelnen Charaktere gestrickt worden, hätte das vielleicht anders ausgesehen.
"Moby Dick" ist häufig etwas zu lose erzählt, über lange Zeit wird man auch komplett im Dunkeln gelassen und vollständige Antworten
sollte man auch nicht erwarten. Die gute Grundidee hätte nach einem enger gestrickten Drehbuch verlangt, denn so ergeben sich häufig einige Längen, die
Regiedebütant Park In-je versucht mit ein paar Actioneinlagen wieder glatt zu bügeln. Diese passen sich zwar tatsächlich ganz ansehnlich in den Film
und auch die Regie ist sehr solide, am eigentlichen Problem des Films ändert das aber nichts. "Moby Dick" hat eine interessante Besetzung
und ein schönes 90er Jahre-Flair, scheitert aber an der Ausleuchtung seiner Charaktere und einer unstrukturierten Narration. Nichtsdesotrotz wurde hier
ein unterhaltsamer Verschwörungsthriller abgeliefert, der von Fans des Genres in Augenschein genommen werden darf. Irgendwie tun sich koreanische
Regisseure aber immer noch etwas schwer an dem Genre.