Story: Yoon Do-joon (Won Bin) ist ein hinterbliebener Junge, der seine Zeit oft mit seinem Freund
Jin-tae (Jin Ku), einem geldversessenen Möchtegernganoven, verbringt. Do-joons Mutter (Kim Hye-ja) kümmert sich
aufopferungsvoll und überfürsorglich um ihren Sohn, doch obwohl sie ihn so gut wie nie aus den Augen verliert,
wird Do-joon eines Tages eines Verbrechens bezichtigt. Die Polizei verhaftet ihn wegen Mordes an einer Studentin in der
kleinen beschaulichen Gemeinde. Das einzige, aber für die Polizei stichhaltige, Indiz, dass Do-joon der Täter ist, ist ein Golfball
mit seinem Namen darauf, der neben dem Opfer gefunden wurde. Der mental behinderte Junge unterschreibt sogleich ein Geständnis und
sitzt nun im Gefängnis. Seine Mutter kann aber nicht glauben, dass ihr Sohn jemandem etwas zu Leide tun würde und so
macht sie sich selbst daran, die Hintergründe des Mordes aufzuklären. Doch trotz neuer Indizien, die sie der Polizei
und ihrem Anwalt zukommen lässt, scheint niemand den Fall neu aufrollen zu wollen. Do-joons Mutter gibt aber nicht
auf, bis sie die Wahrheit ans Licht gebracht hat...
Kritik: "Mother" ist ohne Zweifel ein spannender und atmosphärischer Thriller, der einen zwei Stunden vor
den Bildschirm fesseln kann. Nach den vielen lobpreisenden Worten einiger Kritiker, hatte ich allerdings etwas mehr
erwartet. Wenn man dann noch bedenkt, dass vollkommen an mir vorbeigangen ist, dass "Mother" von niemand geringerem
als Bong Joon-ho ist, der mit "Memories of Murder" und "The Host" zwei großartige Filme abgeliefert hat, kann man
sich vorstellen, dass meine Enttäuschung mit diesem Vorwissen noch größer hätte ausfallen können. Es soll an dieser Stelle
aber kein falscher Eindruck erweckt werden, denn man sieht dem Film durchaus an, dass er von einem Regisseur mit Talent und
Erfahrung gedreht wurde. Bong versteht es Spannung selbst in den kleinsten Szenen aufzubauen sowie den Zuschauer
auch für kleinere Geschichten zu begeistern und mit sich zu reißen. Dies verdankt er nicht zuletzt den fantastischen
Darstellern.
Nach Bongs "The Host", Koreas erfolgreichstem Film aller Zeiten, will der Regisseur nicht noch einen draufsetzen, sondern
geht die Dinge wieder etwas ruhiger an. Eine weise Entscheidung, die ihm von mir den höchsten Respekt einbringt.
Dementsprechend ist "Mother" auch etwas persönlicher und subtiler. Was allerdings Kritik verdient, ist der Fakt, dass
er eigentlich viele seiner schon bekannten Motive oder Storyfäden erneut aufgreift und wieder verwertet. Die Geschichte
um eine Kleinstadt, in der ein Mord an einer Studentin geschieht, erinnert natürlich sehr stark an "Memories of Murder".
Ebenso verhält es sich mit der Art, wie die Polizei an den Fall herangeht. Es scheint so, dass Bong nicht viel von der
Polizei hält, denn auch hier sind die meisten Beamten wie Dorftrottel dargestellt, die mit dem Fall völlig überfordert
sind und einen wichtigen Hinweis nicht mal dann erkennen, wenn er ihnen auf dem Silbertablett serviert wird.
Dann wäre da natürlich noch Do-joon, ein leicht hinterbliebener Junge. Ein Charakter, den der Regisseur anscheinend
immer wieder gerne verwendet. Wenn Song Kang-ho nicht schon zu alt für diese
Rolle gewesen wäre, hätte bestimmt er sie bekommen. Das Motiv der Familie, die bereit ist, alles für seine Angehörigen zu
tun, in diesem Fall die Mutter, kennen wir zwar auch schon aus "The Host", aber Bong geht diesmal etwas ruhiger und
intimer, wenn auch nicht wirklich tiefgehender auf die Materie ein. Sein Thriller hat starke Anleihen eines Melodrams und nur
seiner geschickten Regie ist es zu verdanken, dass die Story in seinem Kern immer noch ein Thriller bleibt, bei dem die
emotionalen Szenen nicht im Exzess zum Einsatz kommen. Kim Hye-ja, die schon in etlichen TV-Produktionen ihr Talent unter
Beweis stellen durfte, stellt eine erfrischend andere Titelheldin dar, bringt Emotionen in den Film, schafft dies aber
glücklicherweise auf erstaunlich unterschwellige Weise, sodass dem Film unnötige Tränen einer Mutter, die versucht ihr
Kind zu retten, erspart bleiben.
Won Bin sollte jedem spätestens seit "Taegukgi" (aka "Brotherhood") ein Begriff sein und er schafft es durchaus seinem
Charakter eigene Facetten zu verleihen und nicht einfach als Abziehbild eines hinterbliebenen Trottels dazustehen. Die
eigentliche schauspielerische Überraschung ist aber Jin Ku ("A Dirty Carnival", "Love Me Not"), der in seiner Rolle einen Kleinganoven
mimt, sofern man in einem kleinen Vorort von so etwas reden kann, und der immer etwas undurchsichtiges, aber charismatisches
an sich hat. Von ihm bekommen wir in Zukunft hoffentlich noch mehr zu sehen!
Regisseur Bong schafft es vor allem durch geschickten Einsatz seiner Darsteller eine dichte Atmosphäre zu erzeugen, die
einen sofort ins Geschehen zieht. Der Anfang mag sich zwar etwas ziehen und auch das Ende mag für einige etwas unzufriedenstellend
sein, aber ansonsten erweist sich der Film als äußerst spannend. Die Mutter hat natürlich ihre eigenen Methoden Hinweise
zu sammeln, in den meisten Fällen laufen ihr diese jedoch etwas zu forciert zu, wie man kritisieren muss. Dennoch entfaltet
sich der Plot auf angenehm gleichmäßige Weise und bietet genügend Wendungen, um die Spannung zu jeder Zeit aufrecht zu erhalten.
Bong Joon-hos Expertise lässt sich vor allem in einigen wunderbar komponierten Kameraeinstellungen erkennen. Überdies weiß er
Wendungen, Emotionen und Musik so geschickt einzusetzen, dass es einem manchmal kalt den Rücken runterläuft. Ein guter Thriller
sollte mit seiner Atmosphäre den Zuschauer gruseln können und genau das schafft "Mother". Überdies verdient der Regisseur
ein Lob dafür, dass er keine einfache Zeichnung von gut und böse präsentiert, sondern den Zuschauer durchaus selbst
hinterfragen lässt, welche der Handlungen moralisch vertretbar sind und welche nicht. Ab und zu gibt es auch unerwartete
Szenen schwarzen Humors, ähnlich der in Bongs "Barking Dogs Never Bite", und auch wenn diese auf manche Zuschauer etwas
befremdlich wirken mögen, animieren sie dennoch zum Lachen und runden das Gesamtbild des Films ab.
Am Ende wird "Mother" seinem etwas zu guten Ruf nicht gerecht und liefert nur wenig Neues von Bong. Seine Filmmagie ist
hier leider nur recht verhalten zu spüren. Seine Geschichte und die Ausarbeitung dieser scheint außerdem etwas nachlässig
vonstatten gegangen zu sein, aber auch wenn das bedeutet, dass "Mother" einer der schlechteren Filme Bongs ist, ist das
trotz allem noch eine uneingeschränkte Empfehlung für Thriller-Fans wert!