Story: Eugene Wang (Nick Cheung) wird nach 20 Jahren Gefängis entlassen. Er wurde verurteilt, weil er Eva (Janice Man), die
Tochter des bekannten Klassik-Musikers Han Tsui (Michael Wong), ermordet hat. Jetzt ist er frei und beschattet Zoe (Janice Man), die jüngere Tochter
Han Tsuis, die Eva erstaunlich ähnlich sieht. Plötzlich wird die Leiche von Han Tsui gefunden und Detective Lam (Simon Yam) wird auf den Fall
angesetzt. Lam ist besessen davon, alte Fälle wieder aufzurollen, da sich seine Frau vor fünf Jahren das Leben genommen hat, er glaubt nämlich an einen
Mord. Schnell weist in seinem neuesten Fall alles auf Wang als Täter hin, doch Lam schaut sich den alten Fall noch einmal genau an und entdeckt einige
Ungereimtheiten bei der Morduntersuchung Evas. Die Beweise werden jedoch immer eindeutiger und schließlich werden sogar Lam und seine Partnerin (Kay Tse)
von Wang angegriffen. Außerdem beschattet Wang weiterhin Zoe und schickt ihr diverse Nachrichten. Lam und sein Team müssen so schnell wie möglich
Wang fassen, bevor es zu einem weiteren Mord kommt.
Kritik: Wirklich gute Hong Kong Thriller findet man heutzutage leider kaum noch. "Nightfall" sieht aber auf jeden Fall wie
ein solcher Film aus. Die Bilder, die Stimmung, die Charaktere, alles sieht nach top Unterhaltung aus und rein vom Äußerlichen gelingt es dem
Thriller sogar, die Grenzen, die er sich selbst durch sein Drehbuch auferlegt hat, zu sprengen und beinahe etwas Besonderes zu sein, wäre da
eben nicht die Geschichte, die später durch zu ausführliche Erklärungen bis ins kleinste Detail dem Zuschauer aufgewärmt wird, und das obwohl vieles
davon schon vorher ersichtlich war. Spannend bleibt "Nightfall" aber bis zuletzt und so ist es umso tragischer, dass man sich bei dem Drehbuch nicht
noch ein wenig mehr Mühe gegeben hat.
Regisseur Roy Chow war bereits für den mehr oder weniger erfolgreichen Thriller "Murderer" verantwortlich. Wie bei jenem Film ist auch diesmal wieder
Christine To für das Drehbuch verantwortlich. Während in "Murderer" jedoch eine zugegeben etwas radikale und nicht unbedingt für jeden glaubwürdige
Wendung den Schlüsselmoment des Films ausmachte, nimmt sich To diesmal zurück und liefert eine Geschichte ab, die eigentlich, wenn man es genau nimmt,
ohne irgendwelche Überraschungen auskommt. An sich ist die Geschichte gelungen, Wang kann entweder ein irrtümlich verurteilter, bedauernswerter Mann
sein oder ein psychopathischer Killer. Beides ist im Bereich des Möglichen, aber mit dem weiteren Verlauf des Films werden die genauen Hintergründe
nur allzu offensichtlich.
Das eigentliche Problem ist, dass Christine To den Zuschauer für unfähig erklärt, sich auch nur einen Teil der Hintergründe selbst zusammenzureimen.
Tatsächlich bekommen wir eine Erklärung nach der anderen, häufig in sich hinziehenden Dialogen, in denen wir irgendeine spannende Wendung erwarten,
aber es kommt eben genau das dabei heraus, was sich ein einigermaßen erfahrener Zuschauer schon längst hat denken können. Gegen Ende wird das, dank
Rückblenden und der Wiederaufnahme schon längst als abgehakt geglaubter Plotdetails, ins Extreme getrieben und somit tut sich auch zwischen den
anfangs emotional ansprechenden Szenen und dem Zuschauer schließlich eine unnötige Kluft auf.
Ebenfalls äußerst merkwürdig ist der Umstand, dass Lams Geschichte zwar angeschnitten, aber schließlich völlig fallen gelassen wird. Seine Tochter,
die ständig von ihm wegen seiner Arbeit vernachlässigt wird, fällt ebenso in diesen Bereich wie seine Ehefrau, dessen Selbstmord für ihn immer noch
einige Fragen offen lässt. Es scheint, als hätte der Film hier auch noch etwas tiefgehender mit dem Charakter Lam arbeiten können, der schlussendlich
doch etwas zu flach bleibt und nur dank Simon Yam ("Exiled", "Sparrow") den Zuschauer für sich gewinnen kann. Nick Cheung ("The Stool Pigeon") ist
dagegen die Idealbesetzung für den Bösewicht des Films, der eben vielleicht auch keiner ist. Seine Handlungen lassen sich immer auf zwei Arten auslegen
und trotz des Umstands, dass er stumm ist, beweist er die nötige Leinwandpräsenz.
"Nightfall" ist ein spannender Thriller, es fällt aber immer wieder ins Auge, dass der Spannungsgehalt dann absackt, wenn es zu einer der ausschweifenden
Ploterklärungen kommt. Darüber hinaus gibt es zumindest eine Actionszene in einer Seilbahn, die unnötig erscheint, ja, sogar einen Logikfehler
darstellt. Aber auch in weiterer Hinsicht erweist sich das Drehbuch retrospektiv als äußerst konstruiert. Es gibt jedoch genügend, was einem an "Nightfall"
gefallen kann. Und damit ist nicht Michael Wong gemeint, der in seiner hysterischen Art als ultra-strenger Stiefvater seine Tochter körperlich als
auch seelisch mit seinen immer wieder eingeworfenen englischen Sätzen quält. Wong passt ausnahmsweise mal mit seinem übertriebenen Schauspiel in den Film.
Nein, hauptsächlich ist es die dichte Thrilleratmosphäre und die Darsteller sowie der Soundtrack von Shigeru Umebayashi (und Chopins "Nocturne"),
die den Film oft besser aussehen lassen, als er ist. Für HK-Thriller-Fans nichtsdestotrotz eindeutig eine Empfehlung wert.