Story: Die Tochter des alleinerziehenden Vaters No Choong-sik (Kim Tae-woo) verschwindet plötzlich in einem Vorort, ohne eine Spur zu hinterlassen.
Die Suche nach ihr verläuft erfolglos und mit jedem Tag, der verstreicht, verliert Choong-sik die Hoffnung, seine Tochter wiederzusehen. Detective Baek
(Jeong In-gi) sucht unterdessen immer noch nach Hinweisen, bis er eines Tages herausfindet, dass der Fahrradverleihhändler Yoo Se-jin (Lee Jeong-jin), der vor
kurzem mit seiner Mutter und Schwester in den Vorort gezogen ist, wegen sexueller Belästigung von Kindern angeklagt war. Der Fall scheint klar, doch ohne
Beweise kann Baek den Mann nicht einsperren. Allerdings erfährt Choong-sik ebenfalls von dem Hintergrund des Mannes und verteilt schließlich im Ort
Flyer mit dem polizeilichem Führungszeugnis Se-jins. Dieser kann sich nun nirgendwo mehr sehen lassen und seine Familie leidet unter den verachtenden Blicken der
Nachbarn. Die Polizei und der Ort veranstalten eine Hexenjagd auf Se-jin. Die Frage nach seiner Schuld stellt sich gar nicht mehr, es müssen nur noch
stichfeste Beweise gefunden werden, um Se-jin für immer wegzusperren.
Kritik: Wer denkt, dass er hier einen reinen Thriller ganz im Sinne eines "Memories of Murder" präsentiert bekommt, wird nach nur wenigen
Minuten eines Besseren belehrt. "No Doubt" legt seinen Schwerpunkt auf komplexe Themen wie Kindesmisshandlung, Selbstjustiz, die Unschuld des Täters bis
zum Beweis des Gegenteils und stellt die Frage, ob ein Monster immer ein Monster bleibt. Der mutige Schritt, den Regisseur Park Soo-young hier geht, besteht
darin, einen (ehemaligen?) Pädophilen zu zeichnen, der von seiner Umgebung sofort als Täter abgestempelt wird und selbst Opfer einer wahren Hexenjagd wird. Man
könnte meinen, dass man mit einem solchen Menschen kein Mitleid haben kann, aber auch dieser Mann hat eine Familie. Eine Familie, die enorm unter seinen
früheren Taten und den Anschuldigungen der Vorortbewohner leidet.
Die Mischung aus Drama und Thriller ist demnach die eigentliche Stärke des Films. Während wir anfangs ohne Weiteres Choong-siks Vorgehen nachvollziehen
können, der sich für das Verbrechen, das an seiner Tochter begangen wurde, bei jemandem rächen will, kommt später langsam Unbehagen in uns auf. Was ist, wenn
Se-jin gar nicht der Täter ist? Wird ein Mann wie er unweigerlich rückfällig? Einer der Vorortbewohner stellt fest, dass Pädophile immer wieder zu Tätern werden,
wenn sie erst einmal die Grenze überschritten haben, so wie es auch bei anderen Gewalttätern bekannt ist. Der Film stellt aber auf subtile Weise die Frage, ob
das den Bewohnern des Vororts wirklich das Recht gibt, ihn zu beschuldigen, zu verurteilen und aufs Übelste zu schikanieren. Schließlich führt das sogar dazu,
dass, man mag es kaum glauben, wir sogar Mitleid mit ihm bekommen.
Genau hierin liegt die Komplexität des Dramas. Wie kann man Mitleid mit einem Pädophilen haben? Se-jin ist ein ruhiger Geselle und wir wissen nie, ob er
so ist, weil er sich in Gedanken seinen Fantasien hingibt, versucht seine inneren Dämonen zu bekämpfen oder ob er sich aus Reue vor der Welt zurückgezogen hat.
Er erträgt die Diffamierungen der anderen ohne einen Ton zu sagen, erst als seine Familie direkt mit hineingezogen wird, zeigt er leichte Gegenwehr. Doch
die meiste Zeit ist er das Opfer, sodass schließlich eines Nachts sogar sein Hund getötet wird. Lee Jeong-jin ("Pieta") kann durch sein subtiles Schauspiel
der schwierigen Rolle das nötige Gewicht geben und so schwanken wir bei ihm immer zwischen Abscheu und Mitleid. Denn eines ist ganz klar. Auch wenn er nicht
der Täter sein sollte, so war er bereits, in welcher abgeminderten Form ist egal, einer gewesen.
Eigentliche Leidtragende sind die Familienmitglieder Se-jins. Seine Schwester arbeitet in einem Kindergarten und schon bald sind die Eltern auch nicht mehr
bereit, ihre Kinder in ihre Nähe zu lassen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass die Schwester unter dem zu leiden hat, was Se-jin in der Vergangenheit
getan hat. Die Mutter dagegen nimmt ihren Sohn in Schutz, zerstört vielleicht sogar Beweismaterial gegen ihn, aber am gleichen Tisch wie er möchte sie
nicht essen. Hier ist vieles nur angedeutet, aber die schwierigen Gefühle und das Leid der vergangenen Jahre sind eindeutig in den gemeinsamen Szenen der
Familie zu spüren. Dagegen bleibt die Charakterisierung Choong-siks relativ flach. Sicherlich ist es leicht, mit einem Vater zu fühlen, der seine Tochter
verloren hat, aber seine Form von Selbstjustiz wird ihn letztendlich zu einer überstürzten Handlung führen, darüber besteht nie ein Zweifel.
Als sich die Verdachtsmomente gegen Se-jin anhäufen, aber stichfeste Beweise ausbleiben, womit der Polizei die Hände gebunden sind, kocht die Stimmung in der
Gemeinde immer weiter hoch. Dementsprechend ist "No Doubt" zu jedem Zeitpunkt spannend und interessant. Die Rückblenden, in denen Zeugen berichten,
lassen nie eindeutig erkennen, ob es sich um Se-jin als Täter handelt und so ist auch die Suche nach dem Mörder fesselnd erzählt. In ein paar wenigen
verstörenden Szenen erinnert uns der Regisseur auch daran, dass Se-jin krank ist, aber zu was für Taten ihn das treiben kann, bleibt bis
zum Schluss das große Rätsel, auch wenn das Ende dann doch irgendwann recht offensichtlich scheint. Mit seinen noch nicht einmal 90 Minuten ist "No Doubt" ein
dicht gestrickter Thriller, der mit einer guten Portion Drama und dank der Thematik einem ebenso unerwartetem Tiefgang daherkommt.