Story: Ein besonders grausiger Mord beschäftigt die Polizei. Eine zerstückelte Leiche wird gefunden, deren Einzelteile jedoch alle
beieinander liegen. Nur der rechte Arm fehlt. Welche Nachricht will der Killer übermitteln? Der angesehene Pathologe Kang Min-ho (Sol Kyung-gu)
wird zum Fall dazugezogen und findet schon bald die ersten wichtigen Hinweise. Er holt überdies die Anfängerin Min Seo-yeong (Han Hye-jin) an
Bord, allerdings zum Leidwesen der restlichen Ermittler, denn diese fühlen sich bald vom scharfen Verstand der unscheinbaren Ermittlerin bedroht.
Tatsächlich schafft es Min Seo-yeong schnell eine Verbindung zwischen dem Umweltaktivisten Lee Seong-ho (Ryoo Seung-beom) und dem Opfer herzustellen.
Es scheint so, als wäre der Mord umweltpolitisch motiviert. Lee gesteht die Tat und gibt den Polizisten sogar den Fundort der Tatwaffe. Gleichzeitig
lässt er allerdings Kang im Geheimen wissen, dass er seine Tochter entführt hat und Kang diese nur lebend wiedersieht, wenn er ihn aus der Untersuchungshaft
rausholen kann. Das erweist sich bei der erdrückenden Beweislast als äußerst schwierig und so muss Kang versuchen, Beweise zu fälschen, während
Min immer ein scharfes Auge auf die Entwicklungen des Falls hat...
Kritik: Ein guter Thriller lebt von seiner Geschichte und der Atmosphäre. Irgendwie hat sich Korea diesbezüglich oft etwas schwer getan,
aber nun gibt es tatsächlich ein paar Werke des Genres, die sich sehen lassen können. Und "No Mercy" gehört ebenfalls dazu. Dabei
hat der Film ganz augenscheinlich einige schmerzliche Probleme, aber das gute Drehbuch und das zum Großteil aufregende tödliche Spiel zwischen
Killer und Ermittlern kann die meiste Zeit über fesseln. Nicht die Jagd nach dem Killer, sondern die Suche nach seinem Motiv stehen hier im
Vordergrund. Die meiste Zeit hat Pathologe Kang allerdings damit zu tun, Beweise zu fälschen und sich vor den Ermittlern aus den eigenen Reihen in
Acht zu nehmen. Der Zuschauer fiebert aber trotzdem mit ihm mit, zum Einen um den Grund für die Manipulation Kangs zu erfahren, schließlich
erschwert Lee dem Pathologen unnötig die Arbeit, indem er der Polizei seine Tat gesteht, und zum Anderen, weil wir hoffen am Ende Kang seine
wohlverdiente Rache nehmen zu sehen.
Auffallend ist der Ton des Films, denn hier werden keine falschen Kompromisse geschlossen. Das fängt schon bei der Obduktion an. An sich nicht
wirklich ein brutaler Film zeigt "No Mercy" hier in aller Ausführlichkeit und auf ungeheuerlicher Realitätsebene die Ausführung eines Y-Schnitts
am Leichnam sowie die Entnahme diverser Organe und deren Kleinschneiden. Dort wo wir bei anderen Filmen dankbar sind, dass zur richtigen Zeit ein
Schnitt gemacht wird (das soll keine Anspielung sein...), hält hier die Kamera gnadenlos weiter drauf. Doch auch eine kleine Sexszene, die auf
interessante Art Beweismittel liefern soll, wird erstaunlich freizügig dargestellt. Alle diese Szenen sollen aber keineswegs auf künstliche Art den
Schock-Faktor des Films in die Höhe treiben, sondern dienen tatsächlich dazu, den unnachgiebigen direkten Stil des Films zu unterstreichen.
Selbstverständlich schlägt sich das auch in der Grundstimmung nieder, die erstaunlich düster und hoffnungslos daherkommt. "No Mercy"
beweist mehr Mut als die meisten anderen Filme des Genres und dafür alleine verdient er schon ein paar Worte des Lobs.
Die Story des Films ist natürlich etwas vertrackt, im Gegensatz zu anderen Thrillern bereitet es jedoch keine Probleme, ihr dennoch folgen zu können.
Tatsächlich gibt es sogar ein paar Wendungen, die voraussehbar für den aufmerksamen Zuschauer sind. Es fragt sich nur, ob das tatsächlich so
vom Drehbuchschreiber angedacht war. Außerdem gibt es noch ein paar andere Probleme in Bezug auf die Story. Die Charaktere verhalten sich oft
unverständlich dumm. Kang lässt an einem Tatort ein Skalpell zurück und dazu noch das gleiche, mit dem er zuvor eine andere Tat begangen hat, mit
der Min ihn dann natürlich in Verbindung bringen kann. Aber er ist nicht der Einzige, der sich so verhält, als wenn er noch nie etwas von
Ermittlungsmethoden gehört hätte. Nur unterrichtet er schließlich als Professor andere Polizisten! Da sollte man doch meinen, dass er eine gewisse
Expertise besitzt. Stattdessen dreht er sich bei seinen Ermittlungen häufig im Kreis, weil er nicht die richtigen Fragen stellt. Dazu kommt
noch, dass der letzte Twist auf etwas aufbaut, das einem Pathologen, der es mit einer zerstückelten Leiche zu tun hat, gar nicht entgehen kann!
Doch sehen wir darüber hinweg, dass Kang häufig sinnlos falschen Spuren hinterherjagt und dazu noch in seinen Ermittlungen von dem ein oder anderen
Zufall weitergebracht wird, wie es eigentlich in einem guten Thriller nicht sein sollte, so bleibt die Geschichte dennoch immer spannend, weil
zu jeder Zeit etwas zu passieren scheint. Merkwürdigerweise gelingt es "No Mercy" trotz guter Darsteller, in der Hauptrolle haben wir schließlich
Sol Kyung-gu ("Oasis", "Peppermint Candy"), nicht, dass der Zuschauer ein emotionales Band zu den Charakteren aufbauen kann. Ryu Seung-beom ("Arahan",
"The Beast and the Beauty") ist als Killer fast nicht wiederzuerkennen und stiehlt den anderen oftmals die Show, aber über seine Persönlichkeit
erfahren wir leider letztendlich doch nicht wirklich viel. Han Hye-jin ist bisher nur für ihre Rollen in TV-Serien bekannt und scheint es hier
schwer zu haben. Sie bringt zwar etwas Energie und Frisches in den Film, sie selbst bleibt dabei aber zu farblos. Noch dazu nervt an
verschiedenen Stellen ein unglaublicher Trottel von Polizist, der meint, als Veteran hätte er sofort jeden Fall durchschaut.
Regisseur und Drehbuchschreiber Kim Hyeong-Joon macht auf technischer Ebene keine Experimente, alles sieht ansprechend aus und der Soundtrack erweist
sich ebenfalls als passend. Die Geschichte ist immer im Fluss und von ein paar Verfolgungsszenen abgesehen ergibt sich die Spannung des Films aus
der Entwicklung der Geschichte. Es wäre zu viel gesagt, würde man behaupten, die Story sei intelligent, aber sie macht zum Großteil alles richtig und
bietet zum richtigen Zeitpunnkt interessante Wendungen. Wäre der Film etwas kürzer ausgefallen, hätte es ihm sicherlich nicht geschadet, und wie
gesagt hätten die Charaktere etwas mehr Farbe vertragen können, gerade um das Finale auf emotionaler Ebene besser tragen zu können, aber auch so
kann das Ende doch überzeugen.
"No Mercy" ist nichts für schwache Nerven und getraut sich mehr als seine Konkurrenz. Ein packender Thriller, der mit
dazu beitragen mag, dass die qualitative Messlatte des Genres in Zukunft etwas höher hängt.