Story: Der Filmemacher Jin-gu (Lee Seon-gyun) reflektiert über sein Leben. Sein Lehrer an der Uni, der Regisseur Song (Moon Seong-geun), soll
ihm helfen, Antworten zu finden. Außerdem macht ein unangenehmes Gerücht über Song die Runde, dass Jin-gu gerne aus der Welt geschaffen sehen möchte.
Bei einem Interview vor einer Universitätsklasse wird Jin-gu aber selbst auf ein Gerücht angesprochen, so soll er, obwohl er verheiratet ist, vor einigen Jahren
eine Affäre mit einer Studentin gehabt haben. Die Dinge liegen allerdings nicht so einfach, wie es scheint. Jin-gu erinnert sich zurück an seine Zeit
als Filmstudent. Er hat sich in das Mädchen Oki (Jeong Yu-mi), eine Kommilitonin, verliebt. Obwohl diese anfangs nichts von ihm wissen will, gibt
sie schließlich nach und die beiden werden ein Paar. Warum Oki allerdings zuerst Abstand von Jin-gu gesucht hat, ist einfach. Sie hat eine Affäre mit
einem Professor an der Uni, den auch Jin-gu kennt. Die Beziehungen zwischen den drei Charakteren sind kompliziert, doch Jin-gus Liebe lässt ihn weiter
für Oki kämpfen.
Kritik: Die Kritiken über "Oki's Movie" sind überraschend negativ ausgefallen. Grund dafür mag sein, dass immer mehr Kritiker nicht mehr darüber
schweigen können, dass Regisseur Hong Sang-soo in kleineren Variationen immer die gleiche Geschichte aufgreift. Langsam scheint auch seine
reflektierende und zuweilen ironische Art, sich immer wieder selbst als Protagonist unterzubringen, keinen guten Willen mehr bei den Zuschauern zu
finden. Mit anderen Worten: Hong muss endlich etwas Neues erzählen und bis ihm etwas einfällt, sollte er keine Filme mehr machen. Diese Ansicht
kann ich selbst aber noch nicht teilen. Hätte ich seine Filme in chronologischer Reihenfolge gesehen, hätte ich vielleicht die gleiche Meinung wie viele andere
Kritiker, aber ich kann nicht vorgeben, alle vorangegangenen Werke Hongs schon gesehen zu haben und in dieser Hinsicht seine Filme besonders kritisch
beurteilen. Das wäre schlichtweg unehrlich. Für viele Fans von Hong Sang-soo wird "Oki's Movie" außerdem auch genau das liefern, was diese sich gewünscht
haben.
Regisseur Hongs Film ist vielschichtig und spielt extrem mit der Narrative. Das ist nichts wirklich Neues, da er immer schon Filme über sich und sein
Leben bzw. die Menschen, die er getroffen hat, gemacht hat, aber diesmal treibt er, in der in sich verschachtelten Struktur der Geschichte, seine
Art Filme zu machen noch weiter auf die Spitze. Der Film ist in vier Geschichten unterteilt, die alle die gleichen drei Protagonisten in den Fokus
rücken, nur dass jedes Mal jemand anderes der eigentliche Träger der Geschichte ist. Ob es sich dabei um wirklich immer die gleichen Personen handelt, ist
aber gar nicht so sicher. Vielleicht handelt es sich um Variationen dieser Figuren, vielleicht sind diese nur so dargestellt, wie sie eine andere
Person wahrgenommen hat, so genau ist das nicht zu sagen. Aber genau damit spielt der Regisseur auch. In der letzten Geschichte stellt Oki sogar
die beiden anderen Protagonisten direkt gegenüber, doch wird das wirklich zu einer lohnenswerten Erleuchtung für den Zuschauer führen?
Die Antwort darauf kann man sich schon denken: Wenn man sich nicht selbst über das Gesehene seine Gedanken macht, wird man nur wenig aus dem Film für sich mitnehmen
können. Es gibt aber viele Stellen, die geradezu dazu ermutigen, eigene Ideen anzustellen. So wird zwar Jin-gu beschuldigt, eine Affäre mit einer
Studentin gehabt zu haben, tatsächlich ist aber Professor Song diese Person. Handelt es sich in irgendeiner Form um die gleiche Person oder hat sich
hier nur eine Wiederholung ergeben, die als Überthema Hongs gesamtes repititives Werk auszeichnet?
Zumindest zu Anfang besticht das Drama durch eine spezielle Energie und einen frischen Humor, die unterschwellig durch die Dialoge aufkommen. Die Personen
stechen durch ihre Schwächen heraus und es ist interessant den komplexen Beziehungen in ihrer Entwicklung zu folgen. Leider baut die den Bildern
eigene Dynamik zum Ende aber immer mehr ab und die Charaktere werden insgesamt immer undurchsichtiger und farblos.
In Hongs Filmen sympatische Charaktere zu finden, ist schwierig, da er einfach die Menschen in ihrer ungeschminkten Komplexität zeigt. Oder mit den
Worten des Regisseurs: Manch einem wird einer seiner Charaktere gefallen, einem anderen wiederum ein anderer oder auch gar keiner. Es bleibt aber
weiterhin faszinierend, Hongs Charakteren zuzusehen, wie sie einfach leben. Für Hong steht der Mensch im Vordergrund, so lässt er diesmal Jin-gu als
Substitut für seine eigene Person vor einigen Studenten erklären, dass ein Film nicht immer nur auf ein bestimmtes Thema zurechtgeschnitten sein darf,
sonst wird der Film lediglich darauf reduziert und in seiner künstlerischen Freiheit eingeschränkt. Wieder mal betont Hong auch, dass er eigentlich
keine besondere Intention hatte, als er den Film drehte. Damit macht es der Regisseur einem Zuschauer natürlich schwierig, sein Werk zu fassen.
Gleichzeitig gibt er damit Kritikern wie mir unnötig Munition. Hong kann doch nicht die dilettantischen, aber selbstverliebten Indie-Filmemacher in den Fokus
rücken, die vorgeben höchst intellektuelle und Metaebenen übergreifende Themen in ihre Filme zu verbauen, die aber allerbestenfalls angerissen bleiben,
um dem Zuschauer die eigentliche Denkarbeit zu überlassen. Macht das Hong nicht ebenfalls zu genau so einem selbstverliebten Filmemacher?
Manchmal bekommt man in "Oki's Movie" das Gefühl, dass sich Hong irgendwie in seiner Geschichte verstrickt hat. Und das ist schade.
"Oki's Movie" wurde von vielen lediglich als kleine Fingerübung des Regisseurs betitelt und nicht mehr. Mit seinen gerade mal 80 Minuten kann auch eine
gewisse Frustration nicht geleugnet werden. Hier wäre viel mehr möglich gewesen, aber Hong Sang-soo schafft es tatsächlich nicht, seine bereits
bekannten Aussagen weiter auszubauen. An einer Stelle lässt er in einer Fragestunde Professor Song sogar einige beliebte hobbyphilosophische Fragen
beantworten und das ist auch die Stelle, an der am deutlichsten durchscheint, dass der Regisseur bei diesem Drama nicht so fit war wie sonst. Den
Regisseur und sein neuestes Werk damit aber gleich als absoluten Fehlschuss zu verdammen, wie es viele getan haben, ist jedoch bei weitem übertrieben.
"Oki's Movie" kann immer noch eine gute Portion ehrliches Lebensdrama transportieren und ist damit vielen Taschentuchdramen weiterhin um einiges voraus.
Außerdem regen die Spielereien mit der narrativen Ebene zu einigen lohnenswerten Gedanken an. Ein wenig schwächelt Regisseur Hong zwar, aber das darf
man ihm auch einfach mal verzeihen.