Story: Baek Jang-mi (Son Ye-jin) leitet eine Gruppe von Taschendieben, die der Polizei schon seit langem ein Dorn
im Auge ist. Allerdings mangelt es Jang-mi noch an guten Leuten, weshalb sie die gerade aus dem Gefängnis entlassene
Man-ok (Kim Hae-sook), eine Veteranin auf ihrem Gebiet, aufsucht. Man-ok will aber nichts mehr von dieser Art Geschäft
wissen, da sie versuchen will bei ihren Kindern, die sie vor Jahren im Stich lassen musste, um Vergebung zu bitten.
Man-oks Sohn Jo Dae-yeong (Kim Myeong-min) arbeitet mittlerweile bei der Polizei und hat seine Mutter schon einmal ins
Gefängnis bringen müssen, weshalb er bei einer Großaktion der Polizei gegen die Taschendiebe in der Stadt anfangs nicht
mitmachen will. Er besinnt sich jedoch eines besseren und seine Ermittlungen führen ihn schließlich zu Jang-min, die
vorgibt ihm helfen zu wollen. Diese versucht ihn mit ihren Verführungskünsten zu beeindrucken, aber Dae-yeong
ist vorsichtig, da er um Jang-mis Vorstrafen weiß. Jang-mi beginnt außerdem gerade auch einigen anderen Organisationen auf
die Füße zu treten, da sie sich in deren Gebiet einmischt, und so muss sie ihre Karten mit Bedacht ausspielen...
Kritik: "Open City" hat nicht überall gute Kritiken efahren und dennoch hat er seinen Weg nach Deutschland
gefunden. Warum? Der internationale Flair des Films dürfte mit Sicherheit ein großer Grund dafür sein, aber auch
die Taschendiebthematik, die einfach universell ist. Taschendiebe gibt es schließlich überall. Regisseur Lee Sang-ki verpackt
die Thematik in seinem Debut in einer netten Katz-und-Maus Jagd, peppt das ganze mit etwas Erotik auf und bringt
noch eine gute Portion Familiendrama mit rein. Zumindest letzteres dürfte wohl kulturell gesehen als typisch koreanisch
durchgehen. Das ist aber alles ziemlich viel, vor allem wenn man bedenkt, dass "Open City" noch einige brutale
Messerstechereien bereithält, die ihm auch ein wenig Film-noir Feeling geben. Geht diese merkwürdige Mischung auf? Leider
nein, denn auch wenn die einzelnen Teile ansprechend sind, so kann das Gesamtwerk doch nicht auf festen Füßen stehen.
Dennoch ist Lee Sang-kis Film ein unterhaltsamer Streifen, der wahrscheinlich gerade Westler ansprechen können wird.
Star des Films ist Son Ye-jin ("A Moment to Remember"), die hier eine femme fatale mit Gewissen spielen soll. Hier
gibt es aber auch schon die ersten Probleme. Jang-mi ist dermaßen kaltherzig und manipulativ, dass es unmöglich wird
sich mit ihr zu identifizieren. Auch ihre Annäherungsversuche an Dae-yeong sind keineswegs als ein ernsthaftes
Liebesintermezzo zu verstehen, sondern lediglich ihre Bemühungen bei der Polizei ein Ass im Ärmel zu haben. Außerdem
ist sie, wohlwissend, diejenige, die eine dramatische Katastrophe gegen Ende herbeiführt, und dennoch behauptet sie
danach nicht gewusst haben zu können, wohin dies letztendlich alles führt. Fakt ist jedenfalls, dass der Zuschauer am
Ende als es zur unvermeidlichen Konfrontation zwischen Jang-mi und Dae-yeong kommt, tatsächlich darum bettelt, dass
Dae-yeong seine Waffe abfeuert und sich nicht von Jang-mis Charm um den Finger wickeln lässt. Jang-mi soll also ein
Gewissen haben, zumindest laut den Drehbuchschreibern, aber außer an einer sehr unpassend wirkenden Stelle, in der
sie ihre Untergebenen anweist das gestohlene Geld der Mutter wiederzugeben, der sie es gestohlen haben, die dieses eben
für die Operation ihres Sohnes braucht, bekommen wir davon nichts zu sehen.
Jetzt kommen wir zu einer von meiner Seite vielleicht etwas merkwürdig klingenden Kritik. Son Ye-jin sieht im Film
einfach zu heiß aus. Klar, das soll Absicht sein und zeigen wie bewusst Jang-mi ihr Aussehen einsetzt um das zu
bekommen, was sie will, aber es wirkt ab einem bestimmten Punkt einfach zu gekünstelt. Warum muss Jang-mi in jeder
gefühlten Einstellung ein neues Kleid anhaben, dass ihre Kurven aufs genaueste nachzeichnet? Ja, der Zuschauer hat
verstanden, dass Sons Proportionen perfekt sind, also warum damit länger als nötig herumspielen? Irgendwann,
nachdem selbst der letzte Mann vorm Bildschirm ins Schwitzen gekommen ist, wirkt es einfach nur noch unrealistisch,
dass Dae-yeong immer noch etwas ihren Verführungsspielchen entgegenzusetzen hat.
Son Ye-jin gibt also wirklich eine "gute Figur" ab (das Wortspiel konnte ich mir einfach nicht verkneifen), aber ihr
Charakter bleibt eher oberflächlich. Son kann schauspielern, das haben wir aber an anderer Stelle, vor allem in ihren
unschuldigeren Rollen, viel besser sehen können.
Kim Myeong-min ("Return") bleibt dagegen oft etwas kühl, auch wenn uns seine Familiengeschichte dann natürlich
etwas mehr für sich vereinnahmen kann. Hier begeht Regisseur Lee aber auch einen großen Fehler, denn er lässt Zufälle
und Verwandtschaftsverhältnisse aufeinander treffen, die sich zu einem unwahrscheinlich unglaubwürdigen Ganzen
verbinden, wie wir vor allem gegen Ende sehen. Überdies verliert der Film ab der zweiten Hälfte seinen Fokus, und
was anfangs als ein Thriller mit Film-noir Aspekten begonnen hat, zerfließt zu einem TV-Drama, das uns allerdings
die Tränen schuldig bleibt, denn ein emotionales Band können wir zu den Charakteren nicht aufbauen.
Anfangs verunsichert uns der Film aber in ganz anderer Hinsicht, denn mit seiner hektischen Kamera und einer für
koreanische Filme typischen Massenprügelei, glauben wir hier wieder einen 08/15 Mafia-Film vor uns zu haben.
Überraschenderweise gibt es aber einige kleine Messerkämpfe im Film, die mit schöner Choreographie hervorstechen und
auch Action-Fans überzeugen können werden.
Gegen Ende gerät die Beziehung zwischen Dae-yeong und Man-ok immer mehr in den Fokus und die ganze Polizeijagd, sowie
Jang-mins Probleme mit ihren Rivalen, geraten in den Hintergrund. Das ist besonders merkwürdig, da "Open City" durch
seine Beleuchtung von Taschendiebakten und den verschiedenen Techniken eigentlich einen anderen Film versprochen
hat. Und zwar eben auch einen besseren. Die Richtung, in die sich alles gegen Ende entwickelt wirkt immer gekünstelter
und passt einfach vom Stil her nicht zum Rest des Films. Es ist vergleichbar mit Koreas Romantikkomödien, die beim Endspurt
dann noch einmal ins Melodramatische verfallen müssen, nur dass hier das Potential eines schönen Film-noir zerstört
wird. Dennoch ist immer eine gewisse Grundspannung da und es gibt immer neue Entwicklungen, so dass man dem Film,
auch dank ordentlicher Optik, keinesfalls vorwerfen kann, dass er den Zuschauer langweilen würde. Am Ende bekommt
man bloß nicht den Film, den man am Anfang erwartet hat. Für einen unterhaltsamen Abend, bekommt der Film aber
trotzdem ein klares ok.