Story: Die Sanno-kai Yakuza sind eine mächtige Organisation mit einigen Unterfamilien. Der Chef der Yakuza, Sekuichi (Soichiro Kitamura),
möchte, dass Ikemoto (Jun Kunimura) mit seinem Clan den Clan von Murase (Renji Ishibashi) übernimmt. Ikemoto und Murase haben sich allerdings
Bruderschaft geschworen, also gibt Ikemoto seinem Untergebenen Otomo (Takeshi Kitano) die Aufgabe, Murase zu zwingen, sich aus dem Geschäft
zurückzuziehen. Mit seinen Leuten kann Otomo tatsächlich den Yakuza-Clan der Murase zerrütten, doch sind schon bald die Fronten nicht mehr eindeutig.
Ikemoto verliert sich immer mehr im Glücksspiel und dessen rechte Hand Ozawa (Tetta Sugimoto) scheint mit dem Yakuza-Boss eine ganz eigene
Abmachung zu haben. Der korrupte Detective Kataoka (Fumiyo Kohinata), der Otomo schon seit jungen Jahren kennt, scheint auch nur dem seine
Loyalität zu zeigen, der ihm das meiste Geld zahlt. Die Pläne des Yakuza-Boss werden immer undurchschaubarer und es scheint, als wenn sich jeder
gegenseitig zu Fall bringen will, um daraus seinen eigenen Vorteil zu ziehen. Der eigentlich immer loyale Otomo muss sich nun fragen, wem seine
Loyalität tatsächlich gilt und ob diese Person nicht vielleicht auch sein Ausscheiden aus dem Spiel verfolgt.
Kritik: Takeshi Kitano sollte jedem ein Begriff sein, hierzulande zwar weniger als Komiker, dafür aber als Regisseur und Darsteller solcher
Filme wie "Hana-bi" oder "Sonatine". Kitanos Stärken liegen vor allem in seinen Drehbüchern und seiner innovativen Regie. "Outrage" stellt nach ein
paar anderen Projekten wie "Achilles and the Tortoise" eine Rückkehr des Ausnahmeregisseurs zum Yakuza-Genre dar. Nach eigener Aussage wollte er
einfach einen unterhaltsamen Film auf die Leinwand bringen und er weiß, dass er ein besonderes Talent für Geschichten dieser Art hat. Tatsächlich
beweist Kitano erneut außerordentliches Geschick in Bezug auf die Story. Der Plot des Films ist komplex und behandelt dabei Themen wie
Loyalität und die Frage, ob es so etwas in der modernen Yakuza überhaupt gibt. Geheime Bündnisse und Versprechen zeigen, dass es im Endeffekt
doch nur um Geld und Macht geht. Kommt uns das nicht bekannt vor? Ja, obwohl es natürlich schon vorher einige erwähnenswerte Filme des Genres gab,
erinnert der Film stark an Johnnie Tos Triaden-Zweiteiler "Election". Kitanos Werk schwächelt zwar leider auch bei den Charakteren,
wirkt im Gesamten aber schlüssiger und vor allem unterhaltsamer als Tos Zweiteiler.
Kitanos ruhige Regie ist unverkennbar und kreiert gerade zu Anfang eine ganz besondere Atmosphäre. Die Macht der Yakuza-Clanführer, die unter der
Oberfläche respektvollen Umgangs miteinander hindurchscheint, ist in jedem Bild zu spüren und gibt eine gefährliche Aura der Bedrohlichkeit ab. Die
stillen Bilder werden wie bei Kitano typisch aber immer wieder von plötzlichen Ausbrüchen der Gewalt unterbrochen. Das sind die Momente, in denen
uns klar wird, dass hinter der Fassade der Ehre und Loyalität nichts weiter als machthungrige Kriminelle in Anzügen stecken. Vielleicht bewahren
sie sich tatsächlich etwas an Ehre, um nicht vollkommen zu Monstern zu werden, aber gerade das bleibt fraglich, scheint dies doch eines der Themen
zu sein, die der Regisseur hier anzuschneiden versucht. Leider mag ihm das nicht so gut gelingen wie sonst, denn einen großen Mangel zeichnet "Outrage"
unzweifelhaft aus: die Charaktere bleiben allesamt zweidimensionale Abziehbilder der Yakuza. Keiner von ihnen weist wirklich Emotionen auf und so
bleibt es für den Zuschauer unmöglich, sich auch nur für einen von ihnen zu begeistern.
Bei der schieren Anzahl an Charakteren wäre es wohl auch unmöglich geworden, jeden von ihnen mit einer angemessenen Hintergrundgeschichte auszustatten,
aber wenigstens eine Bezugsperson wäre wünschenswert gewesen. Denn so springt der Film oft von Charakter zu Charakter, wobei er löblicherweise niemals
auseinandergerissen wirkt, sondern immer die Yakuza als gesamte Organisation im Fokus behält, und man interessiert sich für keines von ihren Schicksalen.
Das ist umso trauriger, als dass selbstverständlich nicht jedem ein gutes Ende vorherbestimmt ist und "Outrage" hier gutes Potential gehabt hätte,
Drama und Charaktertiefe mit einfließen zu lassen. Eine richtige Aussage kommt dem Film dadurch abhanden. Denn was wir hier auf der Oberfläche
präsentiert bekommen, haben wir schon in anderen Yakuza-/Triadenstreifen gesehen und von Kitano hätte man eigentlich erwartet, dass er den Gegensatz
von extremer Gewalt und Humanismus in nachdenklichen Bildern erzählt. Doch hier versagt der Film.
Kitano fing angeblich beim Drehbuchschreiben damit an, dass er sich die Tode einzelner Charaktere überlegte. Deswegen sollte es nicht verwundern, dass
zumindest einer von ihnen auf äußerst ausgefallene Weise um die Ecke gebracht wird. Wie gesagt ist es uns allerdings gleich, ob die verschiedenen Individuen
nun leben oder sterben. Jeder hat seine eigenen selbstsüchtigen Interessen und keiner von ihnen nimmt dabei Rücksicht auf den anderen. Selbst
der Detective im Film ist korrupt. Umso erstaunlicher ist es, dass "Outrage" dennoch eine gewisse Spannung aufbauen kann. Die Geschichte bietet
etliche Wendungen, das politische Taktieren der einzelnen Parteien ist faszinierend und die Unbarmherzigkeit, mit der das Schicksal einzelner Personen
beschlossen wird, kann ebenfalls fesseln. Eigentlich passiert zu jeder Minute etwas und bei der Vielzahl an Charakteren ist auch die gesamte
Aufmerksamkeit des Zuschauers gefragt. Ist diese allerdings gegeben, erweist es sich als erstaunlich einfach, den Überblick über die Geschehnisse
zu behalten. Die Kettenreaktion, die ein Missverständnis und Gewalt hier auslösen, trägt eigentlich den gesamten Film und die Faszination für die
Konsequenzen kann uns bis zum Schluss für sich gewinnen.
Die Yakuza scheinen bald wie ein Kartenhaus, das in sich zusammenstürzt. Der Kartenstapel wird neu gemischt und jeder will dabei selbstverständlich das
beste Blatt auf der Hand haben. Das wiederum sorgt für noch mehr innerlichen Zwist, der wiederum das neu aufgebaute Kartenhaus zum Wackeln bringt. Das
alles ist spannend und nett anzusehen, zumal die Gewalt durch Kitanos typisch trockenen Humor aufgelockert wird, doch irgendwie vermisst
man trotz der schönen Bilder irgendwie die Substanz, die Kitanos Filmen sonst so eigen ist. Wirklich originell ist die Geschichte nicht und eine
Botschaft scheint auch nicht von ihr getragen zu werden. Das Ende erweist sich sogar als ein etwas ungeschickter Epilog. Damit fehlt "Outrage"
das gewisse Etwas, das normalerweise Kitanos Werke auszeichnet und man muss sich vor allem fragen, warum er bei seinem eigentlich doch recht
gelungenen Drehbuch nicht auch den Charakteren mehr Farbe verliehen hat. Andererseits ist "Outrage" auch wesentlich unterhaltsamer als Kitanos
sonstige Kost. Vielleicht nimmt sich Takeshi Kitano in der Fortsetzung, die sich bereits in Vorbereitung befindet, ja die eine oder andere
Kritik zu Herzen. Als Yakuza-Streifen bleibt "Outrage" nichtsdestotrotz empfehlenswert.