Story: Der Restaurantbesitzer Wit (Pornwut Sarasin) und seine Frau Daeng (Lalita Panyopas), eine ehemalige
Schauspielerin, kehren aus Amerika in ihre Heimat Thailand zurück um an einer Trauerfeier teilzunehmen. Das Ehepaar
kommt in einem Hotel unter, hat sich aber schon lange nicht mehr viel zu sagen. Liebe ist zwischen den beiden seit
geraumer Zeit nicht mehr zu spüren, dafür aber eine familiäre Kälte, die langsam aber sicher einen Keil in die
Beziehung treibt. Als Wit für ein paar Stunden vor seiner Frau in die Hotelbar flüchtet lernt er das Mädchen Ploy
(Apinya Sakuljaroensuk) kennen, das auf seine Mutter wartet. Wit lädt Ploy auf sein Zimmer ein, damit sie sich noch
ein paar Stunden ausruhen und frisch machen kann. Daeng ist gar nicht begeistert davon ein fremdes Mädchen in ihr
Hotelzimmer zu lassen, zumal sie vermutet, dass Wit ein sexuelles Interesse an Ploy hat. Wie bisher flüchtet sich Daeng
auch in dieser Krise in Alkohol und Drogen, versucht aber mit Wit ein ernstes Gespräch über ihre Beziehung zu führen.
Dieser ignoriert sie jedoch.
Zur gleichen Zeit vergnügen sich der Barkeeper des Hotels (Ananda Everingham) und die Putzfrau Tum (Porntip Papanai)
mit gemeinsamen sexuellen Spielchen. Ihre Liebe steht im starken Kontrast zur kühlen Ehe von Daeng und Wit, die
stetig auf ihr Ende zusteuert...
Kritik: Wenn man die Welt zwischen Traum und Wirklichkeit bzw. den Moment zwischen Schlafen und Wachen in die
Form eines Films bannen wollte, dann würde dabei wohl "Ploy" herauskommen. Regisseur Pen-Ek Ratanaruang dürfte
vielen durch sein Werk "Last Life in the Universe" ein Begriff sein. Tatsächlich hat Pen-Ek aber vorher schon mit Filmen
wie "6ixtynin9", die ihm den Namen des thailändischen Tarantino einbrachten, Aufmerksamkeit erregt. Seine Hinwendung
zum subtilen und komplexen Drama in meditativen Bildern sollte ihm allerdings großen Applaus von ausländischen
Kritikern einbringen. Viele sahen nun in "Ploy" eine Rückkehr Pen-Eks zu seinen früheren Werken, was vielleicht auch
daran liegt, dass er mit seiner früheren Hauptdarstellerin Lalita Panyopas wieder zusammenarbeitete. Doch diese Annahme
ist schlichtweg falsch, da der Regisseur seinen jetzigen Weg unbeirrt weiter geht und dabei einen Film schafft, der
wahrscheinlich für die meisten weniger zugänglich ist als noch "Last Life in the Universe", der aber ein beinahe ebenso
faszinierendes und träumerisches Werk darstellt.
"Ploy" lebt von seiner Atmosphäre, die einfach ungemein gefangennehmend ist. Das ist umso erstaunlicher, als dass das
Tempo des Films sich auf einem äußerst niedrigen Level bewegt. Pen-Ek lässt sich Zeit selbst die kleinsten und
unbedeutendsten Szenen in all ihrer Länge zu zeigen, schafft es damit aber eine gewisse Grundstimmung zu kreieren, die
ansonsten nur schwer verwirklichbar gewesen wäre. Wer sich also fragt warum man Ploy minutenlang dabei beobachten muss,
wie sie sich schminkt, oder wie Daeng ihren Kaffee trinkt, der sollte sich auch fragen, ob der Film das selbe Gefühl
hätte vermitteln können, wenn diese Szenen gekürzt worden wären. Das schlafwandlerisch-gemächliche Tempo des Films
mag nach wie vor die Hauptschwäche des Films sein, aber grundlos ist es eben nicht.
War in den beiden vorherigen Werken des Regisseurs nocht Christopher Doyle für die berauschende Kinematographie zuständig,
so beweist hier Chankit Chamnivikaipong, der schon in "6ixtynin9" für Pen-Ek Ratanaruang gearbeitet hat, dass auch
er ein Talent dafür hat mit seinen Bildern eine ruhige und hypnotisierende Welt zu schaffen.
Getragen wird die Stimmung des Films außerdem von einem Soundtrack, der wahrscheinlich am besten in die Kategorie
Ambience fällt. Der Film ist fast konstant von einem gleichbleibenden Klangteppich der Geräusche durchzogen, auch wenn
man diese nicht immer als Musik bezeichnen kann. Das entführt uns aber nur umso mehr in diese Zwischenwelt von Realität
und Traum. Narrativ bekommen wir ebenfalls immer wieder zu spüren, dass wir uns hier in einer Welt zwischen den
Welten befinden. Viele Szenen beweisen sich im Nachhinein als Traum, andere wiederum könnten auch Wirklichkeit sein. So
verwischen hier mit der Zeit immer mehr die Grenzen und es bleibt dem Zuschauer überlassen, wie er bestimmte Szenen
deutet. Besonders deutlich fällt das bei der Liebesbeziehung zwischen dem Barkeeper und der Putzfrau auf. Sie steht
als eine Art Kontrast der kühlen Beziehung des Ehepaars entgegen und bietet einige heiße Erotikszenen, die in Thailand
von der Zensurbehörde gekürzt wurden, obwohl diese Szenen eben keineswegs viel zeigen und sich somit auch hervorragend
in dieses Art-House Drama einfügen. Von jener Beziehung berichtet uns Ploy, dass sie von ihr geträumt habe und dennoch
wissen wir, dass diese auch real ist. Oder doch nicht? "Ploy" spielt mit unserer Wahrnehmung und lässt uns letzten
Endes mehrere Möglichkeiten offen den Film zu interpretieren.
Die Schauspieler in "Ploy" leisten hervorragende Arbeit, allen voran natürlich das Ehepaar, dargestellt von Lalita Panyopas
und Schauspiel-Neuling Pornwut Sarasin. Die Beziehung hat die typischen Probleme, die man wohl eben nach 7 Jahren Ehe
hat und dennoch verkommt die Darstellung dieser Lebensgemeinschaft keineswegs zu einem Klischee. Im Gegenteil, vor allem
die Dialoge können begeistern und lassen einen sich wundern, warum man nicht mehr von ihnen im Film untergebracht hat.
Hat Wit Recht und jede Ehe hat ein Haltbarkeitsdatum, das man nicht kennt? Warum lädt Wit das Mädchen Ploy zu sich ein?
Anfangs glauben wir, dass er vielleicht tatsächlich sexuelles Interesse an diesem jungenhaft aussehenden und sehr jungen
Mädchen hat, aber mit der Zeit bekommt es mehr den Anschein, als wenn er Ploy als eine Art Fremdkörper in seine Ehe
gelassen hat um Veränderungen zu bewirken und die immer spürbare Grundspannung zwischen ihm und Daeng zu einer Explosion
zu führen. Gleichzeitig dient ihm Ploy aber auch als Seelsorgerin, auch wenn er am wenigsten den Eindruck macht, als
wenn er diese nötig hätte. Seine Gleichgültigkeit seiner Frau gegenüber ist aber eben keine ehrliche und so bekommen wir
fast den Eindruck - oder dies ist nur eine Möglichkeit der Interpretation - dass er seine Ehe retten will.
Die Protagonisten im Film haben nicht viel geschlafen und die Ereignisse spielen sich alle am frühen Morgen ab. Das
Gefühl der Einsamkeit und Sehnsucht wird somit auf eine fast schon einzigartige und verträumte Art dargestellt, die
irgendwie auch etwas sehr Schönes an sich hat. Dennoch muss man sich auch auf das meditative Tempo des Films einlassen
können wollen, ansonsten wird man "Ploy" trotz einer gewissen Spannung darüber, was wohl als nächstes passieren mag,
und was nun Traum bzw. Wirklichkeit ist, einfach nur als langweilig empfinden.
Negativ fällt außerdem noch die seltsam deplatziert wirkende und abstruse Geschichte von Daeng am Ende auf, die
besser durch eine andere ersetzt worden wäre. Davon abgesehen kann man aber kaum noch etwas objektives über "Ploy"
sagen, da dies ein Film ist den man fühlen muss. Und wie es nun einmal mit Gefühlen ist, können diese unterschiedlich
ausfallen. Einige werden den Film wegen seiner Atmosphäre und Stimmung lieben, andere werden ihn wegen seines
einschläfernden Tempos vielleicht einfach nur langweilig finden. In jedem Fall ist "Ploy" aber etwas Besonderes und
beleuchtet die Probleme einer Beziehung auf eine angenehm hypnotisierende Art und Weise. Das Thai-Kino ist nach wie
vor auf dem Vormarsch!