Story: Poongsan (Yoon Kye-sang) verdient sein Geld, indem er für Nord- oder Südkoreaner den Kontakt mit Familienmitgliedern auf der anderen
Seite herstellt, Waren schmuggelt oder direkt Personen über die Grenze bringt. Eines Tages wird der National Intelligence Service auf den Mann
aufmerksam. Er beschließt Poongsan zu benutzen und anschließend einzusperren. Der NIS beschützt einen nordkoreanischen Überläufer (Kim Jong-soo),
der ihnen wichtige Informationen geben kann, allerdings möchte dieser dafür seine Freundin In-oak (Kim Gyu-ri) wieder an seiner Seite wissen. Der NIS
beauftragt undercover Poongsan mit der Aufgabe und dieser schafft es tatsächlich, die Frau nach Südkorea zu bringen. Dort erwartet sie jedoch ein
Mann, der sich verändert hat. Außerdem hat sie für Poongsan auf ihrer Flucht Gefühle entwickelt. Poongsan wird währenddessen vom NIS gefangen genommen,
ihm gelingt aber schließlich die Flucht und er kann In-oak sowie deren Freund in seine Gewalt bringen. Er will endlich sein Geld für den Auftrag,
schon bald muss er aber feststellen, dass nicht nur das NIS hinter ihm her ist, sondern dass auch nordkoreanische Spione daran interessiert sind, den
Überläufer in seiner Gewalt tot zu sehen.
Kritik: "Poongsan" ist der Versuch, drei Geschichten von Art-House Regisseur Kim Ki-duk in einem Film zu verpacken und diesen außerdem
einem breiten zugänglich zu machen. Letzteres wäre auch im Bereich des Möglichen gewesen, denn für die Regie hat Kim seinen Schützling Jeon Jae-hong
hinter die Kamera treten lassen, der bereits sein Drehbuch zu "Beautiful" auf die Leinwand gebracht hat. Damit wirken die Geschehnisse weniger
abstrakt und es hat auch mehr Action seinen Weg in den Film gefunden. Erfolgreich kann man "Poongsan" aber nicht wirklich nennen. Es gibt genauso
viele positive wie negative Seite an diesem Actiondrama, das sich ganz klar zu viel auf einmal vorgenommen hat. Zum Teil handelt es sich um
eine für Kim Ki-duk typische Liebesgeschichte mit dem dazugehörigen physischen und seelischen Leid, dann verliert sich der Film aber immer wieder
im Genre des Spionagethrillers, nur um dann etwas politischer und melodramatischer auch noch die Teilung Koreas in den Fokus zu stellen. Manchmal
hat man deswegen das Gefühl, als wenn hier drei Filme auf einmal zusammengeschnitten worden wären.
Es gibt Szenen, die funktionieren in "Poongsan", und es gibt welche, die nur Kopfschütteln hervorrufen können. Auf jeden Fall ist immer wieder ganz
eindeutig Kim Ki-duks Handschrift in dem Film erkenntlich. Wieder verarbeitet er Themen, die er so oder so ähnlich schon durchexerziert hat. Die
Liebesgeschichte zwischen einem natürlich wieder stummen Protagonisten, über den wir nichts erfahren, und einer Nordkoreanerin, die von ihrem Mann,
der sie tatsächlich liebt (!), schlecht behandelt wird, erinnert an "3-Iron", während Poongsans diverse Ausflüge über die Grenze natürlich an "The Coast
Guard" erinnern müssen. Der Protagonist, über dessen Beweggründe wir auch im Verlauf selbstverständlich nichts erfahren, bleibt aber durchwegs interessant.
Er ist ein Grenzgänger, der weder hierhin noch dorthin gehört. Er ist heimatlos und doch in beiden Koreas beheimatet und damit höchstwahrscheinlich
auch eine Versinnbildlichung für die Zerrissenheit Koreas. Er ist ein Wanderer zwischen zwei Welten, so scheint es, und deshalb ist
er auch mit übermenschlichen Fähigkeiten ausgestattet.
Es ist faszinierend Poongsan zuzusehen, wie er mit Leichtigkeit das schafft, was selbst die besten Elite-Soldaten kaum bewerkstelligen können: durch
die entmilitarisierte
Zone zu spazieren. In Kim Ki-duks abstrakten, traumnahen Filmwelten ist sowas durchaus problemlos möglich, aber "Poongsan" ist zu sehr in der
Realität verhaftet, als dass solche Szenen erfolgreich funktionieren könnten. Noch schlimmer, hier zeigt sich Kim Ki-duks fast schon kindliche
Naivität und seine Nachlässigkeit, wenn es um das Schreiben von Szenen geht, die ihn augenscheinlich nicht großartig interessieren. Es ist, als
stünde im Drehbuch: "Poongsan schaltet zwei nordkoreanische Soldaten mit bloßen Händen aus, Poongsan befreit sich aus der Gewalt des NIS, Poongsan
kämpft sich durch 20 Security-Beamte." Ja, mit sowas muss der Zuschauer leben können und das geht einfach nicht, weil es so unglaublich unrealistisch
ist, dass es weh tut. Nicht einer der Beamten zieht eine Waffe, als Poongsan das Haus des Überläufers stürmt. Niemand ist diesem Mann gewachsen, es
sei denn, das Drehbuch verlangt, dass Poongsan überwältigt wird. Dann ist das plötzlich sogar ziemlich einfach möglich.
Jedoch muss man sich nicht nur über solche Szenen aufregen. In-oak marschiert über die koreanische Grenze und schreit dabei über die Felder, dass
es selbst ein tauber, stockbetrunkener und schlafender nordkoreanischer Soldat hören muss. Und dann fragt sie Poongsan, weil er sie etwas grob
behandelt, ob er nicht wisse, wie man eine Frau behandele! Kann man selbst in Nordkorea einen Prinzessinen-Komplex haben? Man hofft jedenfalls als
Zuschauer, dass sie auf eine der unzähligen Minen tritt und endlich auf immer den Mund hält. Glücklicherweise ändert sich dieses Bild, das wir von
In-oak haben und die Liebesgeschichte zwischen ihr und dem stummen Mann funktioniert auch irgendwie. Im weiteren Verlauf des Films gibt es dann aber noch
etliche Wendungen, die neue Parteien mit auf den Plan bringen und "Poongsan" extrem überladen wirken lassen. Nord- und südkoreanische Spezialeinheiten
haben beide ihre klischeebehaftenen Vertreter und einige von deren Dialogen wirken überaus künstlich.
Gegen Ende holt "Poongsan" dann noch mal ordentlich mit der Moralkeule aus. Der Konflikt im Film wird vollständig auf Nord- und Südkorea verlagert,
die sich nun gegenüber stehen und in der Form einiger Charaktere allegorisch die Rollen spielen, die die beiden Länder auf politischer Ebene ohnehin
schon einnehmen. Ein paar Momente sind überraschend gut geworden, andere sind wiederum schlichtweg zu dick aufgetragen. Mit seinem Ende versucht
Drehbuchschreiber Kim Ki-duk noch einmal die Richtung zu ändern und mit einem dramatischen Ende zu punkten, aber das geht einfach nicht auf. Die
Charaktere handeln alle nicht nachvollziehbar und bleiben Marionetten eines Drehbuchs, das offensichtlich auf etwas Bestimmes hinaus will. Das
soll in drei Filmen auf einmal erreicht werden und das klappt einfach überhaupt nicht, wie sich auch im Schnitt des Films immer wieder erkennen
lässt. Regisseur Jeon Jae-hong gibt seinem Werk zwar einen netten Film-Noir Look mit vielen Grautönen, aber trotz etlicher Wendungen bleibt
"Poongsan" mit seinen 121 Minuten zu lang. Es gibt Dinge, die man an dem Film mögen muss, ein paar Allegorien, Symbole, ein wenig Drama, aber als
Ganzes betrachtet, hat Kim Ki-duks Geschichte, die eindeutig auch Ambitionen zum Epischen hat, zu viele haarsträubende Logiklöcher, um wirklich
mitnehmen zu können. Mit seinen kleinen Filmen fährt Kim immer noch am besten.