Story: Kayo Agawa (Kasumi Arimura) arbeitet in einem 24-Stunden-Laden, doch ihre wahre Leidenschaft ist ihre ehrenamtliche Arbeit als Bewährungshelferin. Eine der Personen, für die sie verantwortlich ist, ist Makoto Kudo (Go Morita), der wegen Mordes im Gefängnis gesessen hat. Er ist sehr schweigsam, leistet aber in einer Werkstatt so gute Arbeit, dass der Chef ihn übernehmen will, sobald er seine Bewährung hinter sich hat. Kayo ist froh, dass für ihn alles gut läuft, doch ereignen sich in Kudos Leben dann einige Dinge, die ihn wieder auf die schiefe Bahn bringen könnten. Vor kurzem wurde einem Polizisten die Waffe entrissen und dieser angeschossen. Einige Zeit später wird eine Sozialdienstmitarbeiterin auf offener Straße exekutiert. Shinji Takimoto (Hayato Isomura) und sein Vorgesetzter bearbeiten den Fall und finden bald heraus, dass die Opfer nicht zufällig ausgewählt wurden. Anscheinend handelt es sich um einen Rachefeldzug. Derweil wird Kudo von seinem Bruder Minoru (Ryuya Wakaba) aufgesucht, dem es eindeutig nicht gut geht. Seit ihre Mutter von ihrem Stiefvater getötet wurde und die beiden in einem Waisenhaus körperlich misshandelt sowie unter Drogen gesetzt wurden, kommt Minoru nicht ohne Pillen aus. Sein mental kritischer Zustand lässt die Frage aufkommen, ob er nicht vielleicht derjenige ist, der sich auf einem Rachefeldzug befindet. Aber wie soll sich Kudo dann verhalten?
Kritik: Ist es für einen Verurteilten möglich, wieder Teil der Gesellschaft zu werden, speziell wenn er ein Mörder ist? "Prior Convictions" geht als Hybrid aus einem Drama und Thriller dieser Frage nach, wobei man sich bei dem wenig angsteinflößenden Protagonisten natürlich die Frage stellen muss, ob Kudo wirklich ein Mörder ist oder unschuldig verurteilt wurde. Doch die Geschichte führt uns nicht an der Nase herum, womit man es sich sehr einfach gemacht hätte. Wir erfahren recht bald, dass Kudo tatsächlich jemanden umgebracht hat. Selbstverständlich waren die Umstände in gewisser Weise nachvollziehbar, doch handelt es sich zweifellos um Mord. Derweil kommt es zu plötzlichen weiteren Morden und auch wenn ziemlich klar ist, dass Kudo selbst nicht verantwortlich für diese ist, wird er immer weiter in die Verwicklungen gezogen, bis man sich fragen muss, ob er jemals die Chance bekommen kann, wieder ein normales Leben zu führen.
Wir bekommen erst im späteren Verlauf der Geschichte mehr über Kudos Hintergrund erzählt, auch wenn bereits zuvor einige Fakten über seine Kindheit angeschnitten werden. Sein tragisches Leben hatte ihn zu jemandem gemacht, der prädestiniert war, eines Tages straffällig zu werden. Wenn jemand so oft bis an die Grenze des Ertragbaren gestoßen wird, muss er schließlich in einen Abgrund stürzen. Während Kudo der ruhige, in sich gekehrte Typ ist, der einfach lebt, weil man eben lebt, und selbst noch keine Perspektive gefunden hat, ist Kayo das Gegenstück. Ihre aufopferungsvolle Hilfsbereitschaft und ihr positives Denken sind ein Schimmer der Hoffnung für die Menschen, um die sie sich kümmert. Allerdings steht hinter ihrem Bedürfnis, anderen zu helfen, eine traumatische Erfahrung, über die sie anfangs noch nicht bereit ist, zu erzählen. Das alles baut bereits eine gewisse Spannung auf, aber wie gesagt, kommt es auch noch zu ein paar Morden, die auf anderer Ebene die Geschichte am Laufen halten.
Der Film mag also zum Teil psychologischer Thriller sein, ist aber auch ein Drama, um Menschen, die in der Gesellschaft keinen Platz mehr haben. Um die verschiedenen Aspekte angemessen transportieren zu können, die damit einhergehen, bedarf es guter darstellerischer Leistungen und die bekommt man sowohl in den Hauptrollen von Kasumi Arimura ("Call Me Chihiro") als auch Go Morito sowie einigen Nebenrollen, wobei Lily Franky ("Shoplifters") als Stiefvater besonders heraussticht. Zuweilen wirkt der Film aber auch etwas überladen, denn der Stiefvater, der Kudos Mutter ermordet hat, aber es irgendwie wieder geschafft hat, sich ein Leben aufzubauen, trägt noch viel Schuld und Schmerz in sich und die komplexen Gefühle, die sich in seinem Gesicht widerspiegeln, hätten viel mehr Raum verdient. Daneben verblassen dann leider Charaktere wie der Detective oder Kayos Freundin.
"Prior Convictions" mag wegen seiner ernsten und düsteren Thematik vielleicht nicht den Anschein machen, aber der Streifen basiert auf dem Manga "Zenkamono" von Masahito Kagawa und Toji Tsukishima, auch wenn für den Film eine neue Geschichte geschrieben wurde. Stilistisch wirkt der Film aber tatsächlich wie ein in tristen Bildern eingefangenes Drama und spannender Thriller, das mit düsterer Farbgebung und zahlreichen Wendungen das Tempo hochhalten möchte. Die meiste Zeit gelingt diese Symbiose auch. Gut und böse sind in "Prior Convictions" auch nicht durch eine klare Linie voneinander getrennt, und sich durch die Grauzonen zu bewegen und mit dem moralischen Kompass der Individuen auseinanderzusetzen, kann faszinieren. Leider geht das Ende aber in eine etwas zu überspitzte Richtung, in der einige Tränen vergossen werden. Das passt nicht recht zum restlichen Niveau des Streifens.
Kayos Geschichte läuft im späteren Verlauf parallel oder besser gesagt im Hintergrund ab. Auch hier verbergen sich komplexe Gefühle, so macht ein alter Freund ihr nach vielen Jahren immer noch Vorwürfe, auch wenn er es unausgesprochen lässt. Die vielen Nebengeschichten, die alle Teil des größeren Ganzen sind, wirken aber leider oft etwas chaotisch präsentiert. Strukturell hätte der Film eine kompaktere Erzählweise verdient, da man oft den Eindruck bekommt, die diversen Arme der Geschichte griffen in jede Richtung. Letzten Endes mangelt es "Prior Convictions" daher an Feinschliff und man fühlt sich weniger in die Geschichte involviert, als man es erwartet hätte. Objektiv betrachtet, ist der Film aber eine gute Symbiose aus Drama und Thriller mit guten Hauptdarstellern, der es nicht scheut, seine Charaktere etwas komplexer zu zeichnen, auch wenn wir nicht alle Seiten angemessen zu sehen bekommen.