Story: Detective Yoshioka (Koji Yakusho) wird an einen Tatort gerufen. Eine Frau wurde in einer Pfütze aus
Salzwasser ertränkt. Es werden Beweise gesammelt und schon bald hat man einen Fingerabdruck gefunden. Dieser stellt
sich allerdings als der von Yoshioka heraus. Da man annimmt, dass der Detective vergessen hat bei der Begehung des
Tatorts Handschuhe anzuziehen ist die Sache schnell erledigt. Doch Yoshioka findet mit der Zeit immer mehr Beweise,
die darauf hindeuten, dass er der Mörder ist. Aber warum kann er sich nicht daran erinnern?
Der Fall wird noch komplizierter als ein weiteres Opfer gefunden wird, das in Salzwasser ertränkt wurde. Der Täter ist
schnell gefasst und man geht davon aus, dass es sich bei diesem um einen Serienmörder handelt. Der Täter gesteht jedoch
nur einen Mord und kurze Zeit später wird erneut ein Opfer gefunden, das unter den gleichen Umständen gestorben ist.
Für die Polizei verwandelt sich der Fall in ein immer größer werdendes Rätsel, während Yoshioka plötzlich von dem Geist
einer Frau in Rot (Riona Hazuki) heimgesucht wird. Wird sie ihn in Ruhe lassen, wenn er das Rätsel um ihren Tod
gelüftet hat? Und warum kommt ihm immer wieder das Bild eines alten Haus, das er vor 15 Jahren gesehen hat in den
Kopf?
Kritik: Regisseur Kiyoshi Kurosawa beweist mit "Retribution" erneut, dass er eine sehr spezielle Art hat, Filme zu
machen. Das war schon seit "Pulse" oder "Cure" ersichtlich und hatte da auch seinen Reiz, aber Kurosawa hat sich zu sehr
in seinen Stil des Filmemachens verliebt, sodass wir hier eigentlich nichts Neues von ihm geboten bekommen. Wieder
mal nimmt er sich einer eigentlich recht normalen Story an, diesmal einer Detective-Story, und verlagert diese
in eine metaphysische Welt, die uns befremdet und viel Raum für Interpretation lässt. Klar dass dies viele
Kritiker dazu veranlasst mit den Händen zu klatschen und Kurosawa zu seinem neuesten Geniestreich zu gratulieren, aber
soviel Freundlichkeit wird er von mir nicht bekommen. Was den Film nämlich so frustrierend macht, abgesehen vom sehr
gemächlichen Tempo, ist der Fakt, dass wir uns beim Thema des Films sehr stark an die früheren Werke des Regisseurs
erinnert fühlen.
Auch diesmal wieder beleuchtet Kurosawa ein Individuum, das sich der normalen Welt entrückt und in den Wahnsinn zu
gleiten droht. Schuld, Einsamkeit und ein apokalyptisches Szenario, das allerdings mehr im Inneren der Charaktere
herrscht, sind wieder Motive von denen stark Gebrauch gemacht wird. Gerade die Art mit der die übernatürliche Welt
auf die uns bekannte trifft, ist sehr Kurosawa-typisch. Das geht sogar so weit, dass ich noch während der ersten
Hälfte des Films wusste von welchem Regisseur "Retribution" ist ohne es vorher zu wissen. Die Handschrift ist einfach
unverkennbar, was dann auch das Problem ist. Wer schon ein paar Filme des Regisseurs gesehen hat, wird hier nichts
Neues vorfinden. Die Charaktere von Kurosawas Filmen sind alle sehr zurückgezogen und werden von ihren eigenen
inneren Dämonen geplagt, die schließlich ihre Wahrnehmung verändern. Einsamkeit und die Kälte, die man in der
Gesellschaft zu spüren bekommt sind auch hier wieder Motive, die der Regisseur ausbaut, bis wir sogar gegen Ende
ein ähnlich postapokalytisches Bild von leeren Straßen zu sehen bekommen wie in "Pulse".
Die erste Hälfte des Films nutzt der Regisseur natürlich als Einführung, weshalb "Retribution" hier noch wie ein
netter Detective-Thriller mit ein paar Horror-Elementen wirkt. Hier ist der Thriller noch recht unterhaltsam und man
fragt sich, was es wohl mit Yoshiokas Gedächtnislücken auf sich hat. Hat er wirklich jemanden ermordet, und wenn ja
warum?
Kurosawa zeichnet den Verfall Yoshiokas Charakters in den Wahnsinn anhand bekannter Horrormotive, wandelt diese
aber so ab, dass sie immer irgendwie surreal wirken. So bekommen wir z.B. den Geist einer Frau präsentiert, die mit
einem roten Kleid bekleidet und langen schwarzen Haaren nicht wirklich Originalitätspunkte unter Horrorfans sammeln
dürfte, aber doch keineswegs auf die typische Japano-Horrorart in den Film integriert wurde. Sie ist nicht wirklich
angsteinflößend, obwohl es tatsächlich einige Szenen gibt, die einen wegen ihres Surrealismus das Blut in den Adern
gefrieren lassen können, sondern sie umzeichnet vielmehr die Reise des Hauptcharakters in den Wahnsinn. Wenn man dem
Film also eines zu Gute halten muss, dann ist es die Art wie er Detective-Thriller und Horrorfilm verbindet.
Doch die Schwächen des Films sind nur allzu offensichtlich und fallen zu stark ins Gewicht. Wir begleiten zwar
Yoshioka auf der Reise in den Abgrund seiner Seele, aber es interessiert uns nie wirklich, da es unmöglich ist sich mit
diesem Charakter zu identifizieren. Er ist ein zurückgezogener Geselle und scheint keine sozialen Bindungen
eingehen zu können. Die Szenen, die er mit seiner Freundin Harue hat zeigen dies umso deutlicher. Die meisten Fragen
von ihr beantwortet er mit einem "Hmmm" und verabschiedet sich auch genauso von ihr - selbst als sie sagt, dass sie ihn
für einige Wochen nicht besuchen können wird. Wir fühlen uns einfach von diesem Detective und seiner Art befremdet,
genauso wie von der immer surreal werdender Welt, die uns der Regisseur ab der zweiten Hälfte des Films vorstellt.
Dabei haben die Motive und die Art wie Kurosawa Filme macht so starken Wiedererkennwert, dass der größte Twist von
"Retribution" für mich schon nach kurzer Zeit ersichtlich war. Das ist frustrierend, denn es beweist eben, dass sich
der Regisseur zu sehr in seinen eigenen Stil verliebt hat und nichts Neues zu erzählen weiß.
Ebenfalls nervend ist das extrem langsame Tempo mit dem der Film ab der zweiten Hälfte erzählt wird. Der Film muss
unweigerlich an Struktur verlieren, da wir Yoshioka in eine Welt des Wahnsinns und der inneren Dämonen begleiten, aber
leider wird dies nicht mit interessanten Tricks (und ich spreche hier keineswegs von Special Effects) getan, sondern
wir begleiten den Detective gelangweilt dabei, wie er in Zeitlupentempo an bestimmten Orten nach Hinweisen über den
Geist, der ihn terrorisiert, sucht. Das wird mit der Zeit einfach unwahrscheinlich ermüdend.
Allerdings ist es jedoch interessant, dass Kurosawa oftmals sehr lange Aufnahmen verwendet. Manche von ihnen sind sogar
5 Minuten lang ohne auch nur einen Schnitt. Leider verhelfen auch solche Szenen dem Film nicht zu einem besseren
Tempo oder können die große emotionale Distanz, die wir immer zum Geschehen haben, überbrücken.
Koji Yakusho ist ein toller Schauspieler, der schon in etlichen von Kurosawas Filmen mitgespielt hat, und wenn man nach
dem Gefühl geht, dann sogar in allen. Er hat eine erfrischend subtile und in sich gekehrte Art seine Charaktere zu
spielen, die hier leider nichts daran ändern kann, dass wir nie mit Yoshioka sympathisieren können.
"Retribution" bietet wie immer viel Material, das interpretiert werden muss. Die surreale Welt, die hier gezeichnet wird
ist aber zu typisch für Kurosawa und bietet uns daher keine Überraschungen. Selbst das Ende, das uns abrupt in den
Abspann entlässt, wurde von mir schon erwartet. Für jene, die sich mit den Werken des Regisseurs noch nicht so
auskennen, mag der Film deshalb ganz nett sein, der Rest wird sich aber enttäuscht fragen müssen, warum Kurosawa sich
nicht mal was Neues einfallen lässt. Für mich ist Kiyoshi Kurosawa ganz klar einer der am meisten überschätzten Regisseure
Japans und "Retribution" untermauert dies nur. Wegen der Distanz, die man die ganze Zeit zum Geschehen hat, ist es
schwierig von "Retribution" unterhalten zu werden, und das langsame Tempo hilft da auch nicht wirklich. Somit lautet
das nüchterne Fazit: Nur für Fans des Regisseurs.