Story: Lee Tin-Yun (Louis Koo) ist Mitglied der Triadenorganisation "Loyalty Society", für die schon sein Vater gearbeitet hat. Seine Familie
besteht aber, seitdem er denken kann, nur aus seiner Mutter (Nora Miao), die keineswegs begeistert ist von dem Lebensweg, den ihr Sohn eingeschlagen
hat. Für Tin-Yun kann es aber gar nicht besser laufen. Zusammen mit seinen beiden Untergebenen Big Mouth (Lam Suet) und Big Eyes (Max Mok) arbeitet
er sich in der Hierarchie immer weiter nach oben, bis er etliche Geschäfte sein eigen nennen darf. Als er eines Tages seine neue Anwältin Mabel
Chan (Rene Liu) kennenlernt, will er sie sofort besitzen. Doch nach einer Nacht mit der eigentlich streng katholischen Frau, bekommt er von ihr
die Nachricht, die sein ganzes Leben verändern soll. Sie ist schwanger! Die Umstände erlauben Tin-Yun nicht einfach zu verschwinden und so muss
er sein Wort halten und sie heiraten. Als die kleine Hai-Yi (Liu Yihan) auf die Welt kommt, entwickelt Tin-Yun mit der Zeit tatsächlich Vatergefühle
und ein Verantwortungsbewusstsein. Er hält die Wahrheit über sein Triadendasein vor seiner Tochter geheim und will nach vielen Jahren auch endlich
aus dem Geschäft aussteigen. Doch das scheint unmöglich...
Kritik: Wenn wir an Triadenfilme denken, dann beinhaltet das düstere und blutige Thriller rund um Bruderschaft und Verrat. Vielleicht denken
wir auch an die eine oder andere abgedrehte Komödie. "Run Papa Run" ist trotz seiner Mängel aber erfrischend anders, denn er mischt die Genres, sodass
Comedy und Drama parallel existieren können und verzichtet dabei auf einen zu düsteren Unterton. Das Endprodukt mag sich dabei nicht immer durchgehend
ausgeglichen präsentieren, ist aber unterhaltsam und zu Teilen emotional involvierender, als man das für möglich halten würde. Der etwas leichtere
Ton ermöglicht dem Zuschauer einen einfachen Zugang zum Film und die Charaktere halten das Interesse durchgehend aufrecht. Da kann man es auch
verzeihen, dass viele gute Ideen am Schluss nicht bis zum Ende ausgearbeitet sind. Trotz einiger Hänger in der Mitte bietet der Film genug Abwechslung
und Witz, um sich stellenweise deutlich über durchschnittliches Hong Kong Kino zu heben.
Der Dramaton des Films bleibt immer offensichtlich, auch wenn er selten im Vordergrund steht. Schon am Anfang erfahren wir, dass Lee Tin-Yun
gestorben ist, und machen schließlich eine Reise in dessen Vergangenheit. Dabei werden wir von Lee selbst als Sprecher begleitet, der uns ein
bisschen etwas über sein Leben erzählt. Ungewöhnlich ist auch, dass Lee eine der Filmregeln bricht und sich oft direkt an den Zuschauer wendet,
indem er in die Kamera spricht, wenn er seine Taten kommentiert. Sowas kann schnell nervend für das Publikum werden, aber nicht hier, da Regisseurin
Sylvia Chang das richtige Gespür für Komik und erzähltechnischer Notwendigkeit besitzt. Sie lockert durch solche Einschübe die komplexe Erzählung
etwas auf und verleiht ihr dadurch gleichzeitig ein kleines Maß an Epik. Sie macht auch nicht davor Halt, eine kleine Gesangseinlage von Rene Liu
einzuarbeiten, aber auch hier gilt, dass diese keineswegs so deplatziert wirkt, wie es sich anhören mag.
"Run Papa Run" umreißt einige Jahrzehnte von Lee Tin-Yun. Anfangs sehen wir ihn mit grauenhaften Frisuren und Klamotten, als er Ende der 70er
Jahre die Gegend unsicher macht, später dann normalisiert sich nicht nur sein Aussehen, sondern er wird auch tatsächlich älter. Die grauen Haare
und der Bart wirken hier Wunder und auch Louis Koo ("Rob-B-Hood", "Overheard") selbst schafft es seinem Charakter etwas Reife zu geben. Damit
kommen wir auch schon zur größten Überraschung und zum unerwartetsten Pluspunkt des Films, Louis Koo. Er ist ja irgendwie selbst Schuld, dass man
ihn als Schauspieler immer noch nicht ernst nehmen kann. Seine Paraderolle ist die des verletzlichen Playboys, der ein Talent für komikhaftes
Overacting hat. Dabei
kann Koo weitaus mehr. Wenn er denn will. Mittlerweile sieht man ihn ohnehin in jedem gefühlten zweiten Hong Kong Film und so bleibt zu hoffen,
dass er in Zukunft die eine oder andere Rolle erwischt, die ihn sich wirklich als ernsthaften Schauspieler etablieren lässt. Seine Rolle in
"Run Papa Run" ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.
Koo bringt glaubhaft auf den Bildschirm, wie sich sein Charakter im Laufe der Jahre verändert. Auch Rene Liu ("A World without Thieves", "Double
Vision") trägt dazu bei, das Gefühl aufkommen zu lassen, dass tatsächlich einige Jahre vergehen, in denen sich das Verhältnis der beiden etwas
verändert. Unterstützt wird die Darstellerriege durch einige Gaststars wie Lam Suet, Fruit Chan und sogar Ti Lung!
Lee wird im Laufe des Films immer weicher und von seinen Zeiten als taffer Gangster bekommen wir nur noch wenig zu sehen. Dennoch haftet ihm dafür
später eine gewisse Professionaliät an, die ebenfalls durchaus angsteinflößend sein kann. Glücklicherweise war Tin-Yun jedoch nie ein Monster. Auch
wenn es Andeutungen gibt, sehen wir ihn nie etwas wirklich Grausames machen. Das ist eine weise Entscheidung, denn sonst hätten die komödiantischen
Einschübe nicht funktioniert und sein Wandel zum pflichtbewussten Vater wäre ebenfalls unglaubwürdig erschienen.
Die dramatischen Momente machen ebenfalls ein unerwartetes Highlight aus, da diese mit viel Feingefühl in den Film gearbeitet sind. Besonders in den
Momenten mit Tin-Yuns Mutter bekommen wir eine emotionale Tiefe präsentiert, die uns überrascht. Da fällt es umso negativer ins Gewicht, dass wir
gegen Ende mit zu vielen losen Enden in den Händen zurückgelassen werden. "Run Papa Run" schafft es zwar noch einmal einen Twist in den Film zu
arbeiten, aber wirklich zufriedenstellend wird Sylvia Changs Werk nicht abgeschlossen. Hätte sich der Film etwas mehr Zeit damit genommen,
die Probleme der Charaktere aufzulösen und dafür auf einige unnötige Längen im Mittelteil verzichtet, hätte ein wirklich schöner Film aus "Run Papa Run"
werden können. So handelt es sich hier einfach um einen Triadenfilm etwas anderer Natur, der durchaus unterhaltsam ist und auch einige qualitativ
anspruchsvolle Momente beinhaltet, aber eben nicht durchgehend auf dem gleichen Niveau arbeiten kann.