Story: Im 18. Jahrhundert in Edo wird das Mädchen Kiyoha (Anna Tsuchiya) in einen Rotlichtbezirk verkauft. Dort lernt sie wie eine Geisha
das Singen, Tanzen und wie man Gespräche führt. Kiyoha hat anfangs den untersten sozialen Rang inne, doch neben ihrer frechen Art hat sie noch etwas
anderes an sich, das die Männer verrückt macht. Schon bald steigt sie in der Gunst ihrer Freier auf und kann sich gegen ihre Rivalinnen durchsetzen.
Allerdings verliebt sie sich schließlich unglücklich in den jungen Mann Sojiro (Hiroki Narimiya). Zur gleichen Zeit wird sie die neue Oiran, das
Freudenmädchen mit dem höchsten Rang innerhalb des Vergnügungsviertels, und sie wird von dem Samurai Kuranosuke (Kippei Shiina) umgarnt, der sie
sogar zu seiner Frau machen will. Kiyoha lernt mit ihrer neu gewonnen Macht, die Regeln in dem Etablissement nach ihrem Denken zu beugen und zieht
es vor, mit armen Männern, die ihr Herz am rechten Fleck haben, die Nacht zu verbringen, als mit reichen Adligen. Doch glücklich kann sie so nicht
werden und sie träumt weiter von dem Tag, an dem sie ihrem Leben entfliehen kann, während ihr Beschützer Seiji (Masanobu Ando) das größte Unheil
von ihr fernhält.
Kritik: Es gibt Filme, die man alleine wegen ihres visuellen Einfallsreichtums gesehen haben muss. "Sakuran" ist so ein Fall. Mit den vielen
satten Farben, die sich vor allem im Rot- und Goldbereich bewegen, erinnert der Film vor allem an Regisseur Tetsuya Nakashima ("Memories of Matsuko",
"Kamikaze Girls"), allerdings ist dies hier Regisseurin Mika Ninagawas Erstlingswerk. Die beeindruckende Visualität des Films mag daher rühren, dass
Mika zuvor als Fotografin in der Kunstwelt einen nicht zu verachtenden Bekanntheitsgrad erlangt hat. Darüberhinaus basiert das Drama auf einem
Manga von Moyoco Anno,
weshalb die Herangehensweise an den Film auch eine Fokussierung auf das Visuelle nahelegt. "Sakuran" erzählt seine Geschichte somit auf eigentlich
schon popartige Weise, jedenfalls handelt es sich nicht um ein typisches Geisha-Drama, das in Edo spielt. Leider wird die Geschichte aber etwas
zu gedehnt erzählt, sodass man an manchen Stellen fast schon etwas Langeweile verspürt, trotz der angenehm frischen Herangehensweise an die Thematik.
Anna Tsuchiya ("Kamikaze Girls") in der Rolle als Freudenmädchen im 18. Jahrhundert zu sehen, wirkt etwas befremdlich, da sie ganz eindeutig keine
hundertprozentige Japanerin ist. Gerade das macht für viele Männer aber anscheinend den Reiz an ihr aus. Außerdem ist Kiyoha aufbrausend, dickköpfig
und privat nicht wirklich damenhaft, aber sie hat es tatsächlich gelernt, vor den Kunden ihre Rolle zu spielen. Zumindest die meiste Zeit. Tsuchiya
spielt deshalb fast schon zwei Rollen, während die eine in der anderen durchscheinen muss. Dabei gibt sie eine ziemlich gute Figur ab, während sie
von einer durchgängig starken Besetzung unterstützt wird. Masanobu Ando ("Sukiyaki Western Django", "Drive") als Bruderersatz oder Kippei Shiina
("Shinobi", "Outrage") als Samurai, der lernt, dass er mit Geld alleine Kiyoha nicht für sich gewinnen kann. Allerdings bleiben alle diese Figuren
dezent im Hintergrund, während eigentlich nur Kiyoha mit ihrer exzentrischen Art aus dem Rahmen fällt und damit das Zentrum des Films bildet.
Die mit viel Liebe zum Detail kreierten Sets und die leuchtend bunten Farben stehen in einem gewissen Gegensatz zu dem Schauplatz der Geschichte und der
Zeit, in der diese spielt. Dieser Kontrast zieht sich auch durch den Soundtrack. Die Musik von Ringo Shiina ist etwas poplastiger, bzw. enthält auch
viele Jazzelemente, was besser in den Film passt, als man es vermuten will, aber doch nicht so richtig wirken kann. Die Atmosphäre des Films bleibt
aber einzigartig. Leider vermag es die Geschichte jedoch nicht so wirklich zu fesseln. Es gibt viele Charaktere, mit denen Kiyoha interagiert, aber nur
zu wenigen von diesen kann man auch als Zuschauer ein Band knüpfen. Auch bei Seiji kann man erst spät erkennen, in welchem Verhältnis er zu
der Oiran steht, was vor allem wegen des Endes doch etwas unglücklich anmutet. Mehr emotionale Involviertheit des Zuschauers hätte ohne Weiteres
erreicht werden können, wenn man ein paar Charakteren mehr Raum zum Entfalten eingeräumt hätte.
"Sakuran" zeichnet das Bild einer Frau im Las Vegas des alten Japans, doch trotz des Umstands, dass der Film eigentlich vor und hinter der Kamera
von Frauen dominiert wird, gibt es wenig wirklich emotionale Szenen. Das ist der Grund, warum man leider nicht so gut in den Film finden kann, wie
dieser es vielleicht verdient hätte. Weiterhin kann die Geschichte nicht über die ganze Laufzeit hinweg unterhalten. Oftmals passiert einfach zu
wenig und man kann nur die Bilder weiter bewundern, während man sich fragt, wo der Film wohl eigentlich hin will. Die Veränderungen im Leben
der Oiran lassen den Film fast schon wie eine Biographie anmuten, lassen ihn aber nicht episodenartig wirken, da man nur bei genauem Hinsehen ausmachen kann,
dass mehrere Jahre für Kiyoha vergehen. Trotz dieser gelungenen technischen Umsetzung mangelt es dem Drama ein wenig an Wärme. Gerade
diese Wärme scheint das Freudenmädchen doch zu suchen. Ihre Sehnsucht tritt aber trotz des Symbolik des Kirschblütenbaums, der nie Früchte trägt,
unnötigerweise in den Hintergrund.
Es steckt einiges an Potential in "Sakuran", besonders die wunderschönen Bilder können fast schon einen Rausch beim Ansehen bewirken, und auch die
in den Film verarbeiteten Gegensätze sind ansprechend, aber die Geschichte kann diesen reichhaltig verzierten Rahmen nicht ausfüllen. Schauspielerisch
kann der Film überzeugen, aber das Drama kann auch auf subtiler Ebene nicht so funktionieren, wie es sollte. Damit bleibt am Ende ein
sogar zuweilen langatmiges Drama, das sich mehr auf die Geschichte hätte konzentrieren müssen. Besonders die Nebencharaktere wirken oft recht
farblos, was besonders vor dem Hintergrund eines solch farbenfrohen Werks unangenehm auffällt. "Sakuran" ist damit eine moderne Bearbeitung
der starken Frau, die sich in einer von Männern dominierten Welt durchzusetzen weiß, auch wenn ihr dafür nur ihre weiblichen Reize zur Verfügung
stehen. Ein interessanter Film, der allerdings ein paar zu viele Schwächen aufweist.