Story: Der professionelle Toilettenreiniger Tetsu (Jo Odagiri), der ängstliche Polizist Singo (Ryo Kase) und die
Chemikerin Saki (Chiaki Kuriyama) sitzen eines Tages im selben Bus, als dieser von einem Mann entführt wird.
Der Entführer spielt mit den Fahrgästen russisches Roulette, verletzt dabei Tetsu und erschießt sich daraufhin selbst.
Dieses Ereignis hat die drei Fremden nicht mehr losgelassen.
Drei Monate später läuft Singo plötzlich Tetsu wieder über
den Weg. Die zwei unterhalten sich darüber, dass ihr Leben so nicht weitergehen kann. Sie fühlen sich von der Gesellschaft
eingeengt und beschließen, dass sie der Welt mehr "Imagination" geben müssen. Zusammen machen sie ein Rachegeschäft auf.
Jeder, der will kann sie anheuern und so nimmt das ungleiche Duo Rache um den Menschen die Augen zu öffnen. Eines Tages
geht jedoch etwas schief und es gibt Tote...
Singo hat derweil immer noch Kontakt zu Saki, die nun anfängt in ihrem Labor Sprengstoff herzustellen. Doch zu welchem
Zweck? Im Moment hat Singo jedoch größere Probleme als hinter dieses Rätsel zu kommen, denn Tetsu gerät außer Kontrolle
und benimmt sich immer mehr wie ein Terrorist.
Kritik: "Scrap Heaven" ist ein Film, der weitaus mehr hat erhoffen lassen, als er am Ende liefert.
Lee Sang-il, der mit seinem Film
"69" auf sich aufmerksam gemacht hatte, schafft hier ein Werk, das grundlegend die Vereinsamung in Japan beleuchtet.
Unsere drei Hauptprotagonisten passen nicht in die konforme Gesellschaft und führen als Außenseiter ein in ihren
Augen sinnloses Leben. Das wird ihnen erst recht nach ihrem Erlebnis mit dem Busentführer bewusst. Sie wollen etwas
verändern und das Duo Tetsu/Singo macht sich auf zuerst amüsante Weise an die Arbeit. Doch die Katastrophe ist schon
vorauszusehen und schlussendlich verliert sich der Film in einem wirren Gestrüpp aus Gesellschaftskritik und schwammig
formulierten Aussagen.
Es ist unmöglich die Parallelen zu "Fight Club" zu übersehen. Tetsu übernimmt im Laufe des Films die Rolle Brad Pitts
und möchte der Welt mehr Vorstellungskraft geben. Singo/Edward Norton springt natürlich darauf an, da er einen Ausweg
aus seinem tristen Alltag sieht und endlich die Chance hat etwas zu verändern. Doch bevor man sich über die etlichen
Ähnlichkeiten aufregen kann ist der Film zuerst einmal nur unterhaltend und vor allem witzig.
Mit guten Überleitungen werden wir in das Leben der drei Hauptcharaktere eingeführt, dabei fällt vor allem das Editing
auf. Bilder aus der vergangenen Szene werden mit der der zukünftigen durcheinandergemischt, so dass ein interessanter
Übergang zu Stande gebracht wird. Gelungene technische Spielereien beiseite, "Scrap Heaven" ist in seiner ersten Hälfte
auf jeden Fall sehr witzig. Hauptsächlich ist das der Verdienst des hier äußerst charismatischen Jo Odagiris ("Shinobi")
in seiner Rolle als bunt-gekleideter Rebell mit wieder einmal gewöhnungsbedürftiger Fönfrisur.
Eigentlicher Hauptcharakter ist allerdings Singo, dargestellt von Ryo Kase, der als schüchterner Polizist hinter einem
Schreibtisch in der Verwaltung sein tristes Dasein fristet. Die Darsteller leisten alle außergewöhnlich gute Arbeit und
entwickeln sich im Laufe des Films weiter, auch wenn Odagiri mit seiner unberechenbaren und manchmal kindlich-zappeligen
Art Kase sehr oft die Show stiehlt. Ein wenig hätte man sich allerdings erhofft noch mehr von dem Innenleben oder den
Hintergründen der Charaktere zu sehen zu bekommen. Das betrifft vor allem auch Chiaki Kuriyamas Rolle, die den meisten
wohl als Gogo aus "Kill Bill" ein Begriff sein sollte. Saki, die zu Hause flüssigen Sprengstoff produziert, bleibt immer
undurchschaubar und merkwürdig. Hinter ihrer Person scheint es einiges entdecken zu geben, aber der Regisseur Lee macht
sich nie die Mühe weiter in die Materie einzudringen, sondern vernachlässigt sie sogar sträflichst.
Dann gibt es da auch noch eine angedeutete und sonderbare Liebesgeschichte zwischen Saki und Singo, die sich allerdings
einfach so im Sande verläuft, was nur einer der Gründe ist warum "Scrap Heaven" oftmals ziemlich frustrierend für den
Zuschauer sein kann.
Optisch gibt es wirklich nichts zu meckern. Lee Sang-ils Werk besticht durch außergewöhnliche Kameraeinstellungen,
verschiedene Filter, die z.B. die Großstadt mit ihrem grau-blauen Look noch trister wirken lässt als sie ohnehin
schon anmutet, und im Kontrast dazu stehen hin und wieder satte Farben. Künstlerisch ist der Film also durchaus sehr
anspruchsvoll, bietet dabei aber kein langweiliges Arthouse-Cinema, sondern kann auch auf Unterhaltungsebene überzeugen.
Leider aber nicht durchgängig.
Gegen Ende verliert der Film seinen Fokus, taumelt an den diversen Botschaften, die er übermitteln will vorbei, so dass
man nur vage Ahnungen davon hat was uns der Regisseur eigentlich sagen wollte. Und schließlich scheitert man vollends daran
uns ein einheitliches Ganzes zu präsentieren. Am Schluss bleiben nur Fragezeichen und das Gefühl, dass man hier etliche
Gelegenheiten verpasst hat etwas Wichtiges und Bedeutendes zu schaffen.
Positiv zu vermerken sind allerdings die kleinen und amüsanten Rachegeschichten von denen man gerne noch ein paar
mehr gesehen hätte. Die tragische Geschichte um Tetsus geistig verwirrten Vater, die zwar nur am Rande behandelt
wird aber der doch eine große Bedeutung für Tetsus Handeln zugemessen werden darf ist ebenfalls nett anzusehen.
"Scrap Heaven" dreht sich darum die Fesseln der Gesellschaft zu sprengen und darum freie Vorstellungskraft zu entwickeln.
Viele weitere Aussagen gehen allerdings im Wirr-warr des Scripts verloren. Die zweite Hälfte bietet zwar viel weniger
Humor, doch trotz der depressiven Stimmung bleibt dank den Charakteren immer noch ein wenig positive Lebenseinstellung
erhalten. Leider bleibt der tragische Twist am Ende unpassend, auch wenn uns die letzte Szene noch einmal ein
Augenzwinkern zuwirft, wie wir es den ganzen Film eigentlich bekommen.
Am Ende weiß man einfach nicht wirklich was man mit dem Film anfangen soll. Es gibt nur wenige Längen und ein gutes
Erzähltempo lässt keine Langeweile aufkommen, aber es fehlt an nötiger Essenz, denn davon scheint der Film
leben zu wollen. Immerhin stimmt der Cast und der Humor, so dass "Scrap Heaven" zumindest als Appetitanreger geeignet
ist - als Hauptspeise sollte man dann aber lieber zu David Finchers "Fight Club" greifen.