Story: Es ist das Jahr 1968. Zusammen mit 30 anderen zum Tode verurteilten Sträflingen wird Kang In-chan (Sol Kyung-gu) von dem Leiter
einer Spezialeinheit (Ahn Sung-kee) rekrutiert. Diese Einheit wird als Gegenmaßnahme zu einer kürzlich von der nordkoreanischen Regierung ausgeschickten
Einheit zur Ermordung des südkoreanischen Präsidenten ausgebildet. Die unter strengster Geheimhaltung auf der Insel Silmido ausgebildeten Soldaten
sollen bald nach Nordkorea geschickt werden, um Präsident Kim Il-sung zu töten. Kang muss nicht nur seinem Land etwas beweisen, sondern auch sich
selbst, da sein Vater als er ein Kind war, nach Nordkorea geflüchtet ist und er deshalb als Kommunist behandelt wird. Doch bevor er mit seinen
Kameraden, unter ihnen auch der hitzköpfige Sang-pil (Jeong Jae-yeong), auf diese selbstmörderische Mission aufbrechen kann, muss er ein eisernes
Training über sich ergehen lassen, das nicht jeder
Soldat überlebt. Doch als die Einheit endlich ausrücken will, wird die Mission vorerst auf Eis gelegt. Die politische Lage hat sich
mittlerweile entschärft und Nord- und Südkorea nähern sich einander nun wieder friedlich an. Für die geheime Militäreinheit auf der Insel Silmido
scheint es im Lichte der neuen Politik keinen Platz mehr zu geben, sodass Kang und seine Kameraden nicht nur einen Kampf um ihre Identität führen
müssen, sondern auch um ihr Leben...
Kritik: "Silmido" ist ein für koreanische Verhältnisse gewaltiges Projekt gewesen, das mit 8 Millionen Dollar Produktionskosten einiges an
Risiko mit sich brachte. Doch eine groß angelegte Marketingkampagne ließ den Film schließlich sogar die Erwartungen der Produzenten bei Weitem
übertreffen. Die Publikumsresonanz war enorm und der Film spielte Rekordergebnisse ein. Tatsächlich ist "Silmido" in einigen Belangen sogar
"Taegukgi" überlegen, was allerdings nicht heißt, dass es hier keine Probleme geben würde. Regisseur Kang Woo-suk ("Public Enemy") liefert
wirklich unterhaltsame Popkornunterhaltung ab, nur verarbeitet er gleichzeitig einen wahren Kern in seinen Film, was dann nicht nur
eine gute Portion Drama in den Film bringt, sondern eben auch Anspruch auf historische Glaubwürdigkeit. Letzteres kann aber nicht gegeben sein, da
sich der Film zu viele Freiheiten bei der Ausarbeitung der Details nimmt. Die tatsächliche Problematik liegt also darin, dass Kangs Versuch mit "Silmido"
zweigleisig zu fahren, nicht wirklich aufgeht. Davon abgesehen handelt es sich hier jedoch um qualitativ hochwertiges Kino.
"Silmido" ist im Gesamten einfach etwas epischer als der durchschnittliche koreanische Actionfilm angelegt. Das sieht man schon daran, dass einige
Szenen auf Malta bzw. in Neuseeland gedreht wurden. Als Grundlage für den Film dient die wahre Begebenheit, dass auf der Insel Silmido im Jahre
1968 eine Killerspezialeinheit aus zum Tode verurteilten Häftlingen ausgebildet wurden. Unter unmenschlichen Bedingungen,
die der Film auch auf stellenweise brutale Weise zeigt, sollte der perfekte Soldat bzw. die perfekte Tötungsmaschine ausgebildet werden.
Ein Manko des Films ist, dass er für das internationale Publikum aus dem Grund schon schlechter zugänglich ist, dass die Charaktere in Uniform alle
gleich aussehen. Zumindest das ungeübte Auge kann hier schnell Sol Kyung-gu mit einem von den anderen Soldaten verwechseln. Das dient auch nicht
gerade dazu, den Charakteren mehr Individualität zu verleihen, denn hier hat "Silmido" sowieso einige Probleme. Niemand kann hier richtig herausstechen
und diejenigen, denen das gelingt sind die Ausbilder, gespielt von Ahn Sung-kee ("Musa", "A Battle of Wits") und Heo Joon-ho.
Es mag aber wirklich schwer fallen, den Ausbildern gegenüber Sympathien zu entwickeln, denn obwohl ihnen augenscheinlich ihre Rekruten ans Herz
wachsen, sind sie doch auch diejenigen, die beim Training besonders hart zu ihnen sind, sodass sogar nicht jeder lebend das Training übersteht.
Bei den Soldaten ist es aber nicht viel anders. Einige von ihnen sind zu hitzköpfig, andere verlieren irgendwann die Nerven und manchmal scheint
auch durch, dass es sich bei den Charakteren eben doch um ehemalige Kriminelle handelt, so vergewaltigt einer der eigentlich sympathischeren Charaktere
schließlich eine Krankenschwester. Sol Kyung-gu ("Peppermint Candy", "Rikidozan") schafft es leider auch nicht seinem Charakter etwas mehr Tiefe
zu geben. Das Drehbuch scheint nicht einzelne Individuen ausformuliert zu haben, sondern nur die militärische Einheit als Ganzes. Somit fällt es
dem Zuschauer natürlich auch schwer wirklich mit den Charakteren zu fiebern, zumal sie wie gesagt ebenfalls sehr ambivalent in ihrer Gesinnung sind.
Dies führt selbstverständlich dazu, dass das Drama im Film nicht so zur Geltung kommen kann, wie es augenscheinlich intendiert war. Dass die
Soldaten nach dem Bescheid der Auflösung ihrer Einheit in eine Identitätskrise fallen, kommt da nur sehr marginal zur Geltung.
"Silmido" steckt voller patriotischer Dialoge und die Stimmung, die auch dank des dazu passenden Soundtracks aufgebaut wird, kann manchmal sogar
zu viel des Guten sein. Doch sind die Intentionen, die dahinter stecken, rechtschaffen. Es geht hier schließlich um Nord- gegen Südkorea, und
indem der Regisseur seine Truppe nach dem Verrat gegen die eigenen Leute kämpfen lässt, zeichnet er das Bild, das letztendlich alles auf den
Punkt bringt: Koreaner töten Koreaner. Seien es die aus dem Norden oder dem Süden. In Anbetracht dessen bekommt das Singen der Nationalhymne
auch eine ganz andere Note und wirkt gar nicht mehr so patriotisch.
Ebenfalls gelungen ist die kontrastive Gegenüberstellung von Militär und Regierungsapparat. Die Politiker interessiert bei einem Personalwechsel
schnell nicht mehr, was der Vorgänger gemacht hat und plötzlich verfolgt man eine ganz andere Politik, in die eine solch gut ausgebildete
Einheit wie die um Kang In-chan nicht mehr hineinpasst. Besonders am Ende betont der Regisseur in gelungenen abschließenden Bildern, dass die
Politik nicht nur viele Opfer im Nord-/Südkorea-Konflikt gefordert hat, sondern auch viele von ihnen in Vergessenheit hat geraten lassen.
Kang Woo-suk scheint sich bei der Präsentation auf den ersten Blick ein wenig an Michael Bay zu orientieren. Der bombastische und sehr gelungene
Soundtrack erinnert an Hans Zimmer und seine Arbeit zu "The Rock" und so ist der Film eben auch zu jeder Zeit sehr unterhaltsam und spannend.
Hinter all der Action steckt aber wie gesagt eine Botschaft, die man keineswegs kleinreden sollte. Die Einheit 684 ist keine Erfindung und auch der Fakt,
dass sieben Rekruten die enorm harte Ausbildung nicht überlebten, ist nicht gelogen. Im Gesamten hält sich der äußere Rahmen sogar sehr genau
an die Wahrheit, womit "Silmido" eben an ein trauriges Kapitel Südkoreas erinnert. Da man hier glücklicherweise auf unnötigen Heldenpathos
verzichtet hat, hat der Film auch nicht mit den gleichen Problemen wie "Taegukgi" zu kämpfen. Das Einzige, was "Silmido" abwertet, ist der Umstand,
dass die Mischung aus Action und Drama nie so ganz funktionieren will und dass die Charakterausarbeitung zu wünschen übrig lässt. Davon
abgesehen ist "Silmido" ein sehr gelungener Film, dessen Thematik ihm auch über die Action hinaus eine Daseinsberechtigung verleiht.