Story: Kang Min (Kam Woo-seong) wacht in einem Wald auf, in dem sich eine kleine Hütte befindet. Dort findet er die Leiche einer
Frau und eines Mannes. Irgendjemand anderes scheint ebenfalls noch dort zu sein und so gelingt es Kang gerade noch, aus dem Wald zu flüchten. Auf der
Straße wird er dann jedoch angefahren und landet im Krankenhaus. Nachdem er wieder zu sich kommt, möchte sein Freund und Polizist Seong-hyeon
(Jang Hyeon-seong) von ihm wissen, was vorgefallen ist. Kang berichtet ihm von dem Mord, allerdings sind die Erinnerungen, die er hat, wegen seiner
Kopfverletzung etwas neblig. Nach dem Tod seiner Frau ging er eine Beziehung mit einer Kollegin, der Reporterin Su-yeong (Kang Kyeong-heon), ein und
begab sich bald in eine Stadt, in der eine Geistergeschichte um einen Wald die Runde machte. Die Information bekam er von der Fotografin Su-jin
(Seo Jeong), die ihm schließlich von der Legende um den Wald berichtete. Kangs Erinnerungen bleiben jedoch verworren und die Polizei hat ihre
Probleme, den Mörder ausfindig zu machen. Die Suche nach dem Motiv erweist sich ebenfalls als schwierig und so bleibt Kang selbst der einzige
Hauptverdächtige und Zeuge.
Kritik: Es gibt Filme, die hinsichtlich der Atmosphäre, die sie auf den Bildschirm bringen, einmalig sind. "Spider Forest" vermag es, den
Zuschauer in eine Zwischenwelt zu entführen, eine Welt jenseits der Dämmerung, in der Wahrheit und Imagination eng beieinander liegen. Die
Erzählperspektive des Films ist oft recht verworren und verlangt vom Publikum die allerhöchste Aufmerksamkeit. Erinnerungen verschmelzen mit der
Realität, verdichten sich zu einem komplexen Gewirr, nur um dann auseinanderzufallen, sodass vom Zuschauer erwartet wird, die Erzählfäden in die richtige
Reihenfolge zu bringen. Eine Mühe, die der Film auf jeden Fall wert ist. "Spider Forest" ist ein ungewöhnlicher Mystery-Thriller, der mit einer
intelligenten Geschichte aufwarten kann und auch am Schluss noch für eine Überraschung gut ist.
Der neblige Wald, die Suche nach einem Mörder und merkwürdige Legenden, die sich um den "Spinnenwald" ranken, erzeugen eine intensive Atmosphäre,
die an eine Mischung aus "Twin Peaks" und "A Tale of Two Sisters" erinnert. Angereichert wird der Thriller dabei die ganze Zeit von vielen Symbolen
und Hinweisen, die dem aufmerksamen Zuschauer sogar erlauben, die eine oder andere Wendung vorherzusehen. Doch selbst für dieses Publikum hat
Regisseur Song Il-gon noch ein paar Überraschungen parat. Dem anfänglich etwas wirren Storyverlauf lässt sich schnell recht einfach folgen und dennoch
gibt es viele Szenen, die einem entgehen können bzw. erst beim zweiten Mal schauen offenbar werden. Als kleiner Hinweis darf erwähnt sein, dass
Seo Jeong ("The Isle", "Green Chair") hier eine Doppelrolle spielt.
Die Frage nach dem Mörder wird mit der Zeit zur unbedeutendsten und die Auflösung sollte eigentlich für niemanden überraschend sein. Es sind die
Hintergründe, die faszinieren können. Da der Film hauptsächlich in Rückblenden erzählt wird, und zwar aus der Perspektive von Kang Min, sind diese
recht unzusammenhängend und in chronologisch falscher Reihenfolge erzählt. Damit transportiert der Regisseur hervorragend die Verwirrung des
Protagonisten, der sich versucht zu erinnern, und lässt den Zuschauer zugleich in die Rolle von Kang schlüpfen. Das gelingt umso leichter, als dass Kang
gut ausgearbeitet ist und viele Facetten besitzt. Natürlich machen ihn auch die Dämonen, die er mit sich schleppt um einiges dreidimensionaler.
Man ist einfach ernsthaft interessiert daran, zu erfahren, woran ihn bestimmte Abwehrmechanismen hindern, sich zu erinnern.
Das ist auch der Grund, warum man ständig auf der Hut sein muss. Nichts auf dem Bildschirm dürfen wir für gegeben hinnehmen. Ohnehin handelt es sich
bei vielem, was wir zu sehen bekommen, um Fragmente und den Wahrheitsgehalt von diesen darf man durchaus anzweifeln. Doch irgendwo in all dem
Nebel liegt die Wahrheit verborgen oder zumindest eine davon. Obwohl "Spider Forest" keine eindeutigen Antworten liefert, schafft er es dennoch
erstaunlich gut, dem Zuschauer die Möglichkeit zu geben, seine Wahrheit zu finden. Damit erweist sich der Mystery-Thriller als keineswegs so
frustrierend wie weniger durchdachte Werke. Natürlich bedarf es dennoch einer guten Portion Arbeit, um eben jenes Gefühl der Frustration nicht
zu bekommen. Es handelt sich also keineswegs um einen Thriller für zwischendurch, sondern um einen für ein etwas erfahreneres Publikum.
Die fantastische Geschichte, die sich zwischen Traum und Wirklichkeit ansiedelt, wird zudem hervorragend durch äußerst atmosphärische Bilder getragen.
Besonders die Szenen im Wald wirken beklemmend und gruselig. Darüberhinaus durchzieht den Film aber vor allem eine ungemein starke Traurigkeit und
Sehnsucht. Eine Hoffnungslosigkeit hervorgerufen durch einen großen Verlust. Die tief greifenden Bilder werden dabei auch noch von einem gut
passenden Soundtrack untermalt. Es gibt aber neben den häufig surrealistisch anmutenden Bildern auch einige, die recht blutig sind und auch welche, die
erstaunlich viel nackte Haut zeigen. Diese bleiben aber immer Instrument der Erzählung. Außer einem etwas langsamen Tempo und dem Umstand, dass
man als Zuschauer vielleicht auch manchmal etwas zu viel gefordert wird, gibt es nur wenig an "Spider Forest" zu bemängeln. Ein ungewöhnlicher
und intelligenter Mystery-Thriller, der es alleine wegen seiner Einzigartigkeit verdient hat, gesehen zu werden.