Story: Jade (Rainie Yang) arbeitet als Webcam-Girl um ihrer eigenen Einsamkeit zu entfliehen. Um ihren Kunden
noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, entschließt sie sich ein Tattoo machen zu lassen. Sie besucht den örtlichen
Tattoo-Shop um sich bezüglich eines Motivs beraten zu lassen. Dort trifft sie Takeko (Isabella Leong) wieder, ihre
"Erste Liebe", die sie seit ihrem 9. Lebensjahr nicht mehr gesehen hat. Takeko erkennt sie jedoch nicht sofort und
weigert sich außerdem Jade das Tattoo einer "Spider Lily" zu geben, welches sie selbst trägt.
Grund dafür ist Takekos
Vergangenheit. Ihr Bruder Ching (Shen Jian-Hung) hat seit seiner Kindheit seine Erinnerung verloren und sich
seitdem kaum geistig weiterentwickelt. Ching musste als Kind mit ansehen, wie sein Vater das Opfer eines Erdbebens
wurde. Nur dessen Tattoo in Form einer Spider Lily blieb bei Ching im Gedächtnis. Um wieder einen Kontakt zu
ihrem Bruder herstellen zu können, lässt sich Takeko dasselbe Motiv tätowieren und lässt sich darüber hinaus sogar
zur Tätowiererin ausbilden.
Während sich Takeko wieder an Jade erinnert und das Webcam-Girl ganz klare Annäherungsversuche unternimmt, muss Jade
außerdem vorsichtig sein, dass sie nicht von einem verdeckten Ermittler (Kris Shie) gefasst wird, der ebenfalls ihre
Seite besucht.
Kritik: "Spider Lilies" ist ein Drama, das leider nach viel mehr aussieht und sogar nach noch viel mehr
strebt, als das, was es dann tatsächlich darstellt. Es ist schwierig, dem Film seine Tiefgründigkeit abzusprechen, aber
genau in dieser verliert er sich schließlich auch, sodass es besonders wegen der vielen kleinen Storys, die in den
Hauptplot eingewoben sind, unmöglich wird, den Film in seine Einzelteile aufzuspalten oder gar einen Zusammenhang
zwischen den diversen Subplots zu erkennen. Dies erweist sich dann eben auch als der Ursprung der Frustration den
"Spider Lilies" auslöst. Es gibt viele gute Ideen, der Film ist mit einem guten Auge für die richtigen Bilder
komponiert, und dennoch kann der Film nicht das abliefern, was er eigentlich will. "Spider Lilies" ist unnötig komplex
und zu überladen mit nicht relevanten Nebengeschichten, die alle irgendetwas mit der Hauptstory zu tun haben wollen, aber
dennoch nie wirklich den Film als ein Ganzes präsentieren können.
Irgendwo scheint sich also der Drehbuchschreiber in dem verloren zu haben, was ihm als eine geistreiche Geschichte
vorkam. Zugegeben, geistreich ist sie trotzdem, denn es geht um Liebe, Erinnerung und das was es bedeutet zu vergessen.
Wer glaubt, dass es hier nur um die Liebe geht, der hat sich aber geirrt. Oftmals ist dies jedoch tatsächlich der einzige
rote Faden, der uns irgendwie noch als Orientierungspunkt dienen kann. Denn zu der lesbischen Liebesgeschichte
zwischen Jade und Takeko, gesellt sich dann auch noch das Drama um Ching dazu, der durch ein Schockerlebnis seine
Erinnerung verloren hat und als hinterbliebener Junge in psychiatrischer Behandlung ist.
Aber das ist bei Weitem noch nicht alles. Wir erfahren, was es bedeutet sich tätowieren zu lassen - dass jedes Tattoo
seine eigene Bedeutung hat. Für die einen dient es als eine Art Festhalten der Erinnerung und für die anderen ist es
ein Steigern der eigenen Kräfte. Dazu kommt noch der Plot um Jades Einsamkeit, die gerade auch Ausdruck der heutigen
Internetgesellschaft ist. Jade flirtet zwar mit Männern, dies aber nur vor der Kamera. Ihre fröhliche Natur
verdeckt nur ihre stille Sehnsucht nach Liebe.
Dann gibt es da auch noch den Plot um einen stotternden Polizisten, der Jade auf ihrer Seite besucht und sie hinter
Gitter bringen will, bis er sich schließlich in sie verliebt. Wirklich überzeugend ist dieser Teil der Story jedoch
nicht, sondern er dient lediglich dazu zu ein paar Missverständnissen zu führen, da Jade den Polizisten natürlich
für Takeko hält. Außerdem soll das gemächliche Tempo des Films durch diese Nebenstory etwas aufgepeppt werden, doch
Spannung kommt hier niemals wirklich auf.
Auch für die Story um Adong, gespielt von Jay Shih, einen Möchtegern-Gangster, der sich durch seine Tattoos mächtiger
vorkommt, gilt das was eigentlich für alle Nebenstorys des Films gilt: Der Zuschauer weiß nie wirklich wie diese
im Zusammenhang zum Rest stehen soll, und letztendlich verlaufen sich diese Storys dann auch noch ins Leere. Ab und zu
glaubt man zwar für einen kurzen Moment greifen zu können, was die Filmemacher eigentlich bezwecken wollten, doch dann
entschwindet es einem auch genauso schnell wieder.
Etliche Flashbacks entführen uns immer wieder in die Vergangenheit von Takeko, so dass wir sogar tatsächlich einiges
über sie erfahren. Trotzdem bleibt ihre Person immer etwas distanziert und wirkt nie wirklich lebendig. Als wenn sie
einfach nur die Idee eines Drehbuchs wäre, das als ein Mittel für das Voranbringen der Story dient. Das ist schade,
denn so bleibt Isabella Leongs ("Isabella") Schauspiel auch sehr reserviert und kühl, so dass wir hier nie eine
Bezugsperson haben, mit der man sich identifizieren kann. Popstar Rainie Yang geht zwar mit Jade in diese Richtung, doch
erfahren wir über deren Vergangenheit leider viel zu wenig, als dass wir uns um sie kümmern würden. Außerdem hat ihr
Charakter immer etwas Verstelltes an sich. Nichtsdestotrotz ist Yang eine wahre Augenweide und ist meistens so
süß, dass es schwierig ist als Mann nicht einfach dahinzuschmelzen.
Ein großes Plus des Films ist die lesbische Liebesgeschichte, die erstaunlich selbstbewusst präsentiert wird. Die
sexuelle Orientierung von Jade und Takeko ist halt eben lesbisch und das wird hier erfrischend selbstverständlich auf
den Bildschirm gebracht. Ein paar vor Erotik knisternde Liebesszenen zwischen den beiden Hauptprotagonistinnen gibt
es als Bonus dann auch noch dazu.
Handwerklich gibt es an "Spider Lilies" nichts auszusetzen. Die düstere Farbwahl trägt die traurige und einsame
Grundstimmung des Films sehr überzeugend, die Bilder sprechen ebenfalls für die Expertise von Regisseurin Zero
Chou und ein stimmiger Soundtrack rundet das Gesamtbild ab.
Leider verwehrt einem das Werk aber die Einsicht in das, was wohl der Kern oder die Aussage des Films sein sollte.
Es steht außer Zweifel, dass "Spider Lilies" voller Motive und bedeutungsvoller Nebenstories ist, oder besser gesagt
sein wollte, aber im Endeffekt verheddert sich der Film in zu vielen Nebenplots und in seiner Selbstverliebtheit in
Bezug auf seinen tiefgründigen Charakter. Das tritt auch am Ende wieder stark in den Vordergrund, das dann
tatsächlich anders kommt als erwartet, aber auch irgendwie unpassend wirkt.
"Spider Lilies" ist eigentlich kein schlechtes Drama, verliert sich aber schließlich unentschuldbar in einer
ziellosen Story und einer Message, die niemals wirklich durchschaubar ist. Schade.