Story: Nach einer 10-jährigen Haftstrafe wegen Mordes kommt der ehemalige Gangster Tae-sik (Kim Rae-won) aus
dem Gefängnis. Mit einem Notizbuch gewappnet, in dem er aufgezeichnet hat was er nie wieder in seinem Leben machen
wird und was seine zukünftigen Träume sind, sucht er Reue und versucht sich wieder in die Gesellschaft einzufügen.
Er kommt bei seiner "Mutter" (Kim Hae-sook)
unter, die ihn adoptiert hat, und freundet sich langsam mit seiner neuen und sehr quirligen Schwester (Heo I-jae)
an. Er geht einer ehrlichen Arbeit in einer Autowerkstatt nach und versucht jedem Ärger aus dem Weg zu gehen.
Allerdings fürchten sich seine beiden ehemaligen Freunde vor ihm, da sie annehmen, dass er ihre Position und ihren
Club einnehmen können wollte. Sie wissen nicht, dass Tae-sik diese Art von Leben lange hinter sich gelassen hat.
Jedoch will der Politiker und Gangsterboss der Stadt, Cho Pan-su (Kim Byeong-ok), ein Einkaufszentrum auf dem
Sonnenblumenfeld errichten, auf dem auch Tae-siks Mutter ihren Laden hat. Natürlich weigert sie sich ihren Laden
zu verkaufen und so kommt es zu Auseinandersetzungen, die Tae-sik bis zum Ende versucht auf friedliche Art zu lösen...
Kritik: Wer nach der Inhaltsangabe einen wenig innovativen Gangsterfilm erwartet, wird von "Sunflower" überrascht
sein. Der Film arbeitet in einem kleinen Rahmen und die Story ist wirklich alles andere als originell, aber gerade
diese Einfachheit lässt die Stärken des Films ganz eindeutig hervorstechen und kann den Zuschauer für sich gewinnen.
"Sunflower" ist ein Charakterdrama rund um Kim Rae-won ("My little Bride", "Mister Socrates"), das sich zu Herzen nimmt,
worauf jedes Drama Wert legen sollte, nämlich mit den Charakteren und ihren Wünschen und Hoffnungen zu arbeiten.
Tae-sik ist ein interessanter und vielschichtiger Charakter, dessen Schüchternheit eine nicht so glänzende Vergangenheit
verbirgt. Wenn wir dann erfahren, was für ein rücksichtsloser und brutaler Gangsterboss er einst war, dann
scheint das auf den ersten Blick zu einer Inkongruenz mit dem Bild zu führen, das wir bisher von ihm gezeichnet
bekommen haben, aber Kim Rae-wons hervorragende schauspielerische Leistung, sowie viele kleine Details in seiner
Geschichte lassen ihn als ein glaubwürdiges und real wirkendes Ganzes erscheinen.
Der Film beginnt gemächlich und führt uns auf fast schon leichtherzige Weise in die Geschichte ein. Tae-sik kommt nach
"Hause" und findet dort eine liebevolle Mutter vor, der man ansieht, dass sie wie so viele koreanische Mütter schon
einiges durchgemacht hat, und die deshalb nicht bereit ist ihren Laden an irgendwelche dahergelaufenen Gangster abzutreten.
Doch auch wenn der Zuschauer schon jetzt weiß, dass das notgedrungen zu einigen Problemen und vor allem gewalttätigen
Auseinandersetzungen führen wird, sind wir erst einmal ganz von Tae-siks neuem Leben und seinen Versuchen eingenommen
sich mit seiner vorlauten, aber gleichzeitig sehr liebenswürdigen Schwester zu arrangieren. Dabei ist es ganz hilfreich,
dass Heo I-jae ("Princess Hours") mit ihrem zuckersüßen Aussehen und Verhalten schnell die Herzen der Zuschauer und
natürlich auch das von Tae-sik für sich gewinnen kann.
Ebenfalls ein nettes kleines Detail ist Tae-siks Notizbuch, in dem er all seine Wünsche eingetragen hat, welche er nun
alle abarbeitet. Für uns ist klar, dass er ohne dieses Buch im Gefängnis nicht hätte überleben können.
Nach und nach bekommen wir durch die anderen Charaktere auch immer wieder etwas über Tae-siks frühere Person
zu hören. Wenn er einmal getrunken hat wird er zum furchtlosen und fast schon unbesiegbaren Kämpfer. Ein Grund,
warum sich Tae-sik geschworen hat nie wieder zu trinken. Auch hier wissen wir schon, dass dies schlussendlich auf
einen Showdown hinauslaufen muss, zu dem Tae-sik mit einigen Promille antritt. Aber diese Vorhersehbarkeit ist
keineswegs so störend wie man das annehmen könnte. Interessanterweise ist "Sunflower" trotz seiner dramatischen
Natur und einigen brutalen Szenen auch von nettem Humor aufgelockert. So erzählt z.B. ein Polizist von Tae-siks
berühmtester Schlägerei, wobei das Polizeifahrzeug, in dem der Polizist und sein Partner sich befinden direkt
physisch von Tae-siks Schlägerei beeinflusst wird, so dass in dieser interessanten Szene zwei verschiedene Zeitebenen
miteinander verschmelzen.
Die Polizisten dienen ohnehin als eine Art Running-Gag. Sie greifen niemals in irgendwelche Handgemenge ein und scheinen
immer irgendwie Mittagspause zu haben. Ein ebenso lustiger Einschub ist einer von Cho Pan-sus Handlangern, der seine
Untergebenen nicht wie für Gangster üblich zusammenschlägt, sondern sie ekelhafte Flüssigkeiten trinken lässt, wobei
er vorher genüsslich die Zutaten vorliest. Ebenfalls witzig sind einige Szenen, in denen Tae-sik sich nach 10-jähriger
Haftstrafe erst einmal an die neuen Technologien gewöhnen muss, denn in Korea hat sich im Laufe der letzten 10 Jahre
so einiges getan, wie er feststellen muss.
Ab der zweiten Hälfte wird der Film aber immer ernster und die anfangs immer mal eingestreuten Gewaltmomente nehmen
Überhand. Was "Sunflower" so einnehmend macht ist unter anderem auch seine ehrliche Darstellung der Gangsterszene und
all der Gewalt und dem Verrat, die dort ansässig sind. Regisseur Kang Seok-beom ist auch erstaunlich unbarmherzig,
wenn es um die Charaktere geht und so wird man die eine oder andere harte Überraschung erleben. Dennoch bleibt völlig
unerklärlich warum Cho Pan-su anfängt über Leichen zu gehen, obwohl er eigentlich schon hat was er wollte. Hier wäre
ein bisschen mehr Realismus wünschenswert gewesen.
Die dramatischen Momente können vor allem dank der schauspielerischen Leistungen überzeugen und dem gelungenen
Fundament, das durch die gute Charakterausarbeitung geschaffen wurde. Nebenbei muss aber angemerkt werden, dass eine
der traurigsten Szenen des Films so fast 1:1 schon in "Failan" vorzufinden war, was etwas irritierend ist.
Die Regie an sich ist nicht weiter außergewöhnlich, erst am Ende können die Bilder einiges hermachen. Der besagte
unausweichliche Showdown findet nämlich in einem edlen hotelartigen Club statt, in dem Feuer und Wasser das
Kampfgeschehen untermalen. Immer wieder eine ansprechende Kombination. Und auch wenn der Kampf nicht durch ausgereifte
Choreographie besticht, so ist dieses Finale doch gerade deshalb so effektiv, weil die Gewalt und die Verzweiflung
Tae-siks so ehrlich und real ist, dass man glaubt sie fühlen zu können.
Ganz zum Schluss kann "Sunflower" aber merkwürdigerweise nicht die Tränen hervorrufen, die man eigentlich erwartet hat -
obwohl er es versucht. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir hier ein schönes, kleines Gangsterdrama haben, das
gekonnt die Schwächen seiner schon oft gesehenen Geschichte ausmerzen kann!