Story: Lee Geum-ja (Lee Yeong-ae) sitzt für 13 Jahre im Gefängnis. Als 19-Jährige soll sie einen kleinen
Jungen entführt und ermordet haben. Die Nation war geschockt über die Kaltblütigkeit ihrer Tat und vor allem von
ihrem unschuldigen Aussehen. Doch im Gefängnis scheint sich Geum-ja verändert zu haben. Sie konvertiert zum
christlichen Glauben, betet sehr viel und macht sich unter ihren Mitgefangenen als gutherziger Engel einen Namen.
So hilft sie nicht nur wo sie kann, sondern spendet sogar einer ihrer Zellenkameradinnen eine Niere.
Ihre freundliche Art hat jedoch einen ganz eigennützigen Sinn, wie sich bei ihrer Freilassung herausstellen soll.
Sie hat 13 Jahre lang an einem Plan gearbeitet um sich an dem Killer Baek (Choi Min-sik) rächen zu können, wegen
dem sie zu Unrecht im Gefängnis saß. Behilflich sind ihr dabei etliche ehemalige Gefangene, die ihre Schulden bei
Geum-ja abzahlen möchten.
Aus dem gutmütigen Engel wird ein unbarmherziger Racheengel...
Kritik: "Sympathy for Lady Vengeance" bildet den Abschluss der "Vengeance"-Reihe und beendet damit eine der
besten Trilogien des asiatischen Kinos. Die Erwartungen waren nach "Oldboy" sehr hoch und auch wenn sie bzgl. einiger
Aspekte nicht ganz erfüllt werden mögen, so bietet Park Chan-Wooks neuester Geniestreich doch genügend Feinfühligkeit
und Liebe zum Detail, um den Zuschauer mehr als versöhnlich zu stimmen!
Schon das Intro alleine strotzt nur so vor visueller und musikalischer Genialität, die uns Lust auf mehr macht.
Hier liegt auch gleich die größte Stärke des Films. Park beweist wieder einmal, dass er was die Bilder betrifft ein
begnadeter Komponist ist. Er wird von Film zu Film immer besser. "Sympathy for Lady Vengeance" als ein künstlerisches
Meisterwerk zu beschreiben ist keine Übertreibung. Szenen wie die, in der Geum-ja in einem Traum einem Hund mit dem
Kopf Baeks in einer schneebedeckten Landschaft eine Waffe an den Schädel hält und abdrückt sind poetisch und
verstörend zugleich. Doch die edel komponierten Bilder, die auch schon in "Oldboy" zu sehen waren, wechseln sich
mit leicht verwackelten längeren Handkameraaufnahmen ab, wie sie schon in "Sympathy for Mr. Vengeance" zu sehen
waren. Das ist nicht weiter störend, sondern trägt sogar noch zur Atmosphäre und dem künstlerischen Anspruch des
Films bei.
Außerdem ist da noch die Musik. Selten hat man eine schönere und passendere Musikuntermalung gehört. Durchwegs
klassische Stücke, die meisten von ihnen sind stark von Vivaldi beeinflusst, einige von ihm haben direkt den Weg in den
Film gefunden, verwöhnen mit barocken Instrumenten wie dem Cembalo das Ohr. Waltzerartige Rhythmen, runden wie schon in
"Oldboy" das musikalische Klangbild ab. Park scheint ein großer Bewunderer von Vivaldi zu sein, dem ich mich eigentlich
nur anschließen kann. Die Musik wertet den Film um einiges auf und bringt vor allem die dramatischen Momente grandios
zur Geltung.
Doch auch an anderer Stelle ist der Film ein formales Meisterwerk. Die Waffe, die Geum-ja anfertigen lässt ist mehr
ein Kunstwerk als eine Pistole, der rote Lidschatten gibt Geum-ja etwas undurchschaubar Gefährliches, gleich einem
Engel, der vom Himmel gefallen ist. Daneben arbeitet Park auch gerne mit Symbolik, wie z.B. dem weißen Tofu als
Abbild der reinen Seele.
Viele der Orte an denen der Film spielt sind eigentlich recht simpel, wie z.B. die Bäckerei oder Geum-jas Wohnung unter
den Treppen, aber sie alle zeichnet etwas Außergewöhnliches aus. Park legt eine gewisse Magie in die Schauplätze, was
ihm vor allem durch sein unwahrscheinlich gutes Auge für Details gelingt.
Interessant ist, dass zuerst nicht wirklich klar ist, ob Geum-ja wirklich den Mord an dem Jungen begangen hat oder
nicht. Der Film beginnt mit ihrer Freilassung aus dem Gefängnis und führt uns durch etliche Rückblenden in die
Vergangenheit Geum-jas ein. Die Art und Weise, wie Park zwischen den verschiedenen Zeitebenen seines Films hin- und
herspringt ist erstaunlich. Mit Leichtigkeit verbindet er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sofern der Zuschauer
ein wenig aufpasst, wird es auch nicht sonderlich schwer sein den Überblick zu behalten. Die Gefängnisepisoden sind
außerdem ein wichtiger Bestandteil für Geum-jas ausgefallene Planung, denn nichts was sie tut ist wirklich
uneigennützig...
Diese Erzählweise ermöglicht es natürlich uns eine Weile im Ungewissen über Geum-jas Motive der Rache zu lassen, doch
nach und nach wird uns klar, dass sie nicht der wahre Täter war. Begleitet wird das Geschehen dabei immer von einer
Erzählerstimme, die uns durch den Film und das Leben Geum-jas führt.
Großartig ist übrigens auch der schwarze Humor, mit dem Park auch diesmal wieder nicht geizt. Da wäre zum einen die
Szene, in der eine der unangenehmen Gefangenen auf rutschigen Boden ausrutscht und Geum-ja daraufhin mit einer Seife
den Raum betritt und wie zur Erklärung damit winkt als würde sie sich in einem Seifenwerbespot befinden. Auch die
manchmal trockene Abfolge der Bilder oder Momente, die einfach voller Kontrast sind, wie die in der die schon erwähnte
Gefangene in einem typisch amerikanischen Vorort-Häuschen an einem sonnigen Tag grillt während wir erfahren, dass sie
ihren Mann und seine Geliebte getötet und gegessen hat, können zu einem ungewollten Grinsen führen.
Ganz nebenbei übt Park auch noch gekonnt Kritik an der Sensationsgeilheit der Medien und der Art, wie diese die
Geschichte um Geum-ja den Zuschauern verkauft.
Schade ist allerdings, dass der Film ab der Mitte einen starken Hänger hat. Die Geschichte rund um Geum-jas Tochter
zieht sich dann doch etwas und man hat das Gefühl, dass der Film nicht von der Stelle kommt. Spätestens als wir uns
in der alten verlassenen Schule befinden, sind wir aber wieder voll im Geschehen. Zwar verlagert sich der Fokus von
Geum-ja wegen eines gelungenen Twists plötzlich auf ein paar andere Personen, doch ist das nicht wirklich störend.
Die Szene in der Schule ist übrigens eine richtig harte und brutale. Obwohl wir von dem Videoband auf dem Baek zu sehen
ist, wie er ein kleines Kind ermordet, fast nichts zu sehen bekommen, reichen die Andeutungen schon aus um in uns ein
ungutes Gefühl zu erwecken. Die Art wie an Baek dann schließlich Rache genommen werden soll ist auch sehr kompromisslos,
vor allem wenn man sich dann noch den Polizist in Erinnerung ruft, wie er Tips gibt wie das Opfer trotz Messerstiche
noch lange am Leben bleiben kann.
Natürlich liegen unsere Sympathien bei der Hauptprotagonistin Lee Yeong-ae ("One Fine Spring Day", "JSA"), die eine
schöne Vorstellung abgibt. Sie scheint der Teufel im Engelskostüm zu sein oder eben umgekehrt. Wie es sich der Film nicht
nehmen lässt noch einmal zu betonen, hätte jeden das Schicksal Geum-jas ereilen können. Wie würden wir handeln?
Kann Mord gerechtfertigt sein? Park Chan-wook bleibt bewusst neutral bzgl. der Antwort und überlässt es dem Zuschauer
über Geum-ja und ihre Taten zu urteilen. Nichtsdestotrotz bleibt sie ein bemitleidenswerter Charakter, denn die Strafe
für ihre Rache scheint sie ja schon für eine andere Tat abgesessen zu haben. Was sollte sie also von ihrem Weg
abbringen? Zumal nichts von dem was geschah ihr eigenes Verschulden war.
Das eigentliche Motiv, das in "Sympathy for Lady Vengeance" im Vordergrund steht ist allerdings die Sühne.
Kann man für seine Sünden bezahlen? Wie hoch ist der Preis?
Park Chan-wook hat es wieder einmal geschafft einen aufwühlenden Film zu schaffen, der einen noch Stunden nach dem
Abspann beschäftigen wird. Mit sehr viel Feingefühl beleuchtet er neue Aspekte seiner Rachethematik und auch die
Schauspieler tragen zum Gelingen seines Films bei. Choi Min-sik steht diesmal auf der "bösen" Seite und auch wenn wir
gerne etwas mehr von ihm erfahren und gesehen hätten, so schafft Choi doch in der kurzen Zeit, die er auf dem
Bildschirm hat die verborgene Boshaftigkeit seines Charakters gut darzustellen. Außerdem gibt es etliche Cameos
zu bestaunen. Der aufmerksame Zuschauer wird außerdem mit einigen Anspielungen auf die vorherigen Teile belohnt
werden, so wurde z.b. der Satz über gute und schlechte Kidnapping wortgetreu übernommen und Choi Min-siks Frisur muss
wieder mal dran glauben.
Es heißt also Augen aufhalten!
"Sympathy for Lady Vengeance" verbindet die Stärken von "Oldboy" mit denen von "Sympathy for Mr. Vengeance", aber
leider auch die Schwächen des letzteren. Das hat zur Folge, dass das Tempo manchmal ein wenig zu wünschen übrig lässt.
Formal gesehen ist der Film einfach perfekt, eigentlich stimmt auch der Inhalt, aber wer an sich selbst so hohe
Ansprüche stellt, hätte eben einige kleine Fehler vermeiden sollen.
Am Ende bleibt zum Glück jedoch ein hervorragendes Drama, das ohne Zweifel wieder einmal ein kleines Meisterwerk
geworden ist und nur so vor magischen Momenten strotzt. Hut ab vor Park Chan-wook!