Story: Ein alter Mann (Jeon Sung-hwan) und ein junges Mädchen (Han Yeo-reum) leben zusammen auf einem Fischerboot
im Ozean. Vor zehn Jahren hat der alte Mann das Mädchen auf sein Boot genommen und der Tag, an dem sie 17 wird und
er sie wie versprochen heiraten wird, ist nicht mehr fern.
Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, lässt der alte
Mann Fischer auf sein Boot kommen, die dort angeln oder sich von ihm die Zukunft vorhersagen lassen. Diejenigen, die
sich zu nahe an das Mädchen heranwagen, werden vom alten Mann mit dessen Bogen verjagt.
Eines Tages kommt jedoch ein junger Mann an Bord, der sich in das Mädchen verliebt. Auch diese scheint ihre Zuneigung
zu dem alten Mann zu verlieren und die Liebe des jungen Mannes erwidern zu wollen.
Kurz vor seiner Heirat scheint dem alten Mann
seine zukünftige Frau zu entgleiten, und sein Bogen scheint ebenfalls nicht mehr auszureichen, um seinen Konkurrenten
zu verjagen...
Kritik: "The Bow" ist ein ruhiger, meditativer und poetischer Film. Die gesamte Geschichte spielt auf dem Boot des
alten Mannes. Die Weite des Ozeans vermittelt dabei ein Gefühl der Isolation, aber auch der Wärme und Sicherheit.
Diese Dualität aller Dinge durchzieht den gesamten Film. So bezieht sich der Titel des Films z.B. auf den Bogen,
einem tödlichen, zerstörenden Werkzeug, als auch auf den Bogen des Streichinstruments, mit dem der alte Mann
bezaubernde Töne erschafft. Gut und Böse, Schwarz und Weiß, Yin und Yang - das eine kann ohne das andere nicht sein.
Diese Symbolik hat ihren Kern natürlich in der Aussage des Films, die nicht unbedingt leicht zu fassen ist. Aber
dazu später mehr.
Das Interessante an Kim Ki-duks Werk, der uns schon mit ähnlichen Filmen wie "Samaria" oder "3-Iron" versorgt hat, ist
natürlich die Beziehung zwischen den beiden Hauptprotagonisten. Auffallend ist, dass beide Charaktere keinen Namen haben
und außerdem nie reden. Für Kims Werke nicht unbedingt etwas Neues, aber auch hier schafft er mit diesem kleinen
Kunstgriff eine große Intensität und Spannung. Die beiden Hauptdarsteller schaffen es außerdem hervorragend alle
Emotionen mit Blicken oder nur leicht angedeuteten Gesten zu übermitteln. Kommunikation beinhaltet eben nicht nur das
Sprechen!
Während man anfangs noch entrüstet darüber ist, dass der alte Mann das Mädchen ja eigentlich wie eine Gefangene hält
und sie ihr ganzes Leben lang von der Außenwelt abgeschottet hat, müssen wir schnell feststellen, dass das Mädchen
glücklich so ist. Fraglich ist natürlich, ob man dabei wirklich von glücklich reden kann, wenn einem einfach der
Vergleich fehlt, da man von Kindheit an nichts anderes kennengelernt hat. Die Liebe des alten Mannes zu dem
Mädchen scheint egoistisch und die Erziehung seiner Ziehtochter nur darauf abzuzielen, sie eines Tages zu heiraten,
indem er sie von allem anderen fernhält. Doch auch die Liebe des Mädchens geht über die einer Vaterliebe hinaus.
"The Bow" ist wie schon erwähnt voller Symbolik. Da wäre zum einen die Zielscheibe, in Form einer Korea-Flagge, oder
ein Walkman, der des Mädchens ersten Kontakt zur Außenwelt darstellt. An der Bootsseite befindet sich außerdem noch ein
buddhistisches Bild, in das der alte Mann, an dem davor schaukelnden Mädchen vorbei, Pfeile schießt. Dieses merkwürdige
Ritual des Zukunftvorhersagens ist nicht nur immer wieder äußerst spannend, da ja schließlich das Leben des Mädchens
auf dem Spiel steht, sondern spiegelt auch das gegenseitige Vertrauen der beiden wider.
Wenn der junge Mann dann endlich das ausspricht, was wir alle denken und er dem Bootsbesitzer vorwirft, das Mädchen
wie eine Gefangene zu halten, wird alles noch komplizierter. Das Mädchen scheint sich zwar endlich gegen ihren
Ziehvater aufzulehnen und den jungen Mann in Schutz zu nehmen, da sie in ihm eine neue Art der Liebe kennengelernt
hat, dennoch sind die Gefühle der beiden Bootsbewohner zueinander immer noch vorhanden.
Doch Kim Ki-duk macht es dem
Zuschauer nicht einfach, indem er eine Dreiecksbeziehung schafft, sondern lässt ihn mit sich selbst kämpfen.
Keiner scheint nämlich Recht zu haben. Obwohl das Mädchen gegen ihren Willen dort festgehalten wird, gibt es keine
Anschuldigungen. Wir sehen die Ereignisse schließlich auch aus den Augen des alten Mannes, wodurch der Film äußerst neutral
die komplexe Beziehung zwischen den beiden Bootsbewohnern beleuchtet. Das Mädchen könnte tatsächlich sowohl mit dem
jungen Mann als auch mit ihrem Ziehvater glücklich werden. Dennoch kann sich der Zuschauer nicht erwehren, eine
natürlich Abneigung gegen den alten Mann zu entwickeln.
"The Bow" ist von seinen Bildern her eigentlich sehr einfach gehalten, ist aber gerade dadurch visuell beeindruckend
geworden. Die nicht erzwungen wirkende Verwendung von Symbolen, der Gebrauch meditativer Musik, das ruhige
Schauspiel der Darsteller und das immer präsente
Meer geben dem Film etwas Spirituelles, Poetisches, ja beinahe Außerweltliches. Dennoch stellen wir nie in Frage,
dass der Film tatsächlich in unserer Welt spielt.
Etwas fragwürdig bleibt dann aber leider das Ende, mit dem man nicht wirklich zufrieden sein kann. Allerdings
verhält es sich bei Kim Ki-duks Filmen meistens so. Es bleibt dem Zuschauer nichts anderes übrig, als nochmal
zu reflektieren und seine eigene Interpretation der Dinge anzustellen.
Hauptziel Kims ist es die Liebe in all ihren Facetten zu erforschen und da bleiben einem zum Glück auch keine
provokativen Aussagen erspart.
Wer ohnehin ein Faible für Kim Ki-duks Filme hat, wird auch mit "The Bow" zufriedengestellt werden. Alle anderen
sollten sich vielleicht lieber einen anderen, besser zugänglichen, seiner Filme anschauen. Wer nichts gegen
Dramen mit Hang zu leisen Tönen einzuwenden hat, könnte aber auch hier zum Kim-Fan werden. Auch wenn sich "3-Iron"
wohl besser dazu eignet.