Story: Marco (Kang Tae-ju) lebt auf den Philippinen und schlägt sich als Boxer durchs Leben. Er ist zur Hälfte Koreaner, doch hat er seinen Vater nie kennengelernt. Als seine Mutter schwerkrank wird und eine Operation nötig ist, um ihr Leben zu retten, versucht er seinen Vater ausfindig zu machen. Er erfährt schließlich bald, dass dieser ein reicher Mann ist und ihn so schnell wie möglich sehen möchte. Er wird sogar von den Anwälten seines Vaters aufgesucht, die sich um einen Pass und weiteres kümmern, sodass er schon bald in einem Flugzeug nach Korea sitzt. Dort wird er von einem elegant gekleideten Fremden (Kim Seon-ho) angesprochen, der ihm klar macht, dass seine Reise nach Korea nicht den Zweck erfüllt, den er glaubt. In Korea angekommen will Marcos Halbbruder Han (Kim Kang-woo) den jungen Mann so schnell wie möglich zu sich holen, da ihr Vater im Sterben liegt. Allerdings wird der Wagen von dem gut gekleideten Mann aus dem Flugzeug gestoppt und alle Insassen bis auf Marco getötet. Der Attentäter scheint im Auftrag von jemandem zu handeln und für Marco 10 Millionen Dollar erpressen zu wollen. Allerdings gelingt es Marco zu fliehen und so entspinnt sich eine wilde Hetzjagd auf den jungen Mann. Den wahren Grund, warum er nach Korea geholt wurde, erfährt er zudem bald ebenso und das soll schließlich alles für ihn ändern...
Kritik: Park Hoon-jung ist auf jeden Fall einer der interessanteren Filmemacher Koreas. Seine Filme haben stets eine besondere Note, die zuweilen ein wenig die Grenze zum B-Movie überschreiten mögen, aber dabei immer auch Mut zur Innovation zeigen. Zumindest in einem kleinen Rahmen. "The Childe" wirkt hauptsächlich wie eine Mischung aus Parks vorigem Film "The Witch 2: The Other One" abzüglich des übernatürlichen Aspekts und "Night in Paradise". Der Regisseur weiß ganz klar, wann seine Geschichte auf der Stelle tritt - sonderlich viel hat sie ohnehin nicht zu offerieren - und dann mit guter Action zu punkten. Das eigentliche Außergewöhnliche an dem Film ist aber der Protagonist. Glaubt man anfangs, dass uns Marco durch die Geschichte führt, soll sich bald immer mehr der namenlose Killer in den Vordergrund schieben und den Film tatsächlich interessanter machen, weil er zunächst als Bösewicht wahrgenommen wird.
Lange Zeit bleibt es ein Rätsel, ob der gut gekleidete Killer wirklich der Antagonist ist oder wer überhaupt seine Auftraggeber sind bzw. welches Ziel er verfolgt. Da die Geschichte sich stets in diesem Spannungsfeld bewegt, bleiben die Geschehnisse durchgehend faszinierend. Der Killer geht ziemlich skrupellos vor, scheint aber für's Erste Marco lebend zu brauchen. Somit kommt es immer wieder zu Verfolgungsjagden, bei denen wir mit Marco mitfiebern, gleichzeitig aber erkennen müssen, dass der Killer ihm haushoch überlegen ist und es dem Verfolgten oft nur gelingt, zu entkommen, weil der gut gekleidete Assassine als oberste Maxime hat, bei seiner Arbeit stets elegant und cool auszusehen. Es schadet auch nicht, dass er nicht die einzige Gegenpartei ist. Kim Kang-woo ("Recalled") spielt den Halbbruder bei dem uns bald klar ist, dass er nicht unbedingt Marcos Wohl im Sinne hat. Dann ist da auch noch eine Frau, die ebenfalls im Auftrag von irgendjemandem handelt.
Anfangs ist kaum zu durchschauen, wer gut und wer böse ist. Das könnte normalerweise leicht frustrierend werden, aber da Marco zweifellos die Person ist, um deren Überleben es eigentlich geht, bleibt für uns ein guter Bezugspunkt. Alle anderen Parteien hätten von einem gerisseneren Helden womöglich gegeneinander ausgespielt werden können. Marco bleibt aber ein Spielball mächtigerer Personen und so verschwindet er unglücklicherweise als Charakter immer weiter im Hintergrund. Nun hätte man annehmen können, dass er durch seine Biografie als Amateur-Boxer eventuell ein paar gute Actionszenen spendiert bekommt, aber das ist nicht der Fall. Vielmehr wird er zur Jungfrau in Not und der Killer tritt immer mehr in den Vordergrund. Das ist wie gesagt eine interessante Wahl, gerade weil er schwerlich unsere Sympathien hat. Hier punktet der Streifen aber mit seiner zuweilen ironischen Ader, die immer wieder leicht hervorbricht und den Charakteren und Entwicklungen einen besonderen Anstrich verleiht.
Für die Mächtigen und ihre angeheuerten Killer scheint alles ein Spiel zu sein und Marco die Ratte, die durchs Labyrinth getrieben wird. Da der Film durchgängig von rücksichtslosen und grausamen Menschen bevölkert ist, verdient Kim Seon-ho als Killer ein besonderes Lob. Sein wahnsinnig wirkendes Grinsen, sein ebenso wahnsinnig anmutender Blick, wenn er mit großer Freude seinem Opfer hinterherjagt, und seine kultivierte Art machen ihn zum faszinierendsten Charakter im Streifen und so ist man auch bereit, ihm die Zeit auf dem Bildschirm zu gönnen. Er hat auch keine Szenen, die lediglich darauf ausgelegt sind, zu zeigen, wie erbarmungslos er ist. Etwas, was man nicht über manch anderen Charakter im Film sagen kann. Manchmal ziehen sich diese Szenen so sehr in die Länge, dass man sich fragen muss, welchen Mehrwert das Ganze genau haben soll. Schließlich wird Marcos Bruder beispielsweise auch ohne sich hinziehende Zurschaustellung seiner Unmenschlichkeit von uns schon recht schnell als hassenswertes Individuum eingestuft.
Park Hoon-jung weiß durch poliert wirkende Szenen zu überzeugen, die im Kontrast zu den anfangs etwas schmutzigeren Aufnahmen auf den Philippinen stehen. Da er sich wie sonst auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, beweist er auch ein gutes Gespür für Tempo. Die Erklärung, warum Marco gejagt wird, wird niemanden umhauen, und gerade das Finale mit seiner Wendung und einem etwas zu unbeschwerten Epilog wirken unpassend, aber dafür ist die Action mit gutem Abstand untergebracht. Gerade während des Finales erweist sich "The Childe" als erstaunlich brutal, auch wenn der Regisseur in "The Witch" eindeutig expliziter war. Leider bekommt das Highlight der Action, ein blutiger Showdown, ein paar Punkte Abzug für die verwackelte Kamera. Klare Minuspunkte von "The Childe" sind zudem das Drehbuch und ein paar Szenen, die etwas deplatziert wirken und damit erneut jenen bereits angesprochenen B-Movie-Charme, um es nett zu formulieren, unterstreichen. Davon abgesehen handelt es sich hier aber um einen sehr unterhaltsamen Actionstreifen mit einem unerwartet gut funktionierenden Anti-Helden.