Story: Mun (Angelica Lee) ist seit ihrem zweiten Lebensjahr blind. Eine neuartige Operation, bei der sie die
Kornea eines Spenders transplantiert bekommt, soll ihr das Augenlicht zurückgeben. Ihr Arzt Dr. Lo (Edmund Chen)
klärt sie darüber auf, dass ihr Gehirn ersteinmal richtig mit den Augen lernen muss zusammenzuarbeiten. Das mag
einige Zeit dauern und so ist Mun keinesfalls von einigen Schatten, die sie öfters sieht beunruhigt. Ihr Gehirn
verarbeitet wohl einfach falsche Informationen. Als ihre Sicht jedoch immer besser wird muss sie langsam erkennen, dass
sie mehr sieht, als das was normale Menschen wahrnehmen. Sie scheint die Geister von Verstorbenen zu sehen...
Mun zieht sich immer mehr zurück und lebt wieder ein Leben als Blinde. Erst ihr Psychotherapist Dr. Wah (Lawrence Chou)
kann ihr helfen der Sache auf den Grund zu gehen. Mit ihm geht Mun nach Thailand um mehr über die Spenderin
herauszufinden. Denn Mun sieht nicht nur Geister, sondern immer mehr Szenen aus dem früheren Leben der Spenderin, die
sich mit der Realität vermischen.
Kann Mun ihren merkwürdigen Visionen auf den Grund gehen und wird sie irgendwann ein normales Leben führen können?
Kritik: "The Eye" stellt Hong Kongs Versuch dar, sich endlich im Horror-Genre zu behaupten. Die
Pang Brüder ("Bangkok Dangerous") schaffen es dabei tatsächlich, einen gruseligen und intensiven Film auf die Beine zu
stellen, das Szepter behält aber immer noch Japan in der Hand.
Relativ aufwendig produziert hat der Film zwar nur
wenige wirkliche Schockmomente, diese sind dann aber dafür umso ordentlicher geworden. Schade nur, dass der Film
in der zweiten Hälfte spannungstechnisch etwas abbaut. Dafür entschädigt aber ein äußerst gelungenes Finale.
Der Plot mag sich ein wenig vertraut anhören, aber die "ich sehe tote Menschen"-Geschichte bekommt durch die
Augenoperation einen netten Touch. Mun sieht die Welt fast wortwörtlich mit neuen Augen und wir begleiten sie dabei.
Dass wir anfangs nur genauso wenig sehen wie sie, nämlich unscharfe und verschwommene Bilder trägt sehr zur Spannung bei.
War da gerade etwas oder doch nicht?
Ebenfalls interessant ist, dass Dr. Wah dafür verantwortlich ist sie mit dem "Vokabular" des Sehens vertraut zu machen.
Schließlich kann Mun annähernd keinerlei Verbindung zwischen dem Gesehenen und Worten herstellen. Das muss ersteinmal
gelernt werden. Leider versagt der Film aber an dieser Stelle wirklich glaubhaft zu sein. Das Problem wird erwähnt und
dann ist es es auch schon gelöst. Zumindest scheint Mun im weiteren Verlauf des Films keine Probleme zu haben damit
zurecht zu kommen. Das ist schade, denn hier hätte man den Film noch etwas lebendiger gestalten können. Sicher, "The
Eye" stellt keine Ansprüche ein Drama zu sein, obwohl hier oftmals Ansätze zu erkennen sind, aber dennoch wäre
es schön gewesen mehr von diesen menschlichen Problemen zu sehen.
Angelica Lee ("Koma", "Divergence") ist als Blinde, die mit einer Mischung aus freudiger Erwartung und Angst eine
neue Welt zu sehen bekommt, recht überzeugend. Sie meistert auch einige emotionale Szenen ziemlich gut, besonders
ihre Momente mit der kleinen Yingying sind sehr gut gelungen.
Ihr zur Seite steht Lawrence Chou. Er scheint eigentlich nur als Halt für Mun und als Hilfe bei ihrer
Suche wichtig für den Film zu sein. Seine Person bleibt schwach gezeichnet und warum ihn plötzlich ein so enges
Band mit Mun verknüpfen soll, bleibt schleierhaft. Irgendwie hat man das Gefühl, dass man diesbezüglich irgendwas
verpasst zu haben scheint. Immerhin vermeidet es der Film aber eine allzu aufgesetzte Liebesgeschichte daraus zu machen.
"The Eye" besticht durch eine intensive Atmosphäre, die selbst in den langsamen Szenen stark vertreten ist. Das macht
den Film äußerst spannend und lässt ihn selten langweilig werden. Leider schwächelt der Film aber in seiner zweiten
Hälfte. Die Reise nach Thailand wirkt etwas merkwürdig. Die anschließende Geschichte um die Spenderin der Kornea (der
Hornhautschicht des Auges) wirkt ein wenig aufgesetzt und die "Lösung" von Muns Problem ist dann nur noch unbefriedigend
und unlogisch. Hätte uns der Film damit entlassen wäre "The Eye" kaum einer größeren Erwähnung wert. Doch die Gebrüder
Pang geben noch einen ordentlichen Nachschlag.
Das Finale sucht mit seiner Katastrophenatmosphäre seinesgleichen unter den Horrorfilmen. Hier wird nochmal ordentlich
auf den Putz gehauen und das wo man eigentlich dachte, dass der Film schon vorbei wäre. Die Special Effects verdienen
hier eine besondere Erwähnung, da sie sich wirklich sehen lassen können.
Die Gebrüder Pang wissen, wie man dem Zuschauer Horror verkauft. Einige der Gruselszenen sind wirklich sehr gut
gelungen, besonders die Aufzugsszene lässt einem einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
Technisch gibt es nicht viel auszusetzen. Die Atmosphäre ist klaustrophobisch, düster, aber niemals unerträglich.
Nur die Szenen in Thailand im Haus der Mutter der ursprünglichen Spenderin wirken unpassend. Hier erkennt man die
thailändischen Wurzeln der Pang Brüder, denn schiefe, wackelige Kameraeinstellungen, schnelle Schnitte und schlechte
Beleuchtung dominieren das Bild. Das wirkt leider etwas billig und mag nicht zum Rest des Films passen.
"The Eye" ist kein Meisterwerk, aber ein sehr ordentlicher und unterhaltsamer Horrorfilm, der einen gelungenen Vorstoß
Hong Kongs ins Horrorgenre markiert.
Der Film hat ein paar Fehler, aber das überraschende Ende entschädigt für einige Schwächen des Films!