Story: Hee-jin (Suh Jung) betreibt ein kleines Angelresort auf einem abgelegenen See. Auf diesem See schwimmen ein
paar kleine Häuschen, in denen sie ihre Gäste unterbringt, welche sie dann auch mit allem Nötigen versorgt, wenn es
sein muss auch mit ihrem Körper. An diesen merkwürdig friedvollen Ort kommt der Ex-Polizist Hyun-shik (Kim Yoo-suk),
um sich vor der Polizei zu verstecken, da er seine Frau und ihren Liebhaber ermordet hat. Von Gewissensbissen gequält,
beschließt Hyun-shik sich selbst umzubringen, doch er wird von Hee-jin gerettet. Die Frau verliebt sich langsam in den
Ex-Polizisten, aber gleichzeitig ist auch eine Prostituierte ernsthaft an Hyun-shik interessiert. Hee-jin wird von
Eifersucht geplagt und gerät dadurch in einen tödlichen Kreislauf, der in Mord und Selbstverstümmelung endet.
Kritik: "Verstörend" und auch "abstoßend" sind die Adjektive, die einem häufig einfallen, wenn man einen Kim
Ki-duk Film sieht. "The Isle" ist dafür ein Paradebeispiel und dürfte für einige sogar zu viel des Guten sein. Kein
Wunder also, dass der Film heftige Reaktionen bei den Zuschauern und Kritikern ausgelöst hat, doch schon damals bedeutete
das für Kim: Die Koreaner können seine Filme nicht leiden und die Filmfestivals reißen sich um seine Werke. Aber warum
genau "The Isle" von westlichen Kritikern soviel Lob kassiert hat, bleibt fraglich. Es ist wahr, dass Kims Film eine
abstrakte Art der Ruhe und des Friedens ausstrahlt, doch die Charaktere, die sich durch teilweise grauenhafte
Selbstzerstümmelung bestrafen, können niemals dem wirklichen Leben entnommen wirken. In einer psychiatrischen Anstalt mag
man solche Individuen antreffen, aber warum sollten sie sich alle zufälligerweise an einem friedlichen See zusammenfinden?
Fakt bleibt jedenfalls, dass Kim einiges an interessanter Symbolik in sein Werk verbaut, aber am Ende bleibt der Film
einfach nur verstörend und befremdlich.
So abstrus manche Szenen oft sind, muss man sich fragen, ob Kim Ki-duk sich nicht vielleicht selbst über sein eigenes
Werk lustig machen wollte, aber dem ist leider nicht so. Kim meint wirklich ernst, was er hier zeigt und das lässt mich ihm
den freundschaftlichen Rat geben, doch bitte dringendst einen Psychiater aufzusuchen. Andererseits scheint Kim ja
sowieso seine Werke als eine Art Werkzeug der Verarbeitung diverser Komplexe zu verwenden und so muss man vielleicht sogar
dankbar dafür sein, dass er seine Fantasie nur in seinen Filmen auslebt. Wenn man sich "The Isle" nämlich anschaut,
bekommt man den Eindruck, dass Sex und Gewalt untrennbar miteinander verflochten sind. Sadomasochismus gibt es an
jeder Ecke, Selbstverstümmelung wird als ein Mittel der Befreiung und zum Finden des inneren Friedens verwendet, Liebe
geht mit körperlichem Leid einher. Leben wir wirklich in einer solchen Welt? Nein, so schlimm kann es es nun wirklich
nicht sein. Hobbypsychologen werden allerdings an "The Isle" ihren Spaß haben.
Hee-jin, die Protagonistin des Films, spricht natürlich wie für Kim Ki-duks Filme üblich kein einziges Wort, sie
verleiht ihren Gedanken lieber auf andere Weise Ausdruck. Sie ist ein verletztes Individuum, das sich von der
eigentlichen Welt in ihren eigenen Mikrokosmos am See zurückgezogen hat. Die Inseln auf diesem See, in Gestalt kleiner
schwimmender Hütten, bieten auch anderen Menschen die Möglichkeit aus der realen Welt an diesen irgendwie idyllischen
Ort zu flüchten. Meistens handelt es sich dabei um Verbrecher, die hoffen an diesem abgeschiedenen Ort polizeilicher
Verfolgung zu entgehen oder um Männer, die hier verborgen vor den Augen anderer ihre Zeit mit Prostituierten verbringen.
Trotz dem Klientel, das sich hier ansammelt, ist der See jedoch ein ruhiger, verträumter Ort, über dem fast immer
ein alles erstickender und behütender Nebel wabert. Ein Gefühl der Geborgenheit stellt sich dank der schönen Bilder
auch beim Zuschauer ein, aber es ist ein trügerisches Gefühl, das schon bald durch einige verstörende und schockierende
Bilder abgelöst wird.
"The Isle" ist auf keinen Fall etwas für Zuschauer mit schwachen Nerven. Da wären zum einen die vielbesprochenen Szenen
mit den Angelhaken, die einmal von Hyun-shik heruntergeschluckt werden, und die sich Hee-jin noch ganz wo anders
einführt. Natürlich handelt es sich beim Angeln selbst auch um eine Metapher. Außerdem begegnen sich die beiden
Protagonisten durch den Schmerz, der eigentlich den ganzen Film durchzieht und es fast schon zu einer Tortur macht
"The Isle" bis zum Ende zu schauen. Andauernd verletzen die Charaktere sich auf stellenweise grauenhafte Weise und
meistens sind es Verletzungen, die sie sich selbst zufügen. Interessanterweise ist es aber oft die Brutalität an
den Tieren, die am verstörendsten ist. Frösche und Vögel werden getötet, Fische verunstaltet und Hunde geschlagen. Ja,
diese Szenen sind die grausamsten, vielleicht weil jenen Tieren eine gewisse Unschuld anhaftet, die man bei den
beiden Hauptcharakteren nicht vorfinden kann.
"The Isle" funktioniert aber nur in seinem eigenen künstlichen Rahmen, der nicht jeden Zuschauer ansprechen können wird.
Szenen wie jene, in der eine gefesselte Prostituierte aus ihrem Häuschen auf dem See herauskrabbelt, nur um dann aufs
dümmlichste und vorhersehbarste ins Wasser zu fallen und zu ertrinken können keine Punkte für den Film gewinnen.
Außerdem scheint es etwas merkwürdig, dass Hee-jin augenscheinlich mit ihren Schwimmkünsten beinahe ein Motorboot
überholen kann um Hyun-shik zu Hilfe zu eilen. Hier scheint ihrer Person plötzlich etwas Nixenartiges anzuhaften.
Es ist aber mühselig in einem Kim Ki-duk nach Logik zu suchen. Leider mangelt es "The Isle" aber an einem guten
Script, da man die hier gezeigte Geschichte auch in der Hälfte der Zeit hätte erzählen können. Regisseur Kims Blick
auf das Primitive im Menschen beschränkt sich zu sehr auf animalische Gewalt und Sex, dabei hätte er hier doch eine
wunderbare Gelegenheit gehabt, etwas Naturalistisches zu schaffen. Manchmal bekommmt man den Eindruck, als wenn er
das vorgehabt hätte, doch es gelingt ihm nicht, da es dafür zu viele fantastische Kim Ki-duk Momente gibt.
Stattdessen bleibt "The Isle" ein fragwürdiges, wenn auch interessantes Drama über Schmerz, Leid und Isolation.