Story: Tae-sik (Won Bin) ist ein verschlossener, ruhiger Mann, der ein kleines Pfandhaus betreibt. Obwohl er die Gesellschaft anderer
Menschen meidet, schafft es das kleine Mädchen So-mi (Kim Sae-ron), sich in das Leben des rätselhaften Mannes zu drängen. Sie ist häufig in
seiner Gesellschaft, weil ihre Mutter sich fast täglich dem Drogenrausch hingibt. Eines Tages bestiehlt die Mutter des Mädchens die örtliche
Mafia und bringt sich und ihr Kind damit in ernste Probleme. So-mi wird entführt und Tae-sik gerät dabei zufällig zwischen die Fronten. Er wird
von zwei Mafia-Brüdern erpresst, die mit seiner Hilfe den momentanen Mafia-Boss ausschalten wollen. Allerdings wird Tae-sik von ihnen reingelegt und
wird nun auch von der Polizei gesucht. Auf seiner Suche nach So-mi kommt er einem Drogenhandelsring auf die Spur und er findet überdies heraus,
dass die beiden Mafia-Brüder auch noch ein Organhandelsgeschäft betreiben. Als Tae-sik das Schlimmste über So-mis Verbleib befürchten muss,
geht er auf die Jagd nach den beiden Brüdern und diese müssen bald feststellen, dass Tae-sik alles andere als ein gewöhnlicher Pfandhaus-Betreiber
ist.
Kritik: "The Man From Nowhere" war ein riesiger Erfolg an den koreanischen Kinokassen und ein großer Karriereschub für Hauptdarsteller
Won Bin, der nun über Nacht seinen Bekanntheitsgrad verzehnfacht hatte. Wie es nun einmal mit Blockbustern so ist, bin ich diesen gegenüber immer
besonders kritisch. Was viel Geld in die Kassen bringt, ist leider selten originell. Und auch mit diesem Thriller bestätigt sich jene Theorie.
Ein Mann, der eigentlich seine Vergangenheit hinter sich gelassen hat, wird gezwungen, erneut zu den Waffen zu greifen, um seine Geliebte aus den
Klauen von Gangstern zu befreien. Die Geliebte wurde durch einen Tochter-Ersatz ersetzt und der Rest orientiert sich eigentlich an
Filmen wie "Mann unter Feuer" oder "Taken", bzw. noch älteren Genre-Vertretern. In der Tat hat auch Korea schon einige dieser Filme auf die Leinwand
gebracht. Einer davon, der positiv in Erinnerung bleiben konnte, ist "Sunflower", und wie heißt der Hauptcharakter jenes Filmes? Tae-sik! Zufall? Wohl kaum,
aber wie heißt es so schön: Besser gut kopiert, als schlecht erfunden. Und da der Rest des Films wirklich überzeugen kann, werden Fans dieser
Prämisse hier ihre wahre Freude haben.
Eines muss aber vorweg klar gestellt werden. Won Bin als zäher Killer ist einfach lächerlich. Nicht nur seine jungenhaften Züge, sondern sein ganzer
Charakter mögen einfach überhaupt nicht in diese Rolle passen. Noch dazu kommt, dass seine Frisur zu Anfang so aussieht, als wäre er Mitglied in
irgendeiner asiatischen Popband! Welcher Ex-Killer, der eigentlich nur seine Ruhe will, läuft denn so aufgestyled durch die Gegend? Dieser Umstand
hat mir anfangs schon gereicht, um Won Bin für eine komplette Fehlbesetzung zu halten. Da hätte man sich lieber zum hundertsten Mal Lee Byung-hun
in der Rolle gewünscht. Aber... erstaunlicherweise schafft es Won Bin im Laufe des Films sich körperlich so sehr einzubringen, dass wir ihm am
Ende die Figur, die er verkörpert, doch noch abkaufen! Das ändert nichts an der ersten Hälfte des Films, in der er nicht überzeugen kann und sich
übrigens auch nicht gerade in den Kämpfen mit Ruhm bekleckert, sondern selbst oft ordentlich in die Mangel genommen wird. Woher kommt gegen Ende
der plötzliche Talentzuwachs, als er sich problemlos gegen eine kleine Armee von Gangstern stellt?
Einige Dinge sind in "The Man From Nowhere" eindeutig nicht richtig durchdacht worden. Der Anfang scheint ohnehin nur als einzige ansteigende Spannungskurve
gedacht gewesen zu sein, um zum Atem raubendenden Finale zu führen. Es gibt ein paar halbgare Nebenstränge der Story, welche die Polizei und ihren
Kampf gegen die Mafia involvieren und ein paar Nebencharaktere, die genauso schnell wieder fallen gelassen werden, wie sie eingeführt wurden.
Dass alles wirkt ein bisschen durcheinander und nicht wirklich kohärent, ist
aber am Ende schnell wieder verziehen. Emotional wird der Zuschauer nicht nur durch das kleine Mädchen eingebunden, sondern auch durch eine vorhersehbare
Rückblende in Tae-siks Vergangenheit, die ihn etwas plastischer erscheinen lassen soll. Das alles funktioniert aber nicht so gut, wie es eigentlich
sollte. Was dagegen funktioniert, ist der Racheaspekt. Die Welt dieses Thrillers ist so düster, blutig und böse, die Gangster so kaltblütig und
hassenswürdig, dass man schnell mit Tae-sik mitfiebert. Ein Mann, der nichts mehr zu verlieren hat, ist der gefährlichste Gegner, den man haben kann
und das müssen die Gangster zum Vergnügen des Zuschauers bald am eigenen Leib erfahren.
Während den gesamten Film eine düstere Thriller-Atmosphäre durchzieht, getragen von einem durchaus bekannten Blaustich der Bilder und vielen Szenen
im strömenden Regen, können gerade die Gewaltszenen gegen Ende schockieren und mitreißen. "The Man From Nowhere" beinhaltet überdies die beste
Messerkampfszene, die ich in einem Film gesehen habe. Die Brutalität im Showdown kommt zwar nicht überraschend, zieht vom Tempo und Gewaltgrad
aber noch einmal so stark an, während die Choreographie extrem fein ausgearbeitet bleibt, dass man hier nur von einem Ballett aus Blut reden kann.
Won Bin zeigt vollen Körpereinsatz und kann spätestens hier selbst die größten Kritiker, mich eingeschlossen, von sich überzeugen. Ebenfalls
erwähnenswert, weil er mit seinem stillen Charisma und seinem Sinn für Profikiller-Ehre einen hervorragenden Bösewicht für den Endkampf abliefert,
ist Thanayong Wongtrakul, der eine gewisse Form von Respekt Tae-sik gegenüber an den Tag legt und natürlich am Ende in einem Messerkampf gegen
ihn antreten darf. Auch wenn die Bösewichte durchgehend nicht großartig ausgearbeitet sind, so haben sie doch alle ihre Eigenheiten, die sie
etwas bunter oder zumindest hassenwerter machen.
Regisseur Lee Jeong-beom ("Cruel Winter Blues") überlässt in technischer Hinsicht nichts dem Zufall. Der Film sieht zu jeder Zeit wie ein Big-Budget
Streifen aus, aber er lässt es sich auch nicht nehmen, einige kleinere Experimente durchzuführen. Irritierend ist eine Szene, in der die Kamera Tae-sik
durch ein Fenster hinterherspringt. Das haben wir doch gerade in Kim Ji-woons "I Saw the Devil" gesehen! Wer hat da wohl von wem abgekupfert? Jedenfalls
passen solche Szenen vom Stil her nicht so gut in diesen Rachethriller, auch wenn es nett gedacht war.
Innovation wird man in "The Man From Nowhere" nicht finden, traurigerweise kann der Thriller emotional auch nicht so stark mitnehmen wie der bereits
erwähnte "Sunflower", dafür bekommt man aber einen Rache-Thriller der allerersten Güte geboten, der mit einem ordentlichen Tempo und einem äußerst
zufriedenstellenden Finale daherkommt, sodass man sich nach diesem Actionstreifen endlich mal wieder mit einem breiten Lächeln im Sofa zurücklehnen
kann. Es ist dieses Gefühl der Unterhaltung, weshalb man Filme sieht und "The Man From Nowhere" liefert genau das. Ein Film, der aus rein
objektiver Sicht eigentlich zu viele Mängel aufweist, alleine das Standbild am Ende fällt in diese Kategorie, aber die extrem adrenalinhaltige
zweite Hälfte des Thrillers macht all das wieder wett. Einer der besten Rache-Thriller seit Jahren.