Story: In einem Fotostudio wird ein Mann mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden. Police Captain Lee Ki-hoon
(Han Suk-kyu) ermittelt und hat schon bald einen Verdächtigen: die Ehefrau Ji Kyung-hee (Sung Hyun-ah).
Diese hat ihren Mann schließlich nicht nur tot aufgefunden, sondern es deutet auch vieles darauf hin,
dass sie eine Affäre hatte.
Währenddessen hat Lee aber auch noch ganz andere Probleme. Seine Frau Su-hyun (Uhm Ji-won), eine begnadete Cellospielerin,
erwartet ein Kind. Und obwohl er seine heile Familienwelt nicht zerstören will, kann er die Affäre mit der
ehemaligen Schulfreundin seiner Ehefrau Ka-hee (Lee Eun-joo) nicht beenden. Er liebt beide und da Ka-hee sich anfangs
nicht daran stört Lee mit dessen Ehefrau "teilen" zu müssen, führt Ki-hoon ein zufriedenes Doppelleben.
Es kommt aber wie es kommen muss, Su-hyun erfährt von der Affäre und will die Scheidung. Ka-hee möchte ebenfalls, dass
Lee ihre Beziehung überdenkt. Neben seinen persönlichen Problemen, kommt Ki-hoon auch was den Mordfall betrifft nur
langsam voran.
Kritik: Vom Cover und Titel getäuscht erwartete ich eigentlich, dass "The Scarlet Letter" eine weitere
koreanische Rom-Com oder zumindest ein Romantik-Drama ist. Doch weit gefehlt.
Denn tatsächlich haben wir es mit einer außerordentlich gut
gelungenen Thriller/Drama Komposition zu tun. Während der Thrill den ganzen Film über aufrecht erhalten wird, kann
der Film als herkömmlicher Thriller kaum die Genrefans begeistern. Anfangs glauben wir noch, dass der Mordfall im
Vordergrund der Geschichte steht, doch schnell werden wir eines besseren belehrt, und in das persönliche
selbstverschuldete Drama Lees eingeführt. Der Mordfall wird zur Nebenhandlung und dient eigentlich nur dazu eine
Brücke zwischen Ji Kyung-hee und Lee zu schlagen. Parallelitäten zwischen dem Handeln der Beiden werden
aufgezeigt, das Motiv der Versuchung verbindet beide.
Die Geschichte des Mordes ist relativ gradlinig erzählt, wird aber öfters und länger von der Hauptstory um Lee und seine
Frauen unterbrochen. Wirklich störend ist das eigentlich nicht, da wir früh genug wissen, dass es im Film nicht um
den Mord geht und so ist auch die vorhersehbare Auflösung des Falls nicht wirklich enttäuschend.
Die eigentliche Story entwickelt sich um Lee und seine beiden Frauen. Wir erfahren über Lee, dass er eine auf sein
Aussehen bedachte Person ist und obwohl er eigentlich sehr umgänglich ist, sich eine verborgene Arroganz in seinem
Charakter finden lässt. Kleinigkeiten, wie z.B. seine Spielchen, wie schnell er eine Waffe auseinander- und
zusammenbauen kann, beweisen, dass ihm seine Polizeiarbeit eigentlich egal ist und ihm allerhöchstens als Flucht
vor seinen Problemen dient. Vielmehr ist es sein Ehrgeiz, der es ihm ermöglicht hat Captain zu werden.
Seine Ehe schätzt er sehr, auch wenn ihr die Leidenschaft fehlt. Diese hohlt er sich bei seiner Geliebten Ka-hee,
einer Klavierspielerin. Sie verlangt nicht viel und gibt ihm dennoch alles. Die Szenen zwischen Lee und Ka-hee
bieten Raum für einige heiße explizite Sexszenen, auch wenn wir eigentlich nichts zu sehen bekommen, noch nicht mal den
freien Oberkörper Ka-hees.
Die Momente zwischen Ki-hoon und Ka-hee sind voller Emotionen. Hier wird Wut, Trauer, Eifersucht und Liebe in einem
sich abwechselndem Marathon der Gefühle gezeigt und das alles innerhalb weniger Minuten. Besonderes Lob gebührt
dabei Lee Eun-joo, die mit ihrer Darstellung Ka-hees alle anderen in den Schatten stellt. Was wegen der durchgehend
tollen Darstellung der Schauspieler eine große Leistung ist. Sie stellt jeden Gefühlsausbruch mehr als nur
überzeugend dar und verleiht ihrem Charakter große Tiefe.
Han Suk-kyu, u.a. bekannt aus "Shiri", gibt ebenfalls eine beeindruckende Darstellung ab und holt dabei alles aus
seiner Rolle raus. Kein Wunder, war
"The Scarlet Letter" doch hauptsächlich als Comeback für ihn gedacht. Dank ihm lernen wir einen Menschen kennen, den
man nicht wirklich für sein Handeln hassen kann, aber dennoch froh ist, wenn ihn letztendlich alles einholt, und er
bekommt was er verdient.
Regisseur Byun Hyuks Werk ist hervorragend produziert und besticht visuell durch eine tolle Optik. Auch der
Soundtrack ist sehr gelungen und untermalt den Film gekonnt mit zumeist bekannten klassischen Stücken.
Hyuk beweist nicht nur ein Händchen für das richtige Tempo, sondern verzaubert den Zuschauer mit tollen Sets und
schönen Kameraeinstellungen. Dank vieler Twists wird das Interesse des Zuschauers durchgängig aufrecht erhalten.
Immer wenn wir nicht damit rechnen gibt es eine neue Offenbarung und wir werden wieder aufs Neue überrascht.
Zumeist wird das durch sehr tolle Übergänge von der Gegenwart in die Vergangenheit erreicht, die sehr fließend
und dennoch alles andere als verwirrend wirken. Aber auch "Sprünge" in die Zukunft gibt es, z.B. als Ka-hee
nach der Nacht mit Lee, in einem anderen Raum verschwindet, Lee sich wieder aufs Bett wirft, neben sich blickt und
dort seine Frau liegt. Diese Art der Erzählweise gibt dem Film zusammen mit den sehr schön komponierten Bildern das
gewisse Etwas.
Neben den gelungen Dialogen, die zeigen, dass "The Scarlet Letter" tiefsinniger ist als man anfangs annimmt, den
schönen Charakterzeichnungen, den Verstrickungen und Twists, erzeugt der Film durch seine gelungene Atmosphäre
auch große Spannung. Wir interessieren uns wirklich dafür, wie das Drama denn enden mag und welche Entscheidungen die
einzelnen Pesonen wohl treffen mögen.
Die letzte halbe Stunde des Films stellt dann zum eigentlich eher ruhigen restlichen Teil des Films einen krassen
Kontrast dar, der vielleicht nicht bei allen so gut ankommen will. Ohne etwas verraten zu wollen, kann man sich
der Absurdität der Szene wegen, zuerst nicht entscheiden ob man lachen oder weinen soll. Schon bald entwickelt sich
aber alles zu einem packenden, nervenzerreißenden Höhepunkt, der den beiden Hauptdarstellern nochmal die Möglichkeit
gibt alles zu geben. Fans des Psychothrillers werden hier auf ihre Kosten kommen.
"The Scarlet Letter" ist ein in tollen Bildern erzähltes Drama mit starken Thriller-Einflüssen und einer guten Prise
Erotik. Die gekonnt selten
und unterschwellig eingesetzte Brutalität, kann zusammen mit der intensiven Atmosphäre sehr verstörend wirken.
Die Spannung und die Story lässt den Zuschauer bis zum Ende nicht mehr los und zieht ihn in eine Welt, in der es
um Versuchung, Vergebung und Liebe geht. Die beeindruckenden Darsteller tun ihr Übriges, dass der Film einem noch
lange nach dem Abspann im Gedächtnis bleiben wird. Für Fans des intelligenten Dramas/Thrillers ein Must-See!
Nachwort: Immer wenn mich eine Schauspielerin dermaßen beeindruckt wie Lee Eun-joo als Ka-hee, stelle ich ein
paar Nachforschungen über die Person an. Mit Trauer musste ich feststellen, dass "The Scarlet Letter"
das letzte Werk ist, in dem Lee mitgewirkt hat.
Lee Eun-joo hat am 22. Februar 2005 in ihrem Apartment in Seongnam City
Selbstmord begangen. Grade mal 25 Jahre geworden verlässt uns damit eine gut aussehende und talentierte Schauspielerin,
die mit Sicherheit noch in einigen tollen Filmen mitgewirkt hätte. Warum jemand, der neben seinen schauspielerischen
Fähigkeiten auch noch durch Talent zum Singen und Klavier spielen begeistert, so früh von dieser Welt gehen musste, wird
wohl nie geklärt werden können. Angeblich soll sie unter starken Depressionen gelitten haben, da ihre
Familie wegen ihrer "expliziten" Sexszenen in "The Scarlet Letter" verärgert über sie war. Falls da etwas dran sein sollte,
so ist diesbezüglich wohl die Familie moralisch zur Rechenschaft zu ziehen.
Dennoch gibt es ihrem letzten Film einen bitteren Beigeschmack.
Nichtsdestotrotz ist "The Scarlet Letter" ein würdiger filmischer Abschied von ihr.
Möge Lee Eun-joo in Frieden ruhen...