Story: Sang-hyeon (Song Kang-ho) ist ein katholischer Priester, der den Menschen helfen will. Seine Aufopferungsbereitschaft
geht sogar so weit, dass er sich um eine geheimnisvolle Krankheit, den "Emanuelle Virus", zu besiegen, mit diesem Virus infizieren lässt,
obwohl die Aussicht, dass eines der experimentellen Gegenmittel bei ihm funktioniert, sehr gering ist. Tatsächlich liegt Sang-hyeon im
Sterben, als er eine Bluttransfusion bekommt, die ihm das Leben rettet. Seine Wunderheilung hat er dem Blut selbst zu verdanken, denn dieses
scheint von einem Vampir zu stammen, sodass er nun selbst langsam zu einem wird. In dem Priester kommen immer mehr körperliche Gelüste
hoch, die er kaum noch bewältigen kann. Als er dann noch alte Bekannte wiedertrifft, von denen eine die hübsche Tae-ju (Kim Ok-bin) ist, kann
er seine Triebe nicht mehr unter Kontrolle halten. Während er seinen Blutdurst über Blutkonserven stillt, nähert er sich körperlich der
verheirateten Tae-ju, die mit ihrem Ehemann und Leben nicht zufrieden ist. Sang-hyeons Liebe zu Tae-ju wird immer stärker, sodass er ihr
schließlich von seiner "Krankheit" erzählt. Nach ihrem ersten Schock, freundet sich Tae-ju mit dem Gedanken an, einen Vampir zu lieben,
und eröffnet dem Priester, dass sie von ihrem Ehemann misshandelt wird. Sie hofft, dass Sang-hyeon ihren Ehemann aus dem Weg räumen kann,
damit die beiden fortan glücklich miteinander leben können...
Kritik: "Thirst" ist also Park Chan-wooks seit Jahren angedachter Vampirfilm, den er nun endlich zur Vollendung gebracht hat.
Nach seinem durchaus schizophren zu nennenden und vor allem ernüchternd enttäuschenden "I'm a Cyborg but that's ok" hielt ich mich
bezüglich der Erwartungen allerdings etwas zurück. Was kein Fehler war, wie sich herausstellen sollte, denn Parks neuester Film lässt ebenfalls
kaum etwas von seiner wahren Expertise erkennen. Dass ein Vampirfilm bei diesem Regisseur etwas anders aussehen würde als das, was man gewohnt
ist, war zu erwarten und wird sogar begrüßt. Doch Parks erotisch aufgeladene, religiös angereicherte Liebesgeschichte im Vampirgewand ist
narrativ und thematisch zu schwach umgesetzt, um wirklich begeistern zu können. Auch die Stimmung wechselt zu schnell von düster oder
dramatisch zu bissig humorvoll oder bitterster schwarzer Ironie. Das Groteske verbindet dabei die einzelnen Teile und lässt einen manchmal
etwas verunsichert bzw. verwirrt zurück. Park Chan-wook schafft es jedenfalls weder inhaltlich noch stylistisch, an seine früheren Erfolge
anzuknüpfen.
Ein Priester, der zum Vampir wird. In den Händen eines so fähigen Regisseurs wie Park Chan-wook muss man sich da unweigerlich einen fantastischen
Film voll kunstvoll komponierter Bilder vorstellen. Doch was wir bekommen ist schlichtweg ein Liebesdrama, das sich um einen nun von plötzlichen
Gelüsten getriebenen einst frommen Priester dreht. Erotik und Vampirismus verbindet schon lange ein enges Band. Der Vampirkuss, der eine
ungemeine Ekstase einleitet, der Austausch von Flüssigkeiten, eben dem roten Lebenssaft, all das steht bei Park eben auch unter der Überschrift
der Sünde. So darf es auch nicht verwundern, dass der Film einige heiße Erotikszenen beinhaltet. Nicht nur, dass wir Kim Ok-bin
oben ohne zu sehen bekommen, sondern in einer Szene sieht man irriterenderweise auch Song Kang-ho unten herum nackt. Das sollte einen ungefähren
Eindruck davon geben, in welche Richtung Park seine Vampirerzählung ausbaut. Natürlich stellt er dabei auch die Religion stark in den Vordergrund
und so gibt es auch einige der Todsünden, die verschlüsselt behandelt werden, wie z.B. die Wollust oder auch den Neid, der den Priester eben
zu Taten bringt, die er zu seinen Zeiten als Mensch niemals vollbracht hätte.
Nichtsdestotrotz kann sich der Priester Sang-hyeon noch etwas von seiner Seele bewahren, auch wenn er von Blutdurst und der Fleischeslust getrieben
wird. Er saugt nicht einfach Menschen aus, sondern versucht, auf andere Weise an Blut zu kommen. Natürlich wird sein Durst irgendwann zu groß,
sodass er gewisse Grenzen überschreitet, die er als Mensch nicht mal im Traum übertreten hätte, aber er bewahrt sich immer noch irgendetwas
Menschliches, das es einfach für uns macht, mit ihm mitzuleiden. Song Kang-ho ("The Host", "The Good, the Bad, the Weird", "JSA") schafft es
wieder einmal mit Bravour, diesen von Gott gestraften Menschen mit all seinen Gewissensbissen gekonnt auf die Leinwand zu bringen, obwohl dem
Drehbuch offensichtlich die Feinheiten bzgl. seines Charakters abhanden gekommen sind.
Kim Ok-bin ("Dasepo Naughty Girls") spielt die femme fatale, die immer etwas Undurchschaubares, aber auch Bemitleidenswertes an sich hat. Sie
schafft es vor allem gegen Ende, immer mehr aus ihrer Rolle herauszuholen und dabei beinahe Song in Bezug auf Leinwandpräsenz in den Schatten
zu stellen.
"Thirst" bietet nicht nur viel Sex, sondern auch Gewalt. Blut wird dabei literweise getrunken, sodass einem schon schlecht werden will. Von
kleineren Szenen im letzten Drittel abgesehen, gibt es aber keine wirklichen Schockmomente. Vielmehr erweist sich der Film als ein ruhiges
(Familien)Drama, wobei es schön ist, Shin Ha-kyeong ("Save the Green Planet") hier in einer Nebenrolle zu sehen zu bekommen, da gerade
er den oftmals etwas zu skurrilen Humor des Regisseurs am besten tragen kann. Einige der von rabenschwarzen Humor durchtränkten Szenen sind
dann aber doch etwas zu seltsam, um tatsächlich Lacher hervorrufen zu können. Der Zuschauer wird vielmehr mit einem befremdlichen Gefühl
zurückgelassen, was vor allem bei einigen lapidar eingefügten Traumsequenzen, bzw. Tagträumen der Fall ist. Vieles passt auch einfach nicht
ineinander. Wo ansonsten der sehr spezielle Humor des Regisseurs seinen Film bereichern konnte, zeigt er hier seine Kehrseite und sorgt eher
für ein abstoßendes Gefühl. Am Schlimmsten ist aber, dass der Film gar nicht so viel zu erzählen hat. So fühlen sich die fast 135 Minuten
unnötig lang an, vor allem da sich Park oftmals mit seiner Geschichte im Kreis dreht.
Das Drehbuch stellt auch die wahrscheinlich größte Schwäche dar. Die Geschichte soll sich, nach Park Chan-wook, an Émile Zolas "Thérèse Raquin"
orientieren, auch wenn es dort keine Vampire gab, doch schafft es der Regisseur weder seinen Transfer der Geschichte ins Vampirgenre, noch
das kleinbürgerliche Familiendrama ausgelöst durch eine untreue Frau zufriedenstellend auszuarbeiten. Traurigerweise sind nicht mal
seine Bilder besonders ausdrucksstark. Aber was bleibt dann noch von diesem einst großartigen Regisseur, wenn er seinen früheren Ideenreichtum weder
zu Papier noch auf Leinwand bringen kann? Haben seine vorigen Meisterwerke Park kreativ ausgesaugt und blutleer zurückgelassen?
Immerhin bleibt festzuhalten, dass "Thirst" mehr Koherenz bietet als "I'm a Cyborg but that's ok", auch wenn ein richtiger roter Faden wohl
anders aussehen mag. Zudem hätte das Ende wirklich bewegen können, wenn man zu den Charakteren, wie man später feststellt, kein so kühles emotionales
Band gehabt hätte. Park Chan-wook hat hier zu viele Gelegenheiten verpasst und nur wegen seiner Skurrilität scheint "Thirst" oft interessanter
als er es wahrscheinlich verdient hat, genannt zu werden. Dass dieser Film aber von dem gleichen Mann ist, der uns solche Meisterwerke wie "JSA" und
"Oldboy" präsentiert hat, erscheint jedoch irgendwie unglaublich...